In der Schei... ! (NVA)

 

 

 

Gerade 19 jährig und Vater geworden, ging es in die verhasste und gefürchtete Armee . " Motschütze " (Motorisierte Schützen) war der Standard für solche wie uns, die nichts besonderes konnten . Anfang Mai 1970 früh zeitig mussten wir im Kino der Kreisstadt eintreffen . Ein Kumpel der mir von der Rennbahn bekannt war hatte schon ein Jahr vor mir angefangen zu " Dienen " und einiges war mir dadurch bekannt, glaubte ich zumindest . Mit dem Zug ging es nach Mühl-hausen ins Thüringische, unterwegs auf größeren Bahnhöfen wurde der Sonderzug immer voller . Alkohol war genug dabei und es war wie ein Ausflug von Jugendlichen, wenn man es unvoreingenommen betrachtete .

 

In den Tunnels hörte man die leeren Flaschen an die Wand krachen, dabei blieben die mit-reisenden Offiziere ruhig . Wir dachten nun, mit unserer Truppe werden die nicht fertig . Nach fast 12 Std. kamen wir an und wurden in das neue Klubhaus der Kaserne geführt . Im Kinosaal teilte man uns auf, jeder bekam ein Verpflegungspaket und wir marschierten dann in die Kompaniegebäude . Nun begann ein bis spät in die Nacht dauernder Einkleidungsmarathon, sämtliche Ausrüstung wurde in Empfang genommen . In der DDR war alles für einen Krieg vorbereitet und somit die Ausrüstung umfangreich . Stiefel (Knobelbecher) bekam ich gebrauchte, wodurch ich bis heute mit Fußpilz zu tun habe, vieles passte nicht und wurde erst in den nächsten Tagen umgetauscht .

 

Gegen Früh waren wir am Tisch eingeschlafen (ins Bett durften wir nicht) und auf einmal schrie einer laut " Achtung ! ". Was der wollte wussten wir nicht, begriffen es aber gleich danach . Mit Geschrei und gepolter ging es Frühstücken und darauf begann der normale Dienst, obwohl wir schon über 24Std. auf den Beinen waren .

 

Mein 1. Stiefvater hat aus Spaß immer den Ton und die Parolen der Wehrmacht imitiert und ich erinnerte mich sofort daran . Tatsächlich sage ich heute noch, ich war bei der " Wehrmacht " dienen .

 

Ein unbeschreiblicher Drill begann nun, ich hatte das Gefühl einer absoluten Ohnmacht, wie noch nie zuvor, obwohl ich schon sooft in der Scheiße saß . Gefängnis scheint mir etwas ähnliches zu sein, im Westen allerdings ist Gefängnis sicher leichter zu verkraften . Wir waren ab nun rechtlos und ausgeliefert, wurden dazu noch von den schon länger Dienenden verspottet und verhöhnt .

 

Mein Kumpel war 2 Etagen über mir, nur am Anfang konnte ich keinen Kontakt zu ihm aufnehmen . Erst später als er vom Arbeits-lager zurück war, konnte er mir sagen auf was zu achten ist . Altgediente wurden möglichst aus den Kasernen gebracht, um beim Drill der Neuen nicht zu stören .

 

In der 3. Nacht verschwand der Erste und wurde am nächsten Tag, nach der Suche über die Polizei, von zu Hause zurückgebracht . Er war ein schon fast 25 jähriger Mann, normal waren wir 18-19jährig, er war in einem Kinderheim groß geworden und hatte dann geheiratet, dass erstemal im Leben ein gutes Zuhause mit Frau und Kind . Verständlich das er durchdrehte, übrigens der Einzige von der Kompanie der vorzeitig entlassen wurde, wegen seiner ständigen Magengeschwüre, um die er dann beneidet wurde .

 

Wir gewöhnten uns gezwungener Maßen an die Situation und lernten Ex-Schritt (gibt es bei der schlaffen Bundeswehr nicht) für die Vereidigung, welche nach 6 Wochen anstand .

 

Zur Vereidigung machte ich bewusst den Mund nicht auf, ich meinte wohl das es für mein Gewissen besser ist, zu schweigen . Bewusst und freiwillig, wollte ich der DDR keine Treue schwören .

 

Es herrschte gerade der Vietnamkrieg und wir diskutierten mit dem Politoffizier ernstlich, warum wir nicht als Freiwillige gegen die Amerikaner kämpfen sollten . Ich überlegte für mich, ob es möglich ist in die Gefangenschaft zu gehen und dadurch nach Amerika zu kommen . Uns wurde bedeutet, dass die Vietnamesen nur unsere materielle und moralische Unterstützung bräuchten . 

 

 

 

Ein Soldat musste dem Ereignis der Vereidigung fern bleiben, da er    " Passgänger " war und die ganze Formation durcheinander brachte . Auf dem Marktplatz in Mühlhausen durften wir bewundert werden und unterstanden ab nun voll dem Militärgesetz, ab jetzt war man beim unerlaubten Entfernen fahnenflüchtig .

 

Anschließend (nach 6 Wochen) gab es den ersten Ausgang, allerdings mit Unteroffizier der den Bierkonsum zu überwachen hatte . Es begann danach der normale Kasernenalltag, wir waren " Springer " und jeder konnte uns fertig machen (wurden nach einem halben Jahr Dachse, die es nur im Winterhalbjahr gab, und im letzten Halbjahr EKs, was Entlassungskandidaten heißt) .

 

Wir bekamen nach guter Führung im Normalfall alle paar Wochen Ausgang, von ca. 16°°- 24°°. Jedoch nur 10% der Kompanie, demnach höchstens 10 Mann auf einmal . Vorher wurden wir vom Spieß (unserer war Hauptfeldwebel) genau gemustert . Bei der geringsten Kleinigkeit wie Haarschnitt, Kragen, oder etwas anderes, nicht in Ordnung, blieb man in der Kaserne und auch kein anderer konnte diesen Platz einnehmen . Ich war Ordnung von Hause aus gewöhnt und bekam nun auch mal Ausgang, in einer Kneipe im Nachbardorf ließ ich mich vollaufen und war im " Egal ", wie ein Kamerad es später treffend formulierte . Es war weit nach 2°° und ich ging noch mal durch die Stadt, als ich auf meine gesamte Kompanie  traf . Es war fast 3°° und man hatte alle aus dem Bett gejagt um mich zu suchen, die waren  zum Teil sauer, andere hatten aber auch in einem Garten Gemüse " geholt " .

 

Das " Sauer sein " war bezweckt und als Kollektivbestrafung gedacht, um über die Truppe andere zu " Disziplinieren ".

 

Ich brauchte nun keinen Ausgang mehr zu beantragen, bei Versuchen hierzu schrie der Spieß nur, " Ma... wegtreten ! " Tatsächlich, war ich in den 18 Monaten nur 3 mal offiziell in Ausgang gewesen, zumindest in unserem Standort .

 

Als ich nicht rechtzeitig zurückkam öffnete man meinen Spind und fand eine Adresse von einem Mädchen aus der Stadt, die diese mir am Zaun der Kaserne zugesteckt hatte . Da ich dort nicht zu finden war, suchte man so lange, bis ich gefunden war . Am nächsten Morgen gab es vor einigen Offizieren einen Anschiss und ich wurde restlos zusammengefaltet, wobei die gefundene Adresse noch als zusätzliches Druckmittel benutz wurde . Man ließ offen, ob die Ehefrau benachrichtigt wird, was mich gleich danach einen Brief nach Hause verfassen ließ . Ich löste alles selbst auf, um nicht unnötige Sorgen bei meiner Frau entstehen zu lassen, es blieben Zweifel aber es konnte doch bereinigt werden .

 

 

 

Als nach 3 Monaten der erste Kompanieurlaub anstand, war ich heilfroh mit nach Hause zu dürfen . Wie viele Tage wir insgesamt bekamen weiß ich nicht mehr, es waren aber nicht viele und nur alle 3-4 Monate kam man nach Hause, wobei der verlängerte Kurzurlaub von Freitag nach Dienstschluss bis Sonntag 24°° dauerte . Wir hatten aber mitunter 12-14 Std. mit der Bahn zu fahren, und zurück das gleiche .

 

Eine sinnlose Zeitvergeudung, doch wir mussten es hinnehmen . Mein Sohn hat hier in der Bundeswehr gedient und war fast jeden Tag abends zu Hause . 

 

 

 

Nun befand sich die DDR immer im Kriegszustand und wir sollten ein Einsehen für diese Notwendigkeit haben . Dabei sagte man uns noch, dass die Bundeswehr am Wochenende geschlossen zu Hause ist, das galt als Beweis dafür, dass die Volksarmee nicht gefährlich für die Bundeswehr sein konnte . Jedoch wir, jederzeit mit einem Angriff der gefährlichen Bundeswehr rechnen sollten und mussten . Paradox, aber nicht erlaubt zu kritisieren .

 

Der Dienst begann 6°° mit Wecken und Frühsport, am Anfang gab es für uns Springer noch 1-2 Std. vorher Alarm und nach wenigen Minuten standen wir auf dem Hof, voll ausgerüstet und aufmunitioniert, wir durften danach bis zum Frühsport auf den Zimmern warten . Bei dem die Kompanien täglich im Kasernengelände umhergetrieben wurden . Mit der Zeit kannten wir uns aus, was hieß, in der Poststadion abzutauchen und " eine   Rauchen " . Auf den Toiletten ließen sich die Türen nicht abschließen und diese wurden überprüft, damit keiner sich versteckte . Nun mussten ständig die Verstecke erneuert werden, da immer mal einer dahinter kam und es somit unsicher wurde . Im Keller waren große Reifen gestapelt, in die konnte man sich innen hineinstellen, auch ließen wir uns von anderen im eigenen Spind (Schrank) einschließen und schliefen darin bis zum Ende des Frühsports weiter . Ein Super- versteck hatten wir uns später gebaut, indem wir die ganze Schrankreihe etwas von der Wand abzogen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit schliefen wir dahinter auf einigen Kopfkeilen . War man sichtbar, gab es immer einen Arbeitsdienst, für den man sich einfach Soldaten griff und einsetzte . Wir setzten unsere ganzen Fähigkeiten ein um dem zu entgehen, es war uns " zu fettich " (fettig), was eine ständig gebrauchte Redensart war . Gab uns außerdem einen gewissen Lebenssinn und nötige Erfolgserlebnisse . Kartoffeln schälen und den Gefechtspark kehren, hatten wir schon kennen und hassen gelernt, also wussten wir nun nach einem halben Jahr wie der Hase läuft und wie man abtaucht . Dort gab es sonst keine freie Minute, oben unter dem Dach waren die Granatwerfer, wo ich einen Unteroffizier kannte, der aus meiner früheren Schulklasse war . Zum Glück hatte ich bei ihm schon vorher einige Male Untertauchen können . Ebenso bei meinem Kumpel von der Rennbahn, dadurch war ich etwas besser dran wie meine Kameraden und mit mehr Erfahrung . Dieser Unteroffizier ist bis jetzt der einzige Verstorbene in unserer Klasse, er ist vor Jahren Nachts ohne Vorwarnung in seinem Sessel verstorben, so wurde mir erzählt .

 

 

 

Ein höherer Offizier zog in eine andere Wohnung und dabei brauchte er einige Soldaten . Ich hatte das Glück dabei zu sein (besser wie Dienst), ich staunte nicht schlecht, was es für herrliche Wohnungen gab . Ein riesiges Wohnzimmer, über eine große massive Falttüre verbunden mit einem eben solchen . Wenn ich da an die Wohnung meiner Eltern dachte, dass waren schon Welten . Er war ganz stolz uns seine Drilling-Jagdwaffe zu zeigen, wir durften dieses Gerät mit Zielfernrohr mal in die Hände nehmen und durchschauen .

 

Unser Spieß ließ sich auch von einem Maurer die Küche umbauen und fließen, dafür Soldaten zu nehmen war eigentlich verboten .

 

 

 

Das Regiment musste laut der Vorschrift nach Alarmauslösung in 20min. geräumt sein, wir machten in der Zeit einige solcher Alarme mit und schafften die Vorgabe immer . Es war eine errechnete Vorwarnzeit, nach der die ersten Bomben der Nato nun im Regiment einschlagen sollten . Wir waren immer in voller Gefechtsbereitschaft und hatten Munition, sowie alles für den Krieg notwendige, dabei und standen nach dem Alarm im Bereitstellungsraum kampfbereit zur Verfügung .

 

 

 

Im Herbst fuhren wir zum Schießen und es war eine Gelegenheit um wieder mal in eine Kneipe zu kommen, ein feuchter Abend mit unserem Offizier begann . Ich war wie oft Maßlos und als ich in der Gegend rumlief, sollten mich einige Suchen . Da bekam ich das erste mal im Leben eins auf die Fresse, ein Kamerad der bis dahin zu den guten Kumpels gehörte,  " drehte ab " und in seiner Wut schlug er mich zusammen . Ich war " Voll " und wehrlos, hatte am nächsten Tag ein total verschwollenes Gesicht . Mir war es unverständlich, von einem Kameraden ohne Vorwarnung und Grund geschlagen zu werden . Ich kannte alles mögliche, nur so was schien mir unbegreiflich, bei Hunden nennt man solche " Angstbeißer " . Aber ich suche immer den Grund zuerst bei mir und war auch schuldig, indem ich die Kameraden, besoffen wie ich war, eventuell in Schwierigkeiten gebracht hätte . Denn wir hätten gar nicht in die Kneipe gedurft . Am nächsten Tag ging es wie geplant in die Kaserne zurück, ich musste in den Med.-Punkt zur Behandlung, wobei die Ursache für die Verletzungen angegeben werden sollten . Um nicht als Nestbeschmutzer da zu stehen, gab ich an, in einem Dorf hätte man mich unverhofft ohne Grund zusammengeschlagen .

 

Es wurde so hingenommen und im Ergebnis verlief alles im Sande . Einen Tag danach wurde ich entlassen und konnte wieder den Frieden schützen .

 

Rache suchte ich nicht, obwohl ich mit diesem Kamerad kein unnötiges Wort mehr wechselte und ihn kaum beachtete . Mit der Zeit merkte ich jedoch, dass er nicht normal reagieren    konnte, aus Erzählungen hörte ich heraus, dass er Sohn  eines Anwalts war und ihm sein Vater schon als Kind gezwungen hat sich anderen Kindern zu stellen, wenn er aus Angst vor diesen beim Vater Schutz suchte und sich so schlagen musste .

 

Auch mit Mädchen ging er brutal um, ich zog einmal die Maschinenpistole durch als er vor meinen Augen ein Mädchen mit einem anderen Kamerad vergewaltigen wollte (dazu später). Gegenüber den Vorgesetzten war er kriecherisch und als Gruppenführer seiner Gruppe nahm er sich wichtig, er gehörte zu unserem Zug jedoch nicht zu meiner Gruppe .

 

 

 

Bei einer Übung in Thüringen lagen wir in einem Dorf, ein Mann hat uns eingeladen, uns in seinem Waschhaus zu waschen . Er gab uns anschließend noch Hausschlachtene Wurst und Brot, er hätte auch Bier gegeben, nur unser Zugführer passte auf . Sein Sohn war auch gerade in der Armee und er hoffte wohl das es ihm auch gut ergeht, sehr unwahrscheinlich .

 

 

 

Wir waren dann im Winter auf Wache in Eilenburg, da befand sich eine Unteroffiziersschule, wobei Uffz.-schüler keine Munitionswache stehen durften . Aus der ganzen DDR kamen deshalb monatlich neue Soldaten, um diese Wache zu übernehmen . Wir reisten mit einem Zug und unseren SPW,s an, etwa 30 Mann, 3 Unteroffiziere, sowie ein Zugführer, unser Unterleutnant . Mitgeführt hatten wir unsere ganze Ausrüstung, so dass wir hätten direkt von dort in den Krieg ziehen können . Ein Offizier in dieser Kaserne hat mich angehalten, weil ich als Richtschütze keine Mpi. aber 2Pistolen am Koppel trug . Unser Zugführer hatte mir seine anvertraut und die Erklärung reichte ihm dann . Eigentlich war Richtschütze ein guter Posten, da ich selbst keine Mpi hatte, nur eine Pistole und auf dem SPW die 2 MGs, welche fest darauf installiert waren . Das wäre jedoch für einen Soldaten zu leicht gewesen, so das ich bei jeder Ausbildung und auf Märschen eine Mpi. von Unteroffizieren mitschleppen musste . Die ich danach logischerweise zu putzen hatte, was äußerst streng überwacht wurde . Die SPW,s sind noch heute im Fernsehen zu sehen, bei Arabern, auf dem Balkan, usw., es ist ein russischer Exportschlager gewesen und in der Welt weit verbreitet . Sie sind schwimmfähig mit 8 Rädern , 2 gekoppelten Motoren und mit einem 7,62er sowie einem 14,5er MG bestückt .

 

Die MG,s durfte ich nur 2mal schießen, da ein großer Schießplatz (fast in Polen) nötig war, wegen der vielen Kilometer Reichweite des 14,5ers, es machte Spaß mit dem Dampfhammer   zu ballern . Die Munition wurde nach dem Alter derselben ausgegeben und wir bekamen fürs Schießen Panzerbrandgeschosse mit, was gerade bei uns ungünstig war, wegen der Trockenheit auf dem Schießplatz . Nach jeder Salve rückte unsere Feuerwehr aus, sie bestand aus Soldaten mit Schaufeln und Spaten bewaffnet sowie einem LKW, um den Wald am Horizont zu löschen .

 

In unserer Umgangssprache hieß es dann " Schwimmfest ", was besonders bei Manövern zutraf . Keiner wusste Bescheid, jedoch am Ende war es regelmäßig ein großer Erfolg und sehr abschreckend für den Klassenfeind .

 

Wir Richtschützen durften nur einmal mit unserer Pistole schießen . Pistolen wurden ungern ausgegeben, da sie klein waren und leicht       " verloren " werden konnten . Die DDR wollte vermeiden, dass Waffen unter die Bevölkerung kamen . Wir schossen auf Oberkörperscheiben des Schießstandes, die waren 25 Meter entfernt und ich lehrte das Magazin, ohne die Pistole einmal abzusetzen . Da schrie mich ein Offizier von hinten an, ich solle bei jedem Schuss zielen usw., ich drehte mich zu ihm um . Dabei hatte ich die Pistole in der Hand und den Arm noch gestreckt, zielte somit auf ihn . Ich dachte der springt aus seinen Stiefeln, so wie der tobte . Nach Abschluss des Schießens stellte sich heraus, dass ich mit meinen drei Treffern noch einer der Besten war . Der Offizier ließ sich, vermutlich deshalb, danach nicht mehr in meiner Nähe sehen .

 

Unser Zugführer war schon jahrelang Unterleutnant und bis zu unserer Entlassung war er es immer noch, er war unfähig und ohne Rückrad .

 

Einmal rief der vor uns fahrende Kompaniechef einen Befehl und       " Eddi " dienerte zurück, darauf fragte er mich, " Ma..., was hat der gesagt ? " anstatt nachzufragen wollte er in Unauffälligkeit verweilen . Typisch für ihn, ich saß als Richtschütze bei Märschen usw. immer mit oben und gab Fahnenzeichen weiter, daher konnte ich alles " life " erleben . Die anderen 9 Mann mussten unten im geschlossenen SPW mitfahren, bei Manövern mussten sie als Mot.- schützen laufen und ich saß in bequemer Haltung am MG . Das kam aber selten vor und alle waren schadenfroh, wenn ich dann zur Ausbildung (was Alltag war) wieder mal mit der Mpi oder gar der Panzerfaust mitlaufen musste .

 

Bei Manövern ging ein mitunter tagelanger Bahntransport voraus, die Fahrzeuge standen mit den Reifen über die Kanten der Bahnwagen heraus, wir mussten manchmal über 100m auf diesen schmalen Wagen bis zum Standplatz fahren . Während des Transports fuhren wir in Güterwagen, mit Pritschen und einem Ofen ausgestattet, welcher zwischen den Türen in der Mitte des Wagens stand . Unser Feldwebel hatte lange Weile und meinte, wenn ich es schaffe das Ofenrohr bis zur Mitte zum Glühen zu bringen, gibt es eine Zigarette . Er wusste nichts von meiner Dampfmaschinenerfahrung, ich bekam meine Zigarette und er warf anschließend Kerzenwachs auf den glühenden Ofen . Darauf wurden die Pritschen von den schlummernden Soldaten schnell geräumt und der Feldwebel hatte große Freude daran . Während der Ausbildung ließ er mich einmal auf einer Wiese Mäuse fangen, warum weis ich nicht mehr .

 

Dieser verstand wenigstens Spaß, andere waren reine Lumpen, besonders ein Politoffizier der für die Stasi arbeitete und es gern unter die Leute brachte . Mir scheint, dass seine Kollegen ihn nicht für voll nahmen, er war jedoch ein unangenehmer Zeitgenosse für uns . Da er wirklich jeden Staatsfeind in den Knast gebracht hätte, den er entlarven konnte . Ich habe immer gelästert und mir dadurch oft zuviel Aufmerksamkeit zugezogen, vor allem im Suff war eine große Gefahr, zuviel zu sagen . Was auch im Zivilleben der DDR zutraf, zu locker saß oft die Zunge und ich hätte im Gefängnis enden können . 

 

Nun das 1. mal um Weihnachten 1970 in Eilenburg zur Wache und bei starkem Frost standen wir mit extra Übermänteln, die MPi darunter, Wache (Vorschrift damit sie nicht zufror) .

 

Mir war es möglich auf Wache im stehen (angelehnt) zu schlafen, dabei weckte mich jedes auffällige Geräusch . Das funktionierte auch später noch, bei Nachtschichten im Schacht .

 

Es war ein trauriges Weihnachten, als Trost durften wir jedoch Silvester auf Urlaub . Das Munilager war so groß wie ein Schrebergarten, eben nur für diese Unteroffz.-schule gedacht . In dem kleinen Wachlokal saßen wir zur Bereitschaft oder konnten schlafen, 2 Std. Wache, 2 Std. Bereitschaft und 2 Std. Schlaf, dass  war für 24 Std. der Rhythmus . Ein kleiner Kohleofen wurde mit den Kohlen, welche wir selbst zur Wache auf dem LKW mitbrachten, gefeuert und es war auszuhalten . Zumal wir jeden Tag nach der 24Std.-Wache in Ausgang gehen konnten . Das war die Gelegenheit für mich, auch in Ausgang zu kommen, wobei im Winter auch alles ruhig und ohne Vorkommnisse abging . Wir schliefen dort unter dem Dach in der Unteroffiziersschule und wechselten uns in 2 Gruppen 24-stündig ab . Das erst mal im Leben sah ich Wanzen, die das Bett hoch krabbelten, wir beschlossen nichts zu sagen weil die Abreise schon bevorstand und wir hätten womöglich jede Menge Arbeit bekommen (ausspritzen und saubermachen) . Außerdem tranken wir genug, um es nicht zu merken und nach Weihnachten ging es auf Urlaub .

 

 

 

Auf der Rückreise nach Silvester war schon einiges auffällig, da uns im Zug Offiziere begleiteten .

 

Eine Kompanie vom B-Lager war Weihnachten zu Hause gewesen und hatte auf der Rückfahrt, aus Frust und Gewohnheit, zuviel gesoffen . Da immer aus den entfernt liegendsten Gegenden die Leute zusammen gezogen wurden, ergab es sich, dass auf den ersten größeren Bahnhöfen alle zusammentrafen und nun gemeinsam an den Standort reisten . Silvester wären sie gern noch zu Hause geblieben und so ließen sie im Suff den Zug nicht abfahren . Sobald der Zugführer die Kelle heben wollte, zogen sie ihm die Mütze über die Ohren . Als dann auf der Fahrt auch noch randaliert wurde und Mitreisende zu leiden hatten, wurde in Leipzig die KD verständigt . Der Kommandantendienst war berüchtigt, wartete nun auf dem Bahnsteig und es kam noch zu Schlägereien mit den Soldaten . Einige konnten in einem Anschlusszug flüchten, die meisten wurden verhaftet und dann an den Standort gebracht . Das wirbelte natürlich Staub auf, bei so vielen Soldaten konnte man schlecht alle einsperren, was Glück für diese bedeutete . Bei jedem Kompanie-Urlaub, musste ab nun bis zum letzten großen Bahnhof ein höherer Offizier die jeweilige Kompanie begleiten .

 

Jetzt hat man gemeint diese Kompanie auseinanderreißen zu müssen, dass war für einige von uns der Dienstbeginn im B-Lager und einige von denen kamen zu uns . Genaugenommen änderte sich nichts, wir waren die selbe Sorte und untereinander wurde jeder akzeptiert .

 

Im B-Lager (Baracken) war noch Ofenfeuerung der Standart und einer von unseren Neuen hatte dort gern den Ofen zum " Ziehen " gebracht, indem er eine Handvoll Patronen ins Feuer warf .

 

Wir hatten im Zimmer unter dem Parkett auch Reservepatronen versteckt . Das war sinnvoll, denn wenn bei der Wache eine der abgezählten Patronen verloren ging, gab es riesigen Aufwand, mit Meldung und Papiergram . So konnte man auf eine Reserve zurückgreifen und allen Ärger umgehen, bei Manövern oder Schießübungen war es kein Problem diese Reserven anzulegen .

 

Das Versteck gab es bereits vor unserem Dienstbeginn, war scheinbar bekannt und eines Tages wurde es aufgemacht und wir mussten uns anhören wie viel Personen (hintereinandergestellt) damit erschossen werden könnten . Außerdem kann durch Grenzverletzer noch ein Weltkrieg ausgelöst werden . Das hatten wir nun nicht bedacht, gaben uns einsichtig und die Sache verlief im Sande .

 

Die Briefe nach Hause gingen mit der Post etwa 3 Tage und wurden immer gleich beantwortet, meistens schrieb ich täglich, schickte aber erst nach Erhalt eines Neuen von meiner Frau alles ab .

 

Die Kaserne stammte noch aus dem 3.Reich und soll da eine hochmoderne Panzerkaserne gewesen sein, das Muni.-Lager war früher ein Bunkersystem . Dieses wollten die Russen nach dem Krieg in die Luft " Jagen ", es gelang nur teilweise und war zu DDR-Zeiten von der Volksarmee als Muni.-Lager wiederverwendet worden . 1998 habe ich mir, bei einem Motorradausflug, alles noch mal angesehen, es ist verlassen und man hatte Bauschutt dort gelagert . Die Kaserne nutzt die Bundeswehr weiter, die soll wohl auch kein Geld für Munition haben .

 

Wir standen auf dem Fuchsbau oft Wache (so hieß das Muni.-Lager) und vom Wachturm sah ich die Berge am Horizont, wobei ich mir Gedanken machte, welcher nun schon im Westen war . An die Grenze hätte ich mich für X-Jahre verpflichtet, da ließ man mich jedoch nicht hin, was ich auch nicht erwartete . In Mühlhausen waren auch Grenzer stationiert, ich wäre bei der erst besten Gelegenheit dort weg und im Westen gewesen . So musste ich nun voll Sehnsucht Richtung Westen schauen, ohne zu Ahnen, dass ich 12 Jahre später doch noch auf die andere Seite kommen sollte .

 

Vom Wachturm aus, sah man unten die Hamster und Kaninchen herumlaufen, einige haben mal einen Hamster gefangen und diesen unter einem Stahlhelm, mit einem Panzerschlag (Knallkörper) in die Luft gesprengt . Der Helm soll über 10m hoch geflogen sein, vom Hamster war nichts mehr zu finden . Mir sagt so was auch nicht zu, wurde aber gemacht . Als 2 Jugendliche auf dem Feldweg vor meinem Wachturm vorbei wollten, zog ich die Maschinenpistole durch und bekam verlängerten Kurzurlaub . Das waren schließlich zwei mögliche Saboteure gewesen und der Spieß musste mich, gegen seinen Willen, auf Urlaub lassen . Den Jungens ist nichts passiert, die Polizei musste sie abholen und ein Protokoll anfertigen .

 

 

 

Unser Regimentskommandeur ist eines Tages abgelöst worden, man erzählte das er mit Autos zu seinem Vorteil gehandelt hat . Einige in der DDR bekamen Autos nach viel kürzerer Wartezeit, als der große Rest und konnten dann die Gebrauchten mit Gewinn verkaufen .

 

 

 

" Links roter Feuerball !"  war ein Zeichen das gerade vom Ausbilder eine Atombombenexplosion gesehen wurde, wir schauten nach links und fragten nach, wo denn ?

 

Darauf sind sie gern angesprungen und tobten, von wegen " Ihr seit alle schon Tot " . Normalerweise sollten wir uns sofort in den Dreck (Pfützen) werfen und es musste der " Jumbo " angelegt werden, es war die Chemie und Atomschutzkleidung, ohne die in der Volksarmee gar nichts lief . Man war in einer Gummihaut mit Gasmaske und der außen am Körper zum Filter führende Schlauch sah aus wie ein Rüssel, deshalb Jumbo wie Elefant . Darin war man von der Außenwelt abgeschnitten .

 

Bei Sonne und Bewegung wurde es sehr heiß darunter und wenn wir als Strafmaßnahme das Teil tragen mussten, machten wir Blasmusikgeräusche darin . Nun wurde die Strafe verschärft und Laufschritt befohlen, kurze Zeit danach fielen die Schwächsten um . Darauf wurde Entwarnung gegeben und wir Provokanten lachten über die Strafaktion . Ein oft praktiziertes Ritual, trotzdem war es kein Sahneschlecken und einmal sah ich einige Soldaten aus einer Pfütze trinken (nach der Entwarnung), in der vorher Schafe durchgelaufen waren . Mir war auch nicht gut, nur ich habe das noch die restlichen 2-3 km durchgehalten, übrigens vom Forstberg zurück eine Gegend die ohne Bach war . Unsere Feldflaschen waren klein und für erwachsene Männer in einem Zug zu leeren, reichten somit nie lange .

 

Wir sind viele Male da hoch marschiert und ein weites Tal, das kein Ende nehmen wollte, lag dazwischen .

 

 

 

Als Vorhut sollten wir einen Hinterhalt legen, ich freute mich mal eine Serie Platzpatronen " durchzujagen ". Der Zugführer wollte den Befehl zum Schießen geben, wenn der Hinterhalt von den An-rückenden erreicht war, die sollten dann restlos vernichtet werden . Ich spielte an der Mpi, ein Schuss löste sich und der Hinterhalt war dahin . Tagesziel verfehlt und ein Anschiss für mich .

 

Nachtausbildung gab es auch, wir kürzten auf dem Rückweg vom Forstberg den Weg ab und überquerten den hohen Zaun von der Truthahnfarm . Aber, die Vielen auf einmal hat der nicht verkraftet, der Zugführer war dabei und konnte es nicht verhindern, da er zuletzt kam .

 

Kein Wort wurde über die Sache verloren, am nächsten Morgen hätte ich gern gesehen wer die Truthähne einfing, es waren etwa 15-20 m Zaun umgefallen . Für einen Zivilfahrer von uns besorgten wir auch schon mal Truthähne " zum mit nach Hause nehmen ", er gab dafür Alkohol .

 

 

 

In einem Gewächshaus der LPG ließen wir Unmengen von Gurken mitgehen, die in der Kaserne verspeist wurden . Ich bekam einige Zeit danach Nesselfieber und wurde mit in den Arm gespritzten Salzlösungen behandelt, ich war ganz schön fertig und sah tagelang aus wie ein Mongole . Ob es an den Gurken (gespritzt) lag, weis ich nicht, andere hatten nichts davongetragen .

 

 

 

Krank spielen war eine weithin praktizierte Angelegenheit der Soldaten, die Ärzte wussten das auch und es war schwer vom Dienst befreit zu werden . Ich hatte ab und zu noch Farunkel und war bei Übungen oft nicht dabei, andere haben mit " Silberlöffeln " versucht, am Abend vor einem Marsch, auf dem Arm herumzuschlagen, wobei eine Sehnenscheidentzündung entstehen sollte .

 

Die Arme wurden dick, doch am Morgen ohne Entzündung, was daran liegen könnte, dass der Löffel nicht aus  Silber war . Nur einer ließ sich mit einem Hocker auf den Fuß schlagen und war der einzig Befreite, bei diesem Versuch .

 

Im Med.- Punkt einmal angelangt, versuchte man durch reiben des Fieberthermometers lange drin zu bleiben . Mir ist eines Morgens die Schwester nicht mehr von der Seite gewichen, dem Arzt kam sicher was seltsam vor . Nun war mein Fieber geheilt und der Dienst begann endlich wieder .

 

Im Med.-Punkt herrschte Früh zur Untersuchung immer großer Andrang, es ging aber so schnell, mit dem Begutachten, dass kaum einer den Dienst verpasste . Zumindest war der Frühsport vorbei, dass alles fällt unter den Begriff  " Abtauchen ".

 

 

 

Eines Nachts hatte unsere Kompanie Objektwache, als ein Soldat vom Nachbargebäude " schwarz " aus dem Ausgang kam, er rannte schnell und ohne auf den Anruf zu hören in die   Tür . In dem Moment schlugen auch schon die Kugeln ein, einer von uns (ein Idiot) hatte tatsächlich hinter dem hergeschossen und am nächsten Tag waren die Einschüsse über der Tür zu sehen .

 

In den Fenstern darüber und daneben waren Doppelstockbetten zu sehen und es hätten im Schlaf Soldaten erschossen werden können .

 

Der Heimkehrer hatte sich in die Hose geschissen und blieb sonst unverletzt, der Schütze wurde belobigt und aus unserer Kompanie entfernt . Als Elektriker auf dem Schießplatz war er von uns normalen Soldaten nicht mehr direkt erreichbar, was von den Oberen auch be-dacht worden war . Es wäre für ihn in der Kaserne zu gefährlich geworden und als wenn es eine Gerechtigkeit gibt, hat er sich auf dem Schießplatz den Finger, mit dem er schoss, weggesprengt . Er soll versucht haben an den Sprengstoff eines Panzerbrandgeschosses zu kommen, wobei das explodierte, danach ist er (glaube ich) entlassen worden .

 

Unser Kompaniecheffahrer hat besoffen auf einer Übung einem fremden Offizier Prügel angeboten und kam mit Absetzung als Fahrer davon, er war ein schon 26jähriger und sonst ruhiger Mann . Nur unter Alkohol, wenn er angepöbelt wurde, wurde er wild, er hat den Spruch geprägt, " Jetzt bin ich im Egal  ! ".

 

 

 

Ein normaler Tag in der Kaserne begann 6°° mit Wecken, Frühsport, danach Frühstück und Dienstbeginn (normale Ausbildung mit Marsch zum Forstberg und nun verschiedene Übungen ), Mittag Essen in der Kaserne und danach wieder Ausbildung mit Waffenputzen . Etwa 16°° war Dienstschluss, nun mussten die 10 Ausgänger (von 100 Soldaten) beim Spieß antreten und wurden überprüft . Wer auffiel durfte wegtreten und die anderen hatten bis 24°° Ausgang . Die in der Kaserne befindlichen Soldaten hatten eigentlich Freizeit, jedoch im 1. Halbjahr wurden wahllos Männer, von allen möglichen Offizieren der Kaserne, zur Arbeit geholt .

 

21,30 °° war Stubendurchgang und wenn alles sauber und nach Vorschrift war, musste um 22°° das Licht gelöscht werden . Gegebenenfalls wurde nochmals die Stube gesäubert, oder einzelne Spinde aufgeräumt . Bilder durfte eines pro Bett aufgehängt werden, das private Wertfach musste bei Kontrollen geöffnet werden und dufte nur vorschriftsmäßige Dinge enthalten . Es wurden generell die Pakete kontrolliert, um Alkohol und anderes Verbotene abzufangen, einen großen Aufstand gab es durch ein ankommendes Westpaket . Eine Oma hatte die Adresse des Enkels zu Verwanden in den Westen gegeben, die schickten ein Paket zu dem, was eine Krise in der Kaserne zur Folge hatte .

 

Kaffee war erlaubt, die Tauchsieder zum Wasser erhitzen nicht, nach dem 1. Halbjahr sah man nicht mehr so genau hin . Bis dahin wurden Tauchsieder und Porzellankaffeetassen (erlaubt waren nur die blauen NVA-Plastiktassen ), sowie alles nicht erlaubte, eingezogen . Wegen des geringen Soldes ließen wir uns vor allem Kuchen, Kaffee und Zigaretten  schicken .

 

Radio wurde eines pro Zimmer erlaubt, es mussten Markierungen für erlaubte Sender (nur DDR) angebracht werden . Fernsehen gab es im Aufenthaltsraum, aber wurde wenig genutzt  wegen des DDR-Programms, obwohl der Westempfang mit einem Stück Draht als Antenne möglich war (aber zu gefährlich) . Ein Kino befand sich im neuen Klubgebäude, aber nur am Wochenende und es waren staatsfreundliche Filme zu sehen .

 

Morgens vor der Ausbildung war Stubendurchgang mit besonderer Bettenkontrolle, wir packten Zeitungen um die Matratzenkanten unter die Laken, konnten somit ein glatte faltenfreie Fläche erhalten . Abends wurde besonders auf die Spinde und Staub im Zimmer geachtet, wobei der Kontrolleur mit dem Finger eine verdächtige Kante entlang fuhr und gegebenenfalls über den Finger blies, mit der Frage " Sehen sie mich noch ? " . Was eine erneute Reinigung und Kontrolle zur Folge hatte . Spinde die unordentlich waren, wurden mit wenigen Handbewegungen leergeräumt und mussten neu eingeräumt werden, wobei wert auf  " Päckchenbau "  mit geraden Kanten gelegt wurde (Textilien auch mit Papierkanten gefaltet). Ich war von meiner Mutter aus immer schon auf Ordnung gedrillt gewesen und hatte damit wenig Probleme, andere schon .

 

 

 

Müde waren wir ständig und bei jeder Gelegenheit wurde geschlafen . Morgens vor dem Wecken gab es, für die Springer, noch eine sogenannte Gesundheitskontrolle . Der Feldscher stellte einen Hocker in die Zimmermitte und jeder musste sich nackt darauf stellen, dann die Vorhaut zurückzuziehen, um die sogenannte " Nülle " zu kontrollieren . Bei Wenigen hieß es dann, " sie Schwein haben ja Käse auf der Nülle, gehen sie waschen " . Mit der Zeit lernten alle sich zu waschen . Der Feldscher wurde von uns nur " Nülle " genannt .

 

 

 

Ein Unteroffizier aus unserem Zug war ein Dienstbeflissener Arschkriecher und dazu noch von seltener Hässlichkeit, sein Brustkorb war spitz wie bei einem Huhn . Seltsamerweise war er ein zäher Hund, der bei Märschen usw. nie schlapp machte . Keiner konnte ihn leiden und andere Vorgesetzte lachten auch über ihn, vorher war er oben bei meinem Kumpel eingesetzt gewesen und hatte sich dort unbeliebt gemacht .

 

Wir kamen vom Essen (Essen war Befehl und jeder musste mit der ganzen Truppe daran teilnehmen) wobei immer eines der vielen Soldatenlieder gesungen wurde . Nun waren wir mit dem oben Genannten auf Konfrontationskurs und sangen jämmerlich falsch, er jagte uns nun einige Male auf der Kasernenstraße hin und her, ohne Erfolg . Vor unserem Gebäude machte er den Fehler uns aufstellen zu lassen, um einen Vortrag zu halten, oben aus dem Flurfenster von meinem Rennbahnkumpel kam ein Eimer Wasser und erwischte ihn voll . Gelächter von allen Seiten war selbstverständlich, besonders von uns " Springern " die immer unter ihm litten .

 

Es kam nun noch unser Bataillonskommandeur " Eiche " dazu, ein echter in Wehrmachtstradition auftretender Hauptmann . Seine Worte waren immer, " Hier gibt’s nur 3-D,  - Druck, Dampf und Daueranschiss- " . Von allen respektiert und gefürchtet übernahm er nun das Kommando, laut schreiend, " Rechts um, im Gleichschritt Marsch, ein Lied ! ", es lief eine vorbildliche Kompanie vor ihm auf und ab . Er ließ halten und schrie den Unteroffizier mit seinem Nachnamen an, " Kre.... sehen Sie, es geht doch ", und wusste genau das es nicht an dem lag .

 

 

 

Ein Kamerad im Zimmer war nach dem Wecken am Morgen unausstehlich und stand nur sehr ungern auf, als der vorgenannte Uffz. ihn aus dem Bett holen wollte, schlug er mit den Beinen nach ihm und knapp entging dieser einem KO., vermutlich hat er ihn dann beim Spieß angeschwärzt, ohne eine Reaktion zu erzeugen . Wegen der ständigen " Belästigungen " durch diesen " Kratzer ", nahm ihn keiner mehr Ernst . Einige haben sich vorgenommen ihn nach der Armeezeit in dem Ort aufzusuchen, um ihn zu verprügeln (er wohnte im Standort) . So etwas geschieht dann nie, das Schlechte ist schnell vergessen und der Aufwand zu groß .

 

In einer anderen Gruppe unseres Zuges gab es einen, der " Müllerschlampe " genannt wurde, er war noch weniger im Ausgang als ich . Ein spezieller Freund unseres Spießes . Es war normal alles möglichst doppelt an Ausrüstung zu haben, weil viel gestohlen wurde, was wiederum mit der Angst vor dem bestohlen werden, zu tun hatte . Es hieß dann immer vom Spieß, " Regress !", was bedeutete, es soll Verlorenes bezahlt werden . Dadurch kam erst das Stehlen in Umlauf, das empfangene Material gehörte der Armee und " Flocki " passte darauf auf (so nannten wir den Spieß, wegen seiner hohen Pinscher-ähnlichen Stimme), indem er die Spinde gern und oft kontrollierte . Bei Müller, den alles kalt ließ, holte sich jeder aus dem offenen Spind was er brauchte, jetzt war dieser ständig leer und der Spieß verzweifelte fast an diesem Soldaten . Müller hatte über seinem Bett eine zerlegte Taschenuhr an Zwirn aufgefädelt, mit einem Zettel  dabei , " Je Uhr, desto Zeit ! "

 

Für die Wache musste vorher eine Belehrung und eine Vergatterung erfolgen, auf dem Ex-Platz nahm danach der diensthabende Offizier des Regimentes die Wache ab und es begann der Wachdienst . Müller hatte wie alle auch Wache, dabei musste das " Teil 1" mitgenommen werden . Jetzt fiel dem Abnehmer auf, das Müllers Teil 1 auf dem Rücken schlaff herabhing, dass musste kontrolliert werden und stellte sich als nicht Vorschriftsmäßig heraus, da leer . Müller musste in die Kompanie zurück um aufzufüllen, er hatte nur nichts . Nach 15 –20min. Wartezeit kam Müller grinsend über den Ex-Platz, bei jedem Schritt schepperten leere Blechdosen . Hörbar für jeden, aber nachgesehen hat der Wachhabende nicht noch mal .

 

Müller stand zum Antreten vor einem Marsch in Arbeitsschuhen vor der Kompanie, da Stiefel Vorschrift waren fiel er auf und redete sich nun mit " Stiefel beim Schuster " heraus . Er dachte einen Vorteil zu haben und tönte von " Wunderschuhen ", im Laufe des Marschs wollte er sich mit Platzpatronen erschießen, wegen der großen Blasen an den Füßen .

 

Da Müller sowieso keinen Ausgang bekam, wurde er als erster zum Bier holen über den Zaun geschickt . Mit Fischbehältern von 12,5 Litern Größe war er auch erfolgreich und in unserem Zimmer haben wir in der Nacht im Dunkeln, dass bisschen Zeug leergemacht . In Kneipen war es früher normal, wenn Bier in Behältern für zu Hause geholt wurde . Der Posten lief genau vor unserem Fenster und wir haben Zeichen gegeben wenn die Luft rein war, das ist etwa im 2. Halbjahr gewesen . Da begann langsam der Schlendrian einzukehren, weil die Neuen nun zur Qual freigegeben waren . Mit lautstarken Rufen wie " Bunte Schweine ", begrüßte die ganze verbliebene Kaserne die in Zivil ankommenden Neuen . Die schon länger Dienenden waren in diesen Wochen in großer Zahl im Arbeitseinsatz oder auf Wache außerhalb der Kaserne untergebracht, um den             " Betrieb " nicht zu stören .

 

 

 

Bei den nun längeren Freistunden bekamen wir die sogenannte            " Armeemacke " , wir hatten einander schon alles erzählt und begannen rückwärts zu reden, oder lallten einfach . Ein Fremder hätte gedacht in einer Klapsmühle zu sein, für uns war es normal .

 

Mein unter mir schlafender Kumpel (5 Doppelstockbetten im Zimmer) stammte aus dem Nachbarort meiner Frau und durch den gleichen Heimweg, waren wir mehr als die anderen verbunden . Er war unser stellvertretender Gruppenführer und eigentlich ein Typ der einen eigenen Kopf hatte und  sich nichts gefallen ließ, nur beim Dienst gab er sich, zumindest am Anfang, große Mühe . Er zeigte gern was in ihm steckt und glänzte mit guten Leistungen, das gab sich mit der Zeit und wir haben viele Dinger zusammen gedreht . Im allgemeinen war er eine Schlampe, ich habe meistens darauf geachtet das sein Spind zugeschlossen war, sonst hätte er sowenig wie Müller im Spind  gehabt . Er soll im Knast gewesen sein und spielte gut Schach, was ich später von ihm lernte . Nur scheint damit etwas nicht zu stimmen, er war wie ich 19 jährig eingezogen, war verheiratet und hatte eine  Tochter so alt wie mein Sohn . Wie dem auch sei, er boxte gern und wir hatten Boxhandschuhe auf dem Zimmer . Ständig suchte er Gegner, als guter Kumpel musste ich schon einige Male antreten . Es wurde ausgemacht, nicht ins Gesicht zu schlagen, das wollte ich nicht (vermutlich aus Eitelkeit) . Nur er musste den letzten Schlag immer auf die Rübe hauen, konnte bei keinem anders und fand daher selten Gegner . Ich habe gemerkt wie schwer beim Boxen die Arme werden können, es kostet unheimliche Kraft sich mit den Fäusten voran zu bewegen und zu Schlagen . Ich habe mir beim rückwärts ausweichen eine schwere Fersenverletzung zugezogen, als ich auf einen Eisenwinkel des Spindbeines getreten bin und keine Schuhe anhatte, aber nicht laufen zu können war bei der Armee immer von Vorteil .

 

Auf Kompanieurlaub sind wir gemeinsam gefahren und da sein Vater bei der Wismut Bereitschaftsfahrer war, konnten wir Nachts mitunter 2-3 Std. eher zu Hause sein, wenn dieser uns in Zwickau abholte . Mit der Bahn mussten wir Nachts mitunter das letzte Stück oft noch zu Fuß gehen, da kein Zug mehr fuhr . Der Vater hat uns einige Male abgeholt und bei einer dieser Fahrten war während der Fahrt das Licht ausgefallen, der Defekt war bekannt und wurde sofort behoben . Jedoch eine gefährliche Situation, wenn man sich vorstellt im Wald in stockdunkler Nacht, während des Fahrens schlagartig alles dunkel . DDR-Zustände eben .

 

 

 

Zum Tag der Republik trat im Klubhaus das Erich Weinert Ensemble auf und wir mussten teilnehmen, mit Arbeiterliedern wollte man uns Arbeiter aufmuntern . Eine Schauspielertruppe die Arbeiterlieder sang, mit Frauen dabei und einem Sänger der Arbeiterlieder, mit Arbeitertypischer in der Hosentasche steckender Hand, aufführte . Alles lachte und es begann eine die Frauen der Truppe mit typischen obszönen Handzeichen und verbalen Aufforderungen beleidigende Verhöhnung . Gleiche Rufe und obszöne Gesten gaben wir in der Stadt von uns vom Lkw herunter, wenn Mädchen zu sehen waren . 

 

Der Sänger beschwerte sich durch Mikrofon, die Frauen währen kein Freiwild und sie müssten nicht für uns singen, usw. . In der letzten Reihe saß unser Stasipolitoffizier und sprang auf mit den Worten,       " Die wahren Genossen sitzen hier ! " Ein riesiges Gelächter begann und die EK,s in den vorderen Reihen mussten den Kinosaal räumen, da von ihnen der Skandal ausging .

 

Als bei einem Politunterricht ein Film über das Verdummen des Westvolkes von allen Soldaten angesehen werden musste, kam es zu ähnlichen Auswüchsen . Die westdeutsche Jugend wurde mit Beat-musik und andern schlimmen Sachen vom Nachdenken über die Politik abgehalten, mit Beispielen wurde uns vor Augen geführt, wie . So brachten die Beatles die Mädchen in Ohnmacht usw. , anhand von Filmen und dieser schlimmen Musik, zeigte man es uns nun . Wir alle durch die Bank Beatfans, grölten zur Musik und schrieen nach  Zugabe .

 

Wir in der DDR hatten schon ein Glück, nicht so verblödet zu werden, trotzdem gab es einen solchen Film nicht noch mal zu sehen .

 

 

 

Zu Ende des 1. Halbjahres bekamen wir zwei Neue aufs Zimmer und die waren ehemalige Unteroffiziersschüler, man hatte sie von ihrer 3 jährigen Verpflichtung befreit, wegen Unfähigkeit . Das hieß schon was in der Volksarmee, nicht für eine Unteroffizierslaufbahn genommen zu werden, nur Dumme gingen unserer Ansicht nach für 3 Jahre dahin und diese waren noch zu dumm dafür !  Ihre Rangstufe lässt sich erahnen, bei uns Soldaten mussten sie noch die Erlaubnis zum Kinobesuch und anderen Aktivitäten einholen . Arme Schweine !

 

Ich erinnere mich noch, dass sie am Abend für uns auf dem Zimmer   " Bühnenstücke " aufzuführen hatten, Indianer und Cowboy meistens . Dabei sprangen sie über die Spinde und Betten suchten Deckung und erschossen sich gegenseitig, logisch das sie alles wieder aufzuräumen hatten . Der eine musste als Küchenhelfer in der Offiziersküche arbeiten, für uns ab nun eine sagenhafte Versorgungsquelle . Brathähnchen gab es im Überfluss, auch Schwarzen Tee und was es sonst nur selten gab, hatte er zu stehlen . Jahrelang aß ich dann kein Hähnchen mehr . Für ihn war das ein Vorteil da er nun besser behandelt wurde, der andere nicht ganz so unfähige, musste in unserer Gruppe mit " Dienen " . Dabei sämtliche Dienste übernehmen, Hof kehren, Zimmer säubern, uvm. .

 

Mir war alles eher unangenehm, jedoch Vorteile hatte ich dadurch auch und sie hätten sich doch Beschweren können, im Ganzen waren diese froh nicht mehr 3 Jahre in der Armee dienen zu müssen .

 

Im Winter hatten wir auf dem Forstberg eine 3 Tage Übung, mit Stellung ausheben und gefechtsähnlichen Bedingungen, wir lagen die ganze Zeit im Matsch und Nachts war Frost . Wir durften nicht Rauchen, da uns der Feind hätte sehen können, und praktisch nicht aus dem Schützengraben herausklettern . Eine unvergessliche Sache, in der letzten Nacht als die Offiziere nicht mehr aufpassten, machte ich wenigstens im Graben ein kleines Feuer . Diese Offz. hatten für sich ein Zelt mit Ofen . 

 

Mein unter mir schlafender Kumpel war hierbei unser Stellv.- Gruppenführer und sehr dienstbeflissen, er hat die 3 Tage nicht geschlafen . Er war auch später im Bergbau ein sehr zäher Hund, trotz seines liederlichen Lebenswandels .

 

 

 

Bei der Ausbildung auf der Sturmbahn war eine " Eskaladierwand " zu überwinden und das war ein schweres Stück Arbeit, zumal vorher einige andere Hindernisse schon überwunden waren und wir in voller Ausrüstung liefen . Heute gibt es wahrscheinlich so was nicht mehr, auf einem Hundeausbildungsplatz sieht man noch ähnliches .

 

Bei einer Heimreise zum Urlaub traf ich einen alten Bekannten aus meiner Heimatstadt, der früher auf die Oberschule ging und mit dem ich ein gemeinsames " Abenteuer " auf der Rennbahn erlebt hatte . Er war etwas älter und trug eine Offiziersuniform der Grenztruppen, ich war überrascht und fragte nur, ob er nicht Abhauen wolle . Allein usw., könne er im Westen nichts anfangen, war seine Antwort, ich verstand das nicht, aber er redete wenigstens wie in alten Zeiten und normal mit mir .

 

Einen mir fremden Grenzsoldaten traf ich ein anderes mal im Zug, der ungefragt anfing auf die Berliner Bevölkerung zu schimpfen . Das wäre ein reaktionäres Gesindel und er glaubte wohl, dass ich auch solchen Schwachsinn im Kopf hatte . Den hat man im Politunterricht total verblödet, was jedoch schon viel vorhandene Dummheit voraussetzt, umsonst war der nicht an die Grenze gekommen .

 

 

 

Auch der Winter ging vorüber und wir waren kurz vorm EK-Stadium .

 

Am 20. April feierten in einer anderen Kompanie 2 Unteroffz. den Geburtstag von Adolf Hitler, dabei misshandelten sie im Suff einen Springer . Der zeigte sie an und sie waren verschwunden, was dabei rauskam hat keiner erfahren da es totgeschwiegen wurde .

 

 

 

Wir machten uns Ende April mit allen Sachen, einschließlich Panzerwagen, mit der Bahn auf die mehrtägige Reise, nach dem schon bekannten Eilenburg zur Unteroffiziersschule .

 

Jetzt waren wir auch für die Kasernenwache verantwortlich, da neue Schüler eintrafen, ich selbst stand wieder im kleinen Munilager Wache .

 

Endlich wieder regelmäßig Ausgang, wir nutzten ihn auch . Nachts besoffen heimlaufend bellte uns ein Hund über den Zaun an, Fletscher und ich zogen mit unseren Koppeln dem nun über den Zaun hinweg aufs Fell .

 

Er gehörte, wie wir noch erfahren sollten, einem Offizier der Schule, nun gingen wir weiter und gegenüber der Kaserne an einem Konsum, stellten wir eine " Stange Wasser " an die Wand . Dabei wedelte mir eine DDR-Fahne vorm Gesicht herum, es war zum 1. Mai geflaggt worden . Ich sagte, Fletscher " Fahnenkommando ! " Wir nahmen die Fahne unter die Arme und machten uns, im sauberem Exschritt, auf den Weg zum gegenüberliegenden Posten der Kaserne, welcher von unseren Leuten besetzt war .

 

Den Zivilisten der dort stand nahmen wir gar nicht wahr, es war der Hundebesitzer und ein Offz. . Der ließ uns sofort festnehmen und beim Diensthabenden Offz. wurden wir verhört, wobei der uns einreden wollte, wir wären auf der Flagge herumgetrampelt .

 

Das entsprach nicht der Tatsache und es konnten auch keine Fußabdrücke gefunden werden, nur Vogelscheiße . Mir wurde die Lage langsam bewusst, er wollte sich für seinen Hund rächen .

 

Wir saßen bis Früh im Bau, als die Tür aufgerissen wurde und ein Zettel mit Bleistift hereinflog, mit der Bemerkung " Stellungnahme schreiben  ! "

 

Ich war schon unruhig gewesen, begann nun meine Schilderung des Vorfalls aufzuschreiben und war mir des Ernstes der Lage bewusst . Ich schob unsere Dummheit erst mal auf den Alkohol und dann stellte ich die Frage, wieso uns der beobachtende Offz. nicht an dem  unverantwortlichem Treiben gehindert hat . Ich bedauerte schriftlich alles sehr und schämte mich dafür .

 

Nun wurden wir aus dem Knast geholt und vor dem zuständigen Regimentskommandeur hergetrieben, dieser Oberst Fr... trat mir nun persönlich in den Arsch, da ich anscheinend nicht schnell genug ging . Selten, wird einem Soldaten solche Ehre zu teil .

 

Irgendwie scheint es festgestanden zu haben wer der Anführer war, nur ich wurde hart rangenommen . Mir scheint das unser Zugführer Anteil daran hatte, da einige Äußerungen von mir (aus dem Politunterricht) zur Sprache kamen, die nur " Eddi " kannte . Lästern, war eine meiner häufigen und unguten Eigenschaften .

 

In einem Zimmer, mit 10-15 Offz., standen wir nun zur Anklage, Flaggenschändung vor dem 1. Mai, dem Arbeiter und Bauernfeiertag . Üble Sache und wir wurden total zusammengefaltet, mir war scheußlich zu Mute als ich von 2 Jahren Armeeknast für diese Sache hörte . Nun durften wir uns rechtfertigen und es wurden die Stellung-nahmen gelesen . Danach durften wir raus gehen und der Hunde-besitzer musste bleiben .

 

Wir wurden erneut geholt und Fletscher zusammengestaucht, wegen seiner schwachen Stellungnahme .

 

Man hatte wohl meiner Argumentation folgen können, denn wir bekamen nur " 3 Arbeitsverrichtungen außer der Reihe " als Strafe (die wir nie ableisten mussten).

 

Vermutlich waren sie froh, ohne alles an die große Glocke zu hängen müssen, es so einfach erledigt zu haben . Weiter nach Oben zu melden und einen Prozess zu machen, hätte auch Nachfragen und Ärger für sie gebracht . Ein " DDR-Ehrendienstleistender " sollte so was auch nicht tun (also, es durfte nicht sein) . Im Übrigen konnte man sich, mit anschließender Einsicht und Reue, in der DDR allerhand erlauben, nur dann noch Provozieren, dass wäre schlimm ausgegangen .

 

Unser Zugführer sollte das zurückbringen der Fahne überwachen . Unvorstellbares Glück ! Eddi blieb vor dem Konsum stehen, da es ihm peinlich war mit hinein zu gehen .

 

Ich sagte drinnen, dass jemand Nachts die Fahne gestohlen hat und sie von mir nun zurückgegeben wird, die Verkaufstellenleiterin meinte, dass sie der Polizei sagen würde das die Fahne wieder da sei . Für uns war alles gut abgegangen und am Nachmittag traf von unserem Regiment der Beförderungsbefehl ein und ich wurde zum 1. Mai Gefreiter .

 

Zu jedem Halbjahr wurde befördert, der Erste in der Kompanie war der Schreiber unseres Spießes . Er war 27 Jahre und der älteste von uns, in unserem Alter erschien er uns damals als alter Mann . Ein         " Kratzer " wie wir meinten und er wurde nach 6 Monaten Gefreiter . Alle anderen sind zum beginn des 3. Halbjahres befördert worden, außer es stand etwas besonderes in den Akten . Bei mir war es nicht der Fall, da alle Vorkommnisse intern behandelt wurden .

 

Frühmorgens gerade um 2 Jahre Knast herumgekommen und am Nachmittag lief ich mit Gefreitenschulterstücken herum, paradoxe Sache .

 

 

 

Die Unteroffiziersschule war noch eine Steigerung unserer Grund-ausbildung, die armen, wenn auch dummen Schweine, hatten ja dafür unterschrieben . Keine Minute war dort ohne Druck und Geschrei, die Schüler waren so eingeschüchtert, dass wir sie nur Anschreien brauchten und sie haben uns zuerst gegrüßt . Im Rang standen sie über uns, wir ließen sie sogar im Treppenhaus zurücklaufen um uns dort grüßen zu lassen, obwohl da eine andere Grußform galt . Sie rannten nach dem Anschiss, " Können sie nicht Grüßen ! " zurück und grüßten uns ehrerbietig . Wir machten uns einen Spaß daraus, mit hochgekrempelten Ärmeln und Sonnenbrille, gegen jede Vorschrift verstoßend, sie " rotieren " zu lassen, wie es hieß .

 

Nur selten war einer intelligent genug um die wahre Situation zu erkennen . Später bildeten sie die " Bunten Schweine " aus und rächten sich sicher für ihr erlittenes Unrecht, wir waren jetzt Ek,s und hatten das hinter uns .

 

Da ich nun einige Tage Ausgangssperre hatte ging ich mit meinem Kumpel über die Mauer, unser Schützenpanzer stand an einer Mauer im Fuhrpark und über diesen konnten wir gut auf und absteigen . Unsere Kumpel hatten Wache so waren wir in keiner Gefahr, trotzdem wurde der Fuhrpark noch von den verbliebenen Ausbildern bewacht und stellte ein großes Risiko dar, diese waren Dienstgeil und gefährlich . Nachts kamen wir über die Mauer zurück und von unserem SPW sahen wir uns die Lage an und sprangen über ein Tor . An diesem standen Korbflaschen aufgestapelt, ich war vorweg und im Gelände gut angekommen, nun rannte mein Kumpel auf diesen Stapel los und während er über das Tor sprang, fiel dieser aus Glasflaschen und Eisenkörben bestehende Haufen zusammen . Schon im Gebäude in Sicherheit, hörten wir es immer noch Scheppern und grinsten uns an .

 

Eine andere Truppe von uns kam Nachts vom Ausgang und hatte ein Fass Bier durch die ganze Stadt gerollt (über den von mir gerade beschriebenen Weg) und das Fass in die Kaserne bis hoch unters Dach gebracht . Wir wurden geweckt und haben jetzt gemeinsam versucht das Fass aufzumachen, als es gelang, stellte sich heraus das Wasser darin war . Im Hof der Kneipe lagerten die leeren Fässer und waren zum Teil mit Wasser gefüllt, um, wie ich vermute, zu verhindern das diese Holzfässer zusammentrockneten . Die Kumpel dachten es wäre ein mit Bier gefülltes und stahlen es deswegen .

 

Wir schrieben folgendes auf ein Stück Bettlacken, " EK (und die Tage bis zur Entlassung) und gesoffen haben wir es doch ! ". Aus einem Besenstiel und dem Lacken wurde eine Fahne gebastelt, die an das Fass genagelt wurde . Vorsichtig brachten wir das Fass nun auf den Exerzierplatz, direkt vor das Fenster (war mit Rollo geschlossen) des Wachhabenden Offiziers und stellten es auf .

 

Wir hofften nun das Früh der Oberst zum Dienst kommt, das Fass sieht und den Wachhabenden fertig macht, oder gar die Unteroffiziersschüler das allein auf dem Explatz stehende Fass mit wehender Fahne zu sehen bekommen . Leider merkte er es noch zeitig genug . Der Bereitschaftsfahrer erzählte uns später, das er geweckt wurde und vom Wachhabenden gesagt bekam, " versenken sie das Fass im Kiesteich ".

 

 

 

Auf der Muniwache konnten wir es aushalten, direkt davor befand sich ein Kiesteich und im Mai kamen die ersten Mädchen zum Baden dahin . Auch Nachts klingelte es am Wachlokal, worauf wir hektisch Ordnung schafften und die verlassenen Posten einnahmen . Es konnte eine Kontrolle des wachhabenden Offiziers sein, jedoch einige Flittchen aus dem Ort standen davor und wurden auch eingelassen . Nachdem sich unsere Kameraden auf den Wachpritschen vergnügt hatten, warfen wir sie wieder hinaus um nicht erwischt zu werden . Besonders eine kam regelmäßig um 18°° zur Wachablösung und schaute ob sie von jemand " gebraucht " wurde, einige haben mal ihre Tasche gegriffen und dann, das etwas Dicke Mädel den Hang vom Kiesteich hinuntergeworfen . Sie sollte sich eigentlich im Wasser abkühlen stand jedoch noch fast trocken darin, worauf ihr gesagt wurde, sie solle untertauchen sonst fliegt ihre Tasche ins Wasser . Sie wollte das nicht riskieren und tauchte kurz unter (mit Anziehsachen), darauf flog ihre Tasche trotzdem hinunter und sie tauchte danach . Ich glaube sie kam danach immer noch, nur etwas vorsichtiger um nicht auf diese undankbaren Soldaten zu treffen .

 

Bei den Saufereien ist es vorgekommen, dass Nachts beim Aufstehen zum verrichten der Notdurft, die Orientierung fehlte . Michael ist einmal aufgestanden, ohne uns am Tisch sitzende zu bemerken und kauerte sich zwischen zwei Spinde, um sich zu " Erleichtern ". Er wusste davon am nächsten Tag nichts mehr . Zum Glück war es sein eigenes Teil-1 (Ausrüstungsstück) was darunter lag . Ich soll auch einmal aufgestanden sein, habe meinen Spind geöffnet, hinein uriniert, und ihn wieder verschlossen, um wiederum auf das Bett zu steigen . Scheint so gewesen zu sein, da am nächsten Tag " feuchte " Ausrüstung darin lag .

 

 

 

Am hellen Tag saß Müller mit dem Kofferradio auf einem Gestell, an dem die Alarmglocke hing und er hörte Beatmusik, die Mpi stand daneben und der Helm lag im Gras . Eingesetzt war er als Wachposten, die vorderen Posten am Tor lagen im Gras und sonnten sich mit freiem Oberkörper, wir glaubten alles im Griff zu haben, da die Straße auf der die Kontrolle kommen konnte weit einzusehen war . Doch ein " hinterhältiger " Offizier kam von hinten durch den Wald gelaufen und traf auf Müller, der ihm den Rücken zudrehte und Radio hörte . Der Offizier, nun am Tor klingelnd, sah darauf diese Posten aus dem Gras sich erheben und erkannte was los war .

 

Unser letzter Unteroffizier war frisch von der Schule, deshalb sehr        " zuvorkommend " zu uns EK,s , und befand sich nun in Schwierig-keiten . Ein großes Geschrei und wir rechneten mit dem schlimmsten, zumal noch einige aus der Kiesgrube vom schwimmen kamen . Genau weiß ich nicht mehr den Verlauf, jedoch nach einem Gespräch über das Angeln war dieser Offizier (sehr hohe Dienstgrade waren in der Uffz.- Schule beschäftigt) in " seiner Welt " und nach Stunden des erzählen,s, hatte er Fische so groß wie die Wachpritsche geangelt . Wir hörten besonders aufmerksam zu und zollten ihm Respekt dafür . Ein Spruch von ihm war dann noch, " Wenn man 3km aus dem Standort raus ist, muss man die 1. umgelegt  haben ", nicht erwähnen muss ich, er war verheiratet . Es kam nun die Zeit zum Gehen, er verlangte das Wachbuch und schrieb einen Vermerk ein, " Posten, unmilitärisches Auftreten " .

 

Was sein konnte, einer hat den Helmriemen offen, oder die Ärmel hochgeschoben usw., tatsächlich hätte man einen Riesenakt daraus machen können .

 

Hohe Dienstgrade werden nicht durch Aufdeckung solcher Vorkommnisse befördert, bei anderen " Kleinen " wären wir schlecht dran gewesen .

 

 

 

Von einem unserer Leute ist im angrenzenden Wald eine Zeitung gefunden worden, es waren verschiedene Preise und andere Ver-gleiche von der BRD aufgeführt . Ich glaube sie nannte sich Mitteldeutsche Arbeiterzeitung, wir haben sie dankbar gelesen und uns gefragt wie die wohl dahin kommt . Sie war sauber zusammengelegt und ein Einzelstück, damit konnte sie nicht mit einem Ballon bis zu uns gelangt sein . Wir haben sie wohl später abgegeben, um nicht in eine Falle zu gehen, womöglich wollte man uns nach unseren bekannten Aktionen Testen .

 

 

 

Bier holten wir in unseren Essenkanistern aus einer Gartenkneipe und hatten selten so gute Zeiten in der Volksarmee gehabt .

 

Ein Kamerad von unserer Gruppe hat sich eines der Mädchen angelacht, wir haben ihn vor diesem Flittchen gewarnt .

 

Sie zog bei seinen Eltern ein und machte dort die Gegend unsicher, ging nicht arbeiten, jedoch feiern, und kam nicht regelmäßig nach Hause . Die Eltern schrieben ihm nun alles und nach einiger Zeit sah er ein, dass es kein Mädel zum Heiraten ist und beim nächsten Urlaub warf er sie wieder raus . Liebe macht wirklich blind, Triebe ebenfalls, zumindest trüben sie den Verstand .

 

An einem Nachmittag als ich auf Posten stand, kam ein Mädel an meinen Zaun und einige Zeit unterhielten wir uns . Sie erzählte das sie Geburtstag hat und 15 Jahre geworden ist . Ich sah vorn am Tor 2 Kameraden das Gelände verlassen und dabei war mein " Kranker Freund " der Angstbeißer, mir war klar das sie zu dem Mädel wollten und ich sagte ernsthaft zu ihr, " Hau schnell ab ! ". Sie nahm die Warnung nicht ernst und als die Beiden (jeder verheiratet und Vater) bei uns waren, begannen sie das Mädchen zu belästigen . Ich stand hinter dem Stacheldraht und als ich merkte das sie Angst bekam und von dem " Kranken " ins Gesicht geschlagen wurde, weil sie sich wehrte,  zog ich nach Vorwarnung die Mpi durch . Ich wollte ernstlich einen Warnschuss in die Luft geben . Sofort ließen sie ab und verschwanden in das Wachlokal . Nach meiner Postenzeit ging ich ins Wachlokal und war nicht sicher was nun kommen würde, seltsamerweise verlor keiner ein Wort in der Sache . Sie waren sich scheinbar bewusst, dass es mit einem Warnschuss ohne Untersuchung nicht abgegangen wäre und sie dabei wegen versuchter Vergewaltigung belangt worden wären .

 

Ich genoss meinen Sieg und hätte tatsächlich ohne zu zögern geschossen, ich war im Recht und würde aus Prinzip nie solchen Aktionen ohne Gegenwehr zusehen, schon gar nicht mit einer Waffe in der Hand . Den " Kranken " könnte ich, falls es die Umstände hergeben, ohne Skrupel töten, dass heißt, wenn kaum mit Strafe zu rechnen wäre . Mein " Beutetrieb " spielte hier wohl auch eine Rolle .

 

Nach dem was ich erlebt habe und nachdenke, was unter Bedingungen eines Bürgerkrieges oder großen Krieges, alles der weiblichen Bevölkerung zustoßen würde, verstehe ich keinen Staat der sich nicht ausreichend und abschreckend vor einem " Überfall " schützt . Junge Soldaten sind in der " Sache ", eine Zeitbombe .

 

 

 

An einem anderen Tag waren einige im angrenzenden Kiesteich baden, als ein Lkw den Weg hoch fuhr, wir warnten sofort und alle rannten gebückt in das Wachlokal . Als der Wachkontrolleur ankam standen alle Vorschriftsmäßig auf ihren Posten, was ihn zu der Bemerkung veranlasste, " Wenn ihr nur in der Gefechtsausbildung so gut wärt ". Er muss mit dem Feldstecher alles gesehen haben, wir waren übrigens in der Gefechtsausbildung sehr gut, das wusste der aber nicht . Es war oft unser Vorteil, denn dadurch sah man uns einige Dienstverstöße nach, unsere Vorgängerkompanie hatte auch schon einen solchen Ruf gehabt . Bei Übungen war Verlass auf uns und wir brachten Leistung .

 

 

 

In der Heimatkaserne war nun einigermaßen Ruhe, was auch ausgenutzt wurde, einer brachte mal Filzläuse mit (" Sackratten ") . Durch die Toiletten und vermutlich vom sitzen auf den verschiedenen Betten waren einige Soldaten davon betroffen, mehrere Tage sperrte man die Kompanie für fremde Soldaten . Ich war nicht infiziert, da ich meist oben auf meinem Bett lag . Ich kannte die Tierchen jedoch aus meiner Rennbahnzeit, nach einigen Tagen mit Puderbehandlung gab man Entwarnung .

 

Neben uns lag ein Panzerbataillon mit einem noch besser über-steigbaren  Zaun, da er vom Wachhäuschen nicht eingesehen werden konnte . Ein in der Kaserne umlaufendes Gerücht  besagte, dass dort bei den EK,s eine ganzen Nacht ein Flittchen anwesend war und über den Flur in Unterwäsche von Zimmer zu Zimmer lief . Logisch das dass die Fantasie von uns  Soldaten anregte .

 

 

 

Zahnschmerzen stellten sich bei mir ebenfalls noch ein, in der Kaserne ging ich mit Angst aber auch schon Erfahrung zum Zahnarzt . Er zog einen Backenzahn, der dabei oberhalb der Wurzel abbrach, nun begann für mich ein 45 Minuten Martyrium . Es wurde der Zahn wegen der breiten Wurzel zerbohrt und Stückchenweise gezogen, am Schluss sah ich ein Tablett voll mit seltsamen Werkzeugen, die alle gebraucht worden waren . Zweimal musste nachgespritzt werden, weil die Betäubung nachließ . Die Lippen waren wegen Trockenheit aufgesprungen, da der Mund solange offen war . Seit dem gehe ich ohne Angst, aber immer noch mit ungutem Gefühl zum Zahnarzt, denn schlimmer kann es nicht kommen, rede ich mir zumindest ein .

 

 

 

Ein Soldat in der Kompanie war ein künstlerisch begabter Mensch und fälschte auch verschiedene Sachen . Eine Ausgangkarte von einem Schießplatzelektriker veränderte er so, dass nun mein Name darauf war .

 

Diese Ausgangskarte trug den Vermerk, " Ausgangszeit ständig ", damit nach Anruf die Elektriker zu jeder Tages und Nachtzeit sofort zu Reparaturen ausrücken konnten .

 

Der Vorbesitzer war entlassen und die Karte von mir beim säubern des Regimentstabes aus einem Schreibtisch mitgenommen worden . Wie auch Schulterstücke von einem Oberst, die ich als Schlüssel-anhänger benutzte .

 

Auf dem Flur der Kompanie saß ständig ein Wachhabender, um immer alles kontrollieren zu können, er hatte das Ausgangsbuch und wusste wer in Ausgang war und wann jemand zurück sein musste . Somit war die Karte nur mal während des Sonntags zu gebrauchen, oder zum Dienstschluss bis zum Stubendurchgang 21,30 Uhr .

 

Da ich gern krank war und es einige Male auch zu Übungen                " geklappt " hatte, befand ich mich mit wenigen anderen in der Kompanie, ohne unsere Vorgesetzten . Nun begann meine Ausgangs-zeit, ohne Spieß und Zeiteinschränkungen . Der Posten am Kasernen-tor akzeptierte die gefälschte Karte, ich ging nun ein und aus wie ich wollte .

 

Der Wachhabende vom Bataillon kümmerte sich nicht um uns             " Kranke ", da wir nicht in seinem Buch geführt wurden . Flocki wäre ausgeflippt, falls er von meinem Ausgang gewusst hätte .

 

 

 

Bei einem Aufenthalt im Med.-Punkt beschloss ich länger krank zu sein (könnte nach dem Nesselfieber gewesen sein) und wollte nicht gesunden . Der Arzt schickte mich nach Gotha ins Lazarett, wo mir alle möglichen Untersuchungen zuteil wurden . Wenn die Ärzte zur Visite kamen, lagen sterbenskranke Menschen in den Betten, danach wurde Kaffee gekocht und Karten gespielt . Die Verpflegung konnte sich sehen lassen und kein Kasernenstress  störte . In dem Lazarett sah ich das erste mal amerikanische Medizin, bunte Kapseln mit dem entsprechenden Aufdruck auf der Verpackung . Unser Klassenfeind belieferte die NVA, es waren dort hauptsächlich Offiziere in Behandlung, da junge Soldaten selten ernsthaft Krank sind .

 

Aber einer mit Geschlechtskrankheit ist auch zu Erwähnen, er hatte sich diese von einer verheirateten Frau geholt, deren Mann ebenfalls Soldat war . Weil es für diese Fälle eine Meldepflicht gab, um eine Ausbreitung zu verhindern, flog dadurch die Affäre auf . Jeder Kontakt musste gemeldet werden, was anschließende Probleme mit sich brachte . Peinlich !

 

Als nun nach längeren Aufenthalt bei mir  nichts gefunden wurde, überwies man mich zu einem Psychiater im Haus und entließ mich in die Kaserne . 

 

Der Psychiater war ein älterer Mann und Zivilist, vermutlich wusste er was mir " fehlt ", ich musste nun wöchentlich mit dem Zug nach Gotha fahren . Bis kurz vor Ende der Wehrdienstzeit ging diese Behandlung und auf dem Heimweg konnte ich oft noch einen Kneipenbesuch einschieben . Das ganze bekannte Spektrum der Analyse wurde abgearbeitet, für mich interessant und eine neue Erfahrung .

 

In der Kaserne wusste man nicht was mir fehlte, vor allem nicht in der Kompanie, ich war eigentlich diensttauglich . Wer jede Woche nach Gotha muss scheint auch krank zu sein, den Eindruck wollte ich nicht ändern .

 

Viel los war nicht mehr, wenn die Ausbildung anstand wurde sich mit den Offizieren und Unteroffizieren " abgeseilt " und irgendwo ein ruhiger Platz gefunden um die Zeit vorübergehen zu lassen . Doch für mich galt, warum sich der Witterung aussetzen wenn es in der Kaserne bequemer war .

 

Ich lag auf meinem Bett, was in der Dienstzeit nicht erlaubt war und spielte den Schwer-kranken . Der Spieß suchte einmal einen Mann für eine Arbeit und da wir am Flurende unser Zimmer hatten, kam er erst zum Schluss in mein Zimmer, er hatte noch keinen gefunden .

 

Mich sah er nun mit schmerzverzogenen Gesicht liegen, winkte ab und verschwand mit den Worten, " Ma....., kehren sie wenigstens mal das Zimmer ". Er hätte mal im Dienstbuch nachschauen müssen, der Depp .

 

Wir schickten einige Pakete mit den wenigen brauchbaren Sachen die man " Organisieren " konnte nach Hause, viele Jahre hat meine Familie mit Besteck aus der Offiziersküche gegessen . Im Garten benutzten wir Decken mit dem Aufdruck NVA . Ein großes Problem entstand, als Einer Panzerknaller für Silvester nach Hause schickte und das Paket auf der Poststelle geöffnet wurde . Danach waren wir vorsichtiger .

 

Die letzten 150 Tage wurde ein Bandmaß (sonst von Schneidern benutzt) am Mann getragen, das sich in einem Gummitier befand und täglich abgeschnitten wurde . Es war nicht gern gesehen und einige Offiziere kontrollierten uns deshalb, sie wurden dann eingezogen . Unsere Ehre ließ es nicht zu, ohne das Bandmaß umherzulaufen, weswegen in unserem Besitz immer  mehrere waren . Wochenenden, Bergfest, und andere wichtige Daten waren von uns farbig  aufge-   mahlt . Die Gummitiere stammten aus einer Kinderspielzeug-produktion und quietschten beim drücken, dadurch hörte jeder, ein     EK !

 

Abschneiden ließen wir am liebsten einen Springer, welcher sich dabei hinzuknien hatte und nun den täglichen cm mit Andacht abschnitt .

 

Ein Kamerad vom Zimmer hat nach der Armee seine Cousine in Ungarn geheiratet, er erzählte mir, dass er versehentlich in Ungarn an der Grenze zu Österreich, schon in Österreich war . Das merkte ich mir, man weis ja nie . Er hat in einer Fabrik gearbeitet die Kunstleder herstellte, seine Eltern schickten mir einige Meter davon nach Hause . Meine Frau ist Schneiderin und wir hatten für einige Jahre modische Kleidung hiervon .

 

 

 

In einem der letzten Urlaube durften wir Zivilkleidung mitbringen, um für die Entlassung gerüstet zu sein . Wir gingen nun mehrmals über den Zaun, unser Zimmer lag direkt an der Straße und somit sahen wir den Posten ein . Vor allem wer da lief war wichtig, um nicht auf einen Dienstgeilen zu treffen, wir trafen Absprachen mit einigen, so ist es nie zu Problemen gekommen . Der Zaun war etwas über einen Meter hoch und stand auf einem kleinen Mauersockel, somit kein Hindernis . 1998 stand er noch, aber ein Neuer höherer war einige Meter dahinter aufgebaut . Die Bundeswehr stellte den wahrscheinlich auf, damit keiner einbricht . 

 

Der Wachhabende auf unseren Flur war schon eher ein Problem, unser Fenster lag zu hoch wegen einer Kellertür unter uns . Das WC - Fenster, uns auf dem Flur gegenüber, lag nur etwa 2,50 m über dem Gras und an der Hauswand befand sich noch ein kleiner Sims, zum hochsteigen gut geeignet . Wir mussten nur den Wachhabenden auf dem Flur beachten, der etliche Meter weiter vorn an der Waffenkammer saß und ihn glauben lassen wir kommen aus der Toilette, falls er überhaupt etwas merkte . Eines Nachts kam ich erst zum Sonnenaufgang zurück und hatte, da ich ohne Uhr war, Angst die Kaserne währe schon beim Frühsport .

 

Es lief jedoch noch keiner herum, aber mich konnte jeder laufen sehen, besonders die Offiziere . Gegenüber an der Straße standen für die Offiziersfamilien Wohnhäuser und vor Dienstbeginn könnten sie zufällig aus dem Fenster schauen .

 

Ohne gutes Gefühl näherte ich mich auf der Straße gegenüber unserem Gebäude und sah den Posten im Gebüsch schlafen, ca. 15 m von dem Abortfenster entfernt . Auch leichtsinnig von ihm, direkt gegenüber von den Fenstern der Wohnungen zu schlafen, ich rannte nun über die Straße, sprang über den Zaun, lief die wenigen Meter bis zum Gebäude und sprang hoch ins Abortfenster, welches immer offen stand . Ein kurzer Blick aus der Tür den Flur runter und am Tisch schlief der Wachhabende, somit kam ich schnell ins Zimmer und war sicher . Beim Blick aus dem Fenster sah ich den Posten gerade noch seine Sachen richten und den Streifengang aufnehmen, er war durch mich geweckt worden, ohne zu merken was los war .

 

 

 

Unser Zug musste mit einem neuen Zugführer, welcher vorher strafversetzt und degradiert worden war, noch einmal zu einer Übung ausrücken . Ich selbst war wegen " Krankheit " nicht beteiligt, erfuhr nach Rückkehr der Kameraden aber folgendes . Entgegen der Vorschrift ging dieser Zugführer mit unseren Zug in eine Kneipe feiern, mit den Worten, " wir benehmen uns hier wie deutsche Soldaten ! " Zum Ende des Abends muss diese Kneipe in schlimmer Verfassungen zurückgeblieben sein . Es soll wohl eine Schlägerei, mit demolieren der Einrichtung, stattgefunden haben, zum Glück ist nichts nachgekommen .

 

 

 

Als ich verlängerten Ausgang hatte, besuchte meine Frau mich ein Wochenende in meinem Standort (der Spieß war inzwischen ruhiger). Im Hotel der Stadt schliefen wir und da sie mir Zivilkleidung mitbrachte, ging ich mit ihr in Zivil spazieren . Um ihr unsere Kaserne und mein Zimmer zu zeigen, liefen wir dort vorbei und trafen auf einen unserer Offiziere . Mir ging der Arsch, aber der hat mich nicht erkannt (oder wollte nicht), sonst währe die ersehnte Nacht mit meiner Frau ausgefallen .

 

 

 

Mit meinem Kumpel (der unter mir schlief) hatte ich beschlossen nach der Armeezeit zur Wismut zu gehen . Sein Bruder war schon Bergmann (Hauer) und hatte gerade wieder nach seinem Wehrdienst die Arbeit aufgenommen . Der Vater von den beiden war wegen Silikose  Teilrentner, wodurch uns klar war wie gefährlich der Job ist . Deshalb beschlossen wir, nur solang zu bleiben bis ein Auto und Wohnung geschaffen war . Kurz vor der Entlassung,      bekamen wir für die Arbeitssuche noch mal Sonderurlaub, gingen zur Wismut wegen einer Einstellungsuntersuchung und unterschrieben den Arbeitsvertrag . Ich musste nun eine erneute Ausbildung machen, hatte aber schon mehr Selbstvertrauen als früher, machte mir jedoch Gedanken wegen meiner Vorbildung .

 

 

 

In Gotha besprach ich mit dem Psychiater das Ergebnis meiner Behandlung, der bescheinigte mir den IQ eines Oberschülers und riet mir, im Bergbau eine Steigerausbildung zu machen . Im Moment konnte ich das alles nicht einordnen, war mir aber bewusst, es traf zu was ich schon lange vermutete, ich bin nicht blöd . Misstrauisch sei ich noch, damit hatte er recht !

 

 

 

Am Tag der Entlassung musste Einer aus unserem Zimmer, wegen einer Strafe, noch einige Stunden länger bleiben, der organisierte Bus fuhr ohne ihn ab .         

 

Wir anderen bestiegen den von uns bestellten Sonderbus und es warteten bereits Bierkisten darin, auf der Fahrt wurde die Freiheit gefeiert und am Nachmittag kamen wir in der Kreisstadt an . Ich fuhr gleich nach Hause und hörte später das noch Probleme auf dem Bus-bahnhof auftraten, weil einige zu voll waren und wohl einen Polizeieinsatz provoziert haben .

 

 

 

Endlich, die schlimmste Zeit meines Lebens war überstanden !

 

 

 

Im nachhinein besehen habe ich viele Menschen kennen gelernt , vom Humansten über Sadisten bis zum Dümmsten war alles dabei . Verzichten würde ich darauf gern, musste aber hindurch .

 

Wenn man die Zeilen liest und dabei denkt, dass uns alles recht geschehen ist, da wir uns oft daneben benahmen, dem sei gesagt, es war unsererseits nur eine Gegenreaktion . In der Nähe des Heimatortes und mit ständiger Verbindung zur Familie (wie zum Beispiel heute, bei der Bundeswehr) hätten wir mit Sicherheit anders und vernünftiger gelebt .

 

Die Machthaber wollten uns anpassen und disziplinieren, es ist ihnen nicht gelungen .

 

 

 

Im Moment der Entlassung stellte sich ein Gefühl von Freiheit ein, was jedoch für Menschen, wie ich einer bin, nur von kurzer Dauer ist . Die Suche nach dem " Sinn " ging weiter !

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                               Bei der Wismut

 

 

 

Nach der nun gewonnenen Freiheit machten wir erst mal 14 Tage frei, heute fragt man sich warum haben wir damals nicht 2-3 Monate frei gemacht ? In der DDR ging man aus der   herrschenden Moral heraus, eben arbeiten (Arbeit war Pflicht), vom 3. Reich ging die Bevölkerung direkt in die nächste Diktatur hinüber . Somit waren die alten bewährten Regeln noch gültig, weswegen wir als nächste Generation immer ein schlechtes Gewissen hatten, weil wir dagegen rebellierten .

 

Mit dem Kumpel von der Armee fuhr ich mit meinem Motorrad einige Male in der Gegend herum und wir haben auch mal was " getrunken ". Dabei flogen wir einmal mit der Maschine auf die Schnauze, zum Glück ging diese Phase schnell vorbei .

 

Wir begannen Mitte November auf dem Schacht 366 unsere Arbeit, als Lehrhauer bei der SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche-Aktien-Gesellschaft Wismut) . Es wurde für die Sowjetunion Uranerz abgebaut und viele tausend Menschen waren dort beschäftigt, die als Hauer etwa das doppelte eines normalen Facharbeiters an Lohn erhielten .

 

In der Firma bekam man auch noch einige Vergünstigungen, je nach Leistung der Brigade 4-8 Flaschen Schnaps im Monat, in der Schachtkantine Obst und andere Mangelwaren, sowie in bestimmten Geschäften extra Waren für weniger Geld auf  Talons .

 

Die Schachtküchen gaben auf Untertageessenmarken doppelte Fleischportionen heraus und die ganze Familie profitierte davon, da wir auch mit den Angehörigen dort Essen gingen .

 

Auf der Arbeit gab es für die einfahrenden Kumpel täglich Frühstücksbeutel mit Wurstbroten und Obst, eine Kaffeeküche sorgte mit Getränken für den Durst, so dass wir ohne jegliche Vorsorge auf die Schicht gingen, alles war vor Ort erhältlich, auch unsere Trinkflaschen . Das Obst reichte sogar noch für die Kinder zu Hause, ich nahm alles mit was übrig war .

 

Die Arbeitskleidung und Unterwäsche gehörte dem Betrieb und wurde täglich gewaschen und neu ausgegeben . Trotzdem nahmen die meisten doch noch eine " Schießertasche " (Ledertasche, die für Zünder und Sprengpatronen gedacht war) mit zur Arbeit, in der Regel um darin Holz, für den Ofen zu Hause, mitzunehmen .

 

Urlaub bekamen wir später fast 8 Wochen im Jahr (je nach Jahre der Zugehörigkeit) und 2 mal Prämie . Immer wenn man 1 Jahr voll hatte und die Jahresendprämie, die in der DDR bei Planerfüllung ausgezahlt wurde, die Wismut hat immer den Plan erfüllt . So brauchte ich unseren Auslandsurlaub nicht ansparen, sondern nur die Prämien weglegen .

 

Zur Wismut gehörte ein eigenes Gesundheitswesen, mit Polikliniken am Schacht und modernen Krankenhäusern, sowie Kureinrichtungen in der Umgebung . Ein Fuhrpark mit Bussen, die im Umkreis bis ca. 50km Menschen kostenlos zur Arbeit transportierten . Ein eigenes Werk in dem Berg-Maschinen entwickelt und hergestellt wurden und es gab eine Schachtpolizei, man sagte, es war ein Staat im Staate, was auch zutraf .

 

Die Wartezeit auf einen PKW betrug damals 4 Jahre und wer einen neuen bekam verkaufte den alten mit Gewinn und behielt extra noch Geld über . So finanzierte sich das 2. Auto schon allein und ein Urlaub war noch zusätzlich drin . Gute Zeiten, waren für uns in Aussicht . Auch besaß die Wismut eigene Wohnungen und die waren knapp in der DDR, viele Jahre Wartezeit und nur Verheiratete kamen überhaupt auf die Listen .

 

Die Sowjetunion machte mit der DDR bei der Wismut einen beispielhaften Kommunismus vor, aber eben nur auf diesen Betrieb begrenzt . Uns sollte es recht sein und wir fuhren "Ein". Da standen wir nun im Förderkorb und es ging zur 1. Schicht, auf die Hauptsohle des Schachtes 366, in 540 Meter Tiefe, danach noch über einen Blindschacht auf eine andere Sohle . Im Dunkeln und bei hoher Luftfeuchtigkeit begannen wir, mit " ausgemusterten " Hauern eine angehobene Schiene tiefer zu legen, welche der Gebirgsdruck hochgehoben  hatte . Noch nie eine Keilhaue in der Hand, plagten wir uns sehr und unnötig, der Anfang ist eben schwer und mit einer Schaufel im Fels zu schaufeln, kann jeder selbst probieren . Ich wollte nach Hause, dass war nichts, dachte ich . Mein Kumpel war in der Armee schon ehrgeizig und machte hier damit weiter, am nächsten Tag ging ich wieder hin und so begann es dann Gewohnheit zu werden, ohne das man es merkte . Später habe ich immer gesagt,         " So eine, wie die 1. Schicht, möchte ich noch mal haben " . Es ist eben alles relativ, im Moment unmöglich erscheinendes, ist später nicht der Rede wert .

 

Da wir nun einige Neue waren, die alle nach dem Wehrdienst anfingen, wurde eine Lehrbrigade aufgemacht . Es begann eine echte Bergmannsarbeit, nur mit geringerer Norm als die richtigen Brigaden . Wir bohrten Sprenglöcher, " Schossen " und förderten alles ab, bauten aus und es begann von neuem . Alte Hauer brachten uns das nötige Wissen bei, nun machte alles schon richtig Spaß . Man sah ein Ergebnis und wusste warum man etwas tat, dadurch ist die Tätigkeit und die Zeit dafür besser einzuschätzen, was alles leichter macht .

 

Mein Kumpel war von den Maschinen kaum wegzubekommen, ich musste fast betteln um auch arbeiten zu dürfen . Am Anfang bekam man schon noch Bedenken, ich arbeitete einmal allein in einem 30 m langen Stollen (einer Teilsohle von 0,80m Breite und 2,0m Höhe) und überlegte, " wenn jetzt hinter dir alles zusammenbricht, kommst du nie wieder raus ". Mit der Zeit ist alles Gewohnheit und kein Gedanke wird mehr daran verschwendet .

 

Zu Hause wohnten wir zu dritt in einem Zimmer bei den Schwiegereltern und da waren noch 2 Geschwister, einer schlief bei den Eltern im Zimmer und die Schwester schlief mittlerweile in der fensterlosen Abstellkammer . Wir standen schon auf der Wohnungs-liste der Stadt, jedoch lag noch eine jahrelange Wartezeit vor uns, wir wollten auch gern in dem Ort bleiben .

 

Zum Jahreswechsel meinte ich an die Krankheitserfahrungen der Armeezeit anknüpfen zu können und ging, um bis Neujahr frei zu haben, zum Arzt . Ich hatte gemerkt, dass ich mit Magenproblemen immer gut gefahren bin, was lag näher, als nach Weihnachten mit kranken Magen zum Arzt zu gehen ? Ich schilderte mein " Anliegen " und zu Silvester lag ich in Erlabrunn im Wismutkrankenhaus, auf der Quarantänestation . Unter Ruhrverdacht allein, da alle über die Feiertage zu Hause waren, und nur eine alte beleibte Nachtschwester wachte über mich . Um 00°° weckte sie mich zum " Anstoßen ", seit dieser Pleite sind meine über Jahre andauernden Magenprobleme geheilt gewesen .

 

Im Garten baute ich 1972 die Laube nochmals um, der Schwiegervater besorgte Holzböden aus der Firma, die ich zu einem Flachdach auf der Laube umarbeitete . Der Garten bekam eine Terrasse, an der Laube wurde noch ein Geräteschuppen mit Plumpsklo angebaut, nun waren wir für alles gerüstet . Meine alte Laube stand bestimmt schon 20 Jahre und war vorher ein Ziegenstall gewesen, die Substanz behielt ich im großen und ganzen bei und nach über 30 weiteren Jahren, wurde sie erst kürzlich von den Schwiegereltern abgerissen . Ich habe nie geglaubt, dass Holz so lange hält, zumal es nur auf losen Ziegelsteinen gesetzt war . Im Garten bauten wir Gemüse an und besonders Salat, von dem ich Unmengen essen konnte . Unser Sohn lief schon lange selbstständig und konnte nun im Sandkasten spielen, sich auch allein im Garten bewegen, was für alle günstig war . Im Verein musste ich 20 Stunden im Jahr gemeinnützige Arbeit leisten, ich kellnerte also zum Gartenfest . Nach 16 Stunden sah ich zu Hause in den Spiegel und habe mich kaum erkannt, den ganzen Tag gelaufen und ständig noch selbst getrunken . Tödlich ! Es blieb zum Glück, das einzige Mal .

 

 

 

Im Keller hatte ich eine Werkstatt und Sitzgelegenheiten eingerichtet und mir ein Ladegerät selbst gebaut, was für die DDR Batterien auch nötig war . Wenn im Herbst der Wein aus gelben Pflaumen gemacht war, befand sich immer jemand zum reden und trinken im Keller . Mein Wein war ein starker Trunk, ich habe einige " Filmrisse " durch ihn erlebt . Im Haus wohnte ein Polizist, der gern und immer Alkohol trank, einmal schaute er beim Kohlen holen herein und trank eine knappe Flasche aus . Trotz seines " Trainings ", hörte man ihn danach mit seinen Kohleneimern an den langen Kellerflurwänden " entlang poltern ". Er ist sehr zeitig wegen seiner kaputten Leber gestorben, oft hat er im Dorf die Kinder angehalten und Mängel an den Fahrrädern beanstandet . Später ist er Nachts mit seinem Fahrrad ohne Licht und schwankend zur Nachtschicht gefahren . Es war damals in den Orten immer jemand der privat Flaschenhandel in einer Garage oder ähnlichem betrieb, auch an Sonntagen . Dort oben habe ich ihn immer stehen sehen, im Winter so zitternd, dass er zum trinken die blauen Lippen kaum fand .  

 

Mein Schwager war nun in der Pubertät und begann zu Trinken, ich habe ihn einmal aus dem Bad holen müssen, weil er nicht mehr reagierte . Er saß auf dem WC und schlief ohne aufzuwachen, als wir klopften . Durch das Schlüsselloch sah ich ihn und drehte mit einer Pinnzette den Schlüssel, um ihn durchstoßen zu können . " Dietriche " hatte ich im Keller und nun   konnten wir ihn befreien .

 

In dieser Zeit zog ich angetrunken mit ihm einmal los, wollte ihm zeigen was wir " früher " so drauf hatten . Wir gingen hinter den Mädels her die vom Tanz nach Hause wollten und als diese zu Hause im 1.Stock Licht machten, zeigte ich ihm was " Fensterln " ist . Auf der Straße gegenüber war ein Gerüst aufgebaut und eine Leiter dabei, ich legte sie an und wollte ihm vormachen wie er sich bemerkbar machen soll . In dem Moment ging das Fenster auf und eine alte Frau (früher waren Mütter für uns alt) fragte was ich wolle, ich sagte so was wie " Fensterln " und rutschte die Leiter herab, nach wenigen Sekunden waren wir verschwunden . Er hat mich jetzt nach Jahren erst wieder daran erinnert, er scheint sich das gemerkt zu haben, muss also interessant gewesen sein .

 

In Annaberg habe ich mir in einem Laden Zaubertricks gekauft, er gehörte einem stadtbekannten Typ  (Zauber-Soldau glaube ich) und er soll auch große Tricks fürs Fernsehen erstellt haben . Auf der               " Annaberger Kät ", einem großen Volksfest, lief er mit einer Dohle auf der Schulter herum und schwarz gekleidet mit schwarzem Hut . Es ist unglaublich, wie einfach und wirkungsvoll solche Tricks sind, man muss nur wissen wie es geht . Mein Kumpel Willi war mal an einem Wochenende mit seiner Frau bei mir zu Besuch, er versuchte die ganze Nacht hinter die Dinge, welche ich ihm kurz zeigte, zu  kommen . Er wollte selbst dahinter kommen, ich verzweifelte fast und wollte es ihm verraten, der wollte es nicht . Im Morgengrauen gab er sich geschlagen und staunte dann, über die Einfachheit der Tricks . Einiges besitze ich noch davon, wichtiger ist aber das Wissen da-  rüber .

 

Auf dem Schacht mussten wir im Sommer 6 Wochen auf  die Wismuteigene Schule gehen, was mir wegen meiner Vorbildung Bedenken machte . Wir schafften jedoch alle den Abschluss und machten eine Fahrt nach Freiberg in die Bergakademie, um dort die berühmte Mineraliensammlung anzusehen . Ich war beeindruckt von der Schönheit der Schöpfung, die in den Kristallstufen besonders schön zur Geltung kommt . Anschließend gingen wir in den Ratskeller, tranken auch genügend und da mir die Kellnerin gefiel blieb ich allein zurück, sie meinte, ihre Schicht währe gleich um . Nachts fuhr ich, mit schlechtem Gewissen, im Zug nach Hause .

 

Wir begannen nun auch in unseren neuen Brigaden zu arbeiten, jeder wo anders . Man war nun erst mal Handlanger eines Hauers und hatte sich zu fügen und zu bewähren, mein neuer Kumpel war, wie jeder Erfahrene, für Neues unaufgeschlossen . Wir hatten einiges gelernt und die alten Hauer waren zum Teil ohne Theorie ausgebildet, was zu Diskussionen führte bei denen man nichts erreichte . Es fielen Sätze wie, " Riech du erst mal da hin, wo ich schon hingeschissen habe ! ". Also besser Schnauze halten und mitmachen . Nach dem man sich durch den sogenannten Einstand ins Drittel einkaufte und dabei schön mittrank, gehörte man schnell dazu . In der Küche befand sich eine Kantine, nach der Schicht wurde von fast allen Kumpels dort ge-gessen . Laut Plan war immer ein anderer  mit Bier und Schnaps holen dran . Wenn man mit dem Essen vom Schalter kam, stand der Tisch schon mit Alkohol gedeckt da . Nach dem Essen gingen wir, an der Bushaltestelle, in die andere Kantine um das gleiche an Alkohol zu verzehren . Dann fuhr der Bus nach Schlema, auf den großen Gummibahnhof war ebenfalls eine Kantine und meist noch ein wenig Zeit bis zur Abfahrt der letzten Busse, die ebenfalls nicht ungenutzt vorüber ging . Die Busse sahen dann meist aus als wenn niemand darin sitzt, weil die Kumpel zusammengesackt auf den Sitzen schliefen . Nur zur Frühschicht hatte man Schonzeit, weil vermutlich die Ehefrauen und Nachbarn ihre Bergleute nicht so sehen sollten . Nach dem ich mir meinen " Stand " in der Brigade geschaffen hatte, fuhr ich mit dem Motorrad auf Arbeit, um der Sauferei zu entgehen . Die Busse waren Werkseigene und kostenlos für uns, jedoch bin ich nach Möglichkeit nicht mitgefahren . Zumal ich nach einmal ange-fangenen Trinken, schlecht aufhören konnte .

 

Geld gab es damals noch 2 mal im Monat, direkt auf dem Schacht nach der Schicht am Schalter in Lohntüten ausgezahlt . Die Urlauber und Kranken sah man dann extra dafür mit dem Bus anreisen . Später gab es den Lohn auch nur noch einmal im Monat und direkt aufs Girokonto .

 

Eines Tages ging ich nach dem Schießen (so hieß das Sprengen) vor Ort und sah meine erste Druse (ist ein mit Kristallen gefüllter Hohlraum) . Eine graue Kalzitstufe von etwa 12cm war mein erster Fund und die behielt ich bis zur Ausreise im Schrank . Mein Auge suchte immer den Gang nach eventuellen Drusen ab, dadurch schuf ich mir mit der Zeit eine schöne Sammlung . Die Steine gehörten dem Staat und sollten abgegeben werden, unvorstellbare Dummheit der Verfasser . Ein Bergmann soll Stufen für andere bergen, viele haben deshalb sogar Drusen mit der Bohrstange zerstört, um nichts übrig zu lassen . Im Normalfall nahm man alles mit, nur was zu Groß war, blieb unten oder wurde auch mal abgegeben, dafür gab es je nach Wert, Geld . Auf dem Schacht stand am Eingang unsere Wismuteigene Polizei und hatte das Recht alle zu kontrollieren und nur mit dem eigenen Schachtausweis (Lichtbild) kam man raus oder rein . Ich habe ihn einmal vergessen, darauf musste mein Reviersteiger mich am Posten abholen und nach der Schicht hinausbegleiten .

 

Wir wurden nach Leistung bezahlt, was tatsächlich zu Unterschieden im Lohn führte, so betrug der Lohn pro Monat von ca.1000 Mark in der " schwachen Brigade " bis zu 2000 Mark in einer Spitzenbrigade . Ich kam in eine " gute Brigade ", die im vorderen Drittel des Reviers lag . Am Monatsende wurde von den Markscheidern das                        " Aufgefahrene " gemessen und auf dem Seitenriss in Metern umgerechnet, diese nun in Geld, dann stand der Lohn fest . In Ausnahmefällen konnte der Normierer etwas zugeben, wenn zum Beispiel Bruch oder andere nachvollziehbare Behinderungen aufgetreten waren . Dabei spielte das Verhältnis vom Brigadier zum Normierer eine große Rolle, weswegen auf unseren Brigadeausflügen immer der Normierer mit eingeladen wurde .

 

Einige der Spitzenbrigaden bewegten sich wirklich beim Fördern im Laufschritt, machten auch keine Pausen . Wir arbeiteten normal, was heißt, auch mal ohne Pause wenn es schlecht lief, jedoch auch mit Ruhephasen bei guten Schichten . Arbeiten ist relativ, im Volk draußen wusste jeder, dass bei der Wismut hart gearbeitet wird, auch das es gefährlich war und Gesundheitsschädlich . Somit ging kein " Fauler " oder " Schwacher " in den Schacht, deshalb befanden sich fast nur " harte Arbeiter " unter Tage . Wenn man welche in der Brigade hatte, die den Hals nicht voll bekamen, gab es bei der täglichen Schichtablösung häufig Streit und selbst Schläge drohte man sich an . Worte wie " Ihr faulen Schweine ", waren normaler Umgangston . Wir hatten nur einige Zeit mit 2 solchen Hauern zu tun, einer ging später in eine Spitzenbrigade, der andere bekam Kreislaufprobleme, als ich schon im Westen war . Es kam im normalen Schichtbetrieb auch so noch zu vielen Streitereien, die jedoch schnell vergessen waren . Besonders in der Kantine nach der Schicht vertrug man sich wieder und baute den entstandenen Stress, beim Bier, ab . Jeder achtete auf unseren gewohnten Verdienst und wer es nicht schaffte, ging aus der Brigade oder war nur Handlanger des Hauers . Die wurden auch gebraucht, weil sich der Drittelführer dann wichtiger fühlen konnte, was wiederum dessen Ehrgeiz anstachelte und der Brigade zu gute kam . Ich hatte auch den nötigen Willen zur Macht und wurde später ebenfalls Drittelführer, voraus ging aber einige Bewährungszeit .

 

Ein Brigadier aus unserem Haus hat einen Parteisekretär " vor Ort " ins Gesicht geschlagen, die Brigade spielte gerade " verrückt " und war im Stress . Nun hat der Parteisekretär wohl ein unbedachtes Wort gesagt und bekam die Quittung, dem Brigadier ist nicht viel passiert, vermutlich ein Verweis, sonst wüsste ich es .

 

Auf unserem Schacht arbeitete im Büro ein Volkskammer-abgeordneter, der kümmerte sich gern um Belange der Kumpels, was vermutlich seinen Machtinstinkt befriedigte . Ich bat ihn um Hilfe bei der Wohnungssuche im Ort meiner Frau, er ging wirklich in die Gemeinde, ohne Wohnungen gibt es aber auch keine und er war ohne Erfolg . Nun bestellte er mich nach der Schicht einmal zu sich, er vertrat gerade den Wohnungsvergabechef unseres Schachtes . Er sprach zu mir, ich solle mir doch in Schlema eine Wohnung ansehen und riet mir sie zu nehmen, ehe sie anderweitig vergeben wird . Nun überlegte ich mit meiner Frau nicht lange und wir zogen ein, hauptsächlich wegen des Bades in dieser Wohnung . Ohne auf der Vergabeliste zu stehen, bekamen wir sie . Eben weil ich mich               " gekümmert " hatte und Leute ansprach, die Möglichkeiten besaßen zu helfen .

 

An ein Kinderzimmer war mit nur einem Kind nicht zu denken, wir erwarteten gerade das 2., was nur noch den Wunsch nach einer eigenen Wohnung verstärkte . Im Herbst 1972 zogen wir ein, meine Frau fuhr noch bis zum Jahresende von ihren Eltern aus zu ihrer alten Arbeitsstelle . Ab Neujahr 1972-73 blieb sie wegen der bevor-stehenden Geburt zu Hause, in der neuen Wohnung . In dieser Wohnung wurde in unserer Kammer ein Doppelstockbett für die Kinder aufgestellt, womit wir erst mal gut zurecht kamen . In der Stube stand ein Kachelofen, wofür Kohlen in den Keller mussten und der Badeofen wurde mit Schachtholz geheizt, die Kumpel mit Ofenheizung zu Hause nahmen täglich Holz mit, zum Teil auch gehackt . Es wurde von manchen Astfreies bevorzugt und mitten aus dem Stamm geschnitten . Der Rest war wertlos, weit unter die Erde ist das Holz transportiert worden, um dann wieder  als Feuerholz zurück zukehren .

 

Unseren Garten gaben wir den Schwiegereltern, die uns als Ausgleich eine Waschmaschine kauften, jedem war nun geholfen und später hatten wir auch noch etwas vom Garten . Zur Arbeit war es auch nicht mehr so weit, da es zum Schacht keine 1000m Luftlinie waren . An einem Sonntagmorgen meinte meine Frau, ich solle den Krankenwagen rufen, es sei soweit . Zu unserem Wismutbusbahnhof waren es nur wenige Meter und der Aufsichthabende wurde                 " geweckt " um zu telefonieren . Er rief an und meine Frau wurde in die Kinderklinik gefahren . Auch ohne Telefon wusste man sich früher zu helfen . Unsere Tochter war ein Sonntagskind und wir sehr Stolz, zumal sie später eine " Prinzessin " mit langen lockigen Haaren  wurde .

 

Beim spazieren gehen, werden die Kinderwagen gern mal vor sich hergeschupst und sehr zur Freude der Kleinkinder . Ich stieß auch wiedereinmal den Wagen fort, auf den Wegen befanden sich schräge Ablaufrinnen in den Seitengraben, daran stockte das Rad und der Kinderwagen kippte nach vorn um . Unser " Stolz " lag auf dem Weg, zum Glück mit dem gesamten Bettzeug und ohne Verletzungen . Daraus lernt man, sollte es zumindest .

 

Unser Sohn sollte nicht im Hausflur spielen und hörte nicht auf uns, er ist auf der Treppe gestürzt und hat sich das Kinn aufgeschlagen . Blut erschreckt einen immer, am eigenen Kind besonders, es ist jedoch nicht zu vermeiden, alles dies gehört zum Leben und bringt Erfahrungen mit sich . Ansonsten entwickelte unsere Tochter andere Verhaltensweisen, als unser Sohn, sie war eigensinnig und was sie nicht wollte tat sie immer lautstark kund . Unser Sohn eher anschmiegsam, sie wollte weniger eingeengt werden . Vom Aussehen sehr ähnlich, im Charakter vollkommen verschieden . Eben zweierlei Geschlechter !

 

Da mein Sohn gern seine Grenzen austestete und immer an unserem Kachelofen spielte, wobei er meine Warnungen in den Wind schlug, sagte ich ihm, er solle ruhig mal an die heiße Ofentüre greifen und er tat es . Er verbrannte sich die Fingerspitzen, jammerte herum und ich sagte ihm, dass er mir nicht glauben wollte, dass ein Ofen gefährlich ist . Für lange Zeit nahm er meine Warnungen sehr ernst und mein gewolltes " Schocklernen " hatte hierbei einen weiterreichenden Sinn .

 

Als er im Alter von etwa zwei bis drei Jahren seinen Schnuller (bei uns " Hudel " genannt) nicht mehr nehmen sollte, überredete ich ihn, diesen in den brennenden Ofen zu werfen . Ich lobte ihn nach der Tat, weil er ja nun alt genug ist und ohne diesen ins Bett gehen kann . Abends maulte er dann doch eine Weile umher, aber er gewöhnte sich schnell an diesen Zustand und kam seitdem ohne ihn aus .

 

Eines nachts als wir alle schliefen, knallte es und unser Sohn fing an zu schreien . Er schlief im Doppelstockbett oben und drehte sich nachts des Öfteren in dem großen Bett um sich selbst, dabei muss er die Leiter verschoben haben und später dann aus dem Bett gefallen sein . Er passte genau zwischen dem Bett und den Nachtschrank, in eine 30-Zentimeter-Lücke und war zum Glück unverletzt . Er schrie lange und wir ließen ihn dann in unserem Bett einschlafen, nicht auszudenken, wenn er auf die scharfe Kante des Nachtschrankes gefallen wäre . Ich besorgte sofort ein Brett und schraubte es zusätzlich vor die Leiter, daraufhin gab es nie wieder einen Zwischenfall . Aber solche Sachen müssen erst passieren, ehe man etwas daraus lernen kann, alles vorherzusehen, ist in jungen Jahren nicht möglich . Später ist man natürlich in der Lage,                             " Vorauszudenken ", aber eigentlich müssten die Leute in der Industrie so weit denken können, und sichere Betten herstellen .

 

 

 

Als meine Tochter und ich an einer Grippe erkrankt waren und hohes Fieber hatten, wollte meine Frau die Tochter mit einem Krankenwagen abholen lassen, um sie in die Kinderklinik zu bringen . Anrufen sollte unser Wismutambulatorium, die schickten meine Frau wieder weg, mit den Worten, " sie könnten nicht ins öffentliche Netz telefonieren ". Da sonst kaum Telefone vorhanden waren ging unnötige Zeit verloren, was mich beim nächsten Arztbesuch einen Krach im Ambulatorium machen ließ, wobei die Schwester zu weinen anfing . Der Arzt wollte mir dann noch ernsthaft erzählen, dass sie wirklich nicht nach " draußen " anrufen könnten . Ein vollkommen unnötiges Geschwätz, er meinte dann noch, ich sei auch nicht zu Krank usw. . Tatsächlich ist es bei mir so, dass wenn ich Fieber habe mein Körper vollkommen mit der Beseitigung der Krankheit beschäftigt ist und ich restlos am " Boden " bin und zu keiner Handlung fähig . Dafür bin ich nach kurzer Zeit wieder " Fit ", vielleicht lernte er etwas anderes, aber es reagiert nicht jeder Mensch wie in Büchern gelehrt wird .

 

 

 

Kollegen gab es verschiedene Typen, der Brigadier haute den              " Oberen " die Taschen voll, wie wir sagten . Schauspielern war eine weit verbreitete Gewohnheit in der DDR, man gab sich politisch interessiert, was zu guten " Abbauen " und somit gutem Geld verhalf . Er kam oft sehr spät ins Bett, weil er in den Kneipen versackte und gern mit Frauen rummachte . Er arbeitete nur zur Frühschicht und sah dementsprechend am Morgen aus, mein Kumpel meinte dann immer,  " Dem, kannst du heute wieder die Augen mit dem Boxhandschuh rausnehmen " . Durch das Frühschicht fahren, kam er mit jeder seiner Schichten alle 3 Wochen direkt zusammen . Somit sah er, wer etwas konnte und wollte, zweifellos ein Vorteil im Arbeitsalltag . Er versuchte wenig zu arbeiten und teilte dafür die Leute gut ein, um große Leistung zu erhalten . Wenn gefordert, war er aber zu Leistungen fähig, wovon ich zeugen kann . Wenn er Verletzungen hatte ist er damit wie ein Kind herumgelaufen und zeigte sie jedem, er wollte bewundert werden wegen seiner " Härte " . Beim Ausfahren trug er dann den verletzten Finger hochgehoben und verbunden, gut sichtbar für jeden . Als ich mir den Arm aufschnitt und die Wunde ca. 1 cm tief war, meinte er, ich solle ein Pflaster holen und dann weiter bohren . Er wäre vielleicht umgefallen, ich rief die Aufsicht an und der Lockfahrer holte mich am Betriebspunkt ab . An allen Blindschächten und Sohlen warteten die Förderkörbe und Loks auf mich, damit fuhr ich aus . Kurz darauf war ich in unserem Ambulatorium und wurde genäht, ich sagte dem Arzt er möge die Tätowierung gut in Übereinstimmung bringen und er gab sich auch Mühe . Ein paar Tage krank, waren immer willkommen .

 

Ein anderer Kumpel war der Schwiegersohn unseres Reviersteigers und machte nebenbei Steigerschule, was 5 Jahre dauerte . Arbeiten konnte der nicht, ich als Neuer hatte das Ort bedeutend schneller abgebohrt als er und jede andere Arbeit brachte das gleiche Resultat . Aber ein Vorteil für die Brigade war dessen Schwiegervater und somit waren der Brigadier und er gute Freunde . Nach Jahren (inzwischen Steiger) war er mit einigen Kumpels in einer Kneipe und wurde bei homosexuellen Spielen mit einem anderen Brigadier in der Herrentoilette erwischt . Beide besoffen, der Brigadier war von ihm verführt worden und das war auf dem Schacht ein ungeheures Gesprächsthema . Der 1. schwule Bergmann, wir konnten nun auch einige Verhaltensweisen und Äußerungen von Früher einordnen . Er wurde zu seinem Schutz versetzt, er als Steiger, und es war nur eine Frage der Zeit bis auf dem anderen Schacht alles bekannt wurde . Geschieden von der besagten Steigertochter und ohne Freunde, benahm er sich gegenüber den Kumpels als großer " Könner " des Bergbaus (mit Sprüchen wie, " Ich war auch mal Hauer ") . Wodurch er nur noch mehr verhasst und gehänselt wurde, wir kannten ihn besser . Jahre später war er wieder bei uns eingesetzt und hatte schlechte Karten wegen seiner " Wichtigtuerei ", von mir bekam er kein Wort zu hören, nicht mal " Glück Auf " . Nicht wegen des Schwul seins, sondern wegen der unangemessenen Art seines Auftretens im Allgemeinen .

 

Inzwischen war ein anderer Handlanger an seine Stelle getreten, der ebenfalls nur unter Aufsicht arbeiten konnte . Der Brigadier brauchte immer einen, der zu Parteiversammlungen ging und Wandzeitungen erstellte . Dafür bekam die Brigade Wettbewerbspunkte gutgeschrieben, für die es wiederum bares Geld gab , in der Brigade-kasse wurde alles angespart und dann für Reisen und Tanzabende genutzt .

 

Fürs Ausbauholz einsparen, gab es auch Geld, was dazu führte das Holz nicht bestellt, sondern auf dem Lagerplatz direkt geholt, oder bei Nachbarbrigaden gestohlen wurde . Nie ist etwas eingespart worden, aber man hatte auf dem Papier einen Erfolg zu melden .

 

Bei einem Schonplatz auf dem Bauhof stand ich einige Wochen an der LKW-Waage und erlebte, wie mit neuen Eisenrohren der Schrottplan erfüllt wurde, ich wog die neuen Rohre als Schrott (stellte Belege aus) und dafür bekam dieses Revier eine Schrottplanerfüllungsprämie gutgeschrieben . In der DDR war Planerfüllung das Wichtigste, mit ungeheuren saudummen Auswüchsen . 

 

Der oben genannte Kumpel machte für den Brigadier die Sachen, für die sich sonst keiner hergab, so monatlich die Wandzeitung . Es war eine nutzlose Angelegenheit, die in der Schule begann und in Betrieben weitergeführt wurde, so auch Untertage an unseren Betriebspunkten . Dabei schnitt man meistens Zeitungsartikel aus, die auf rotem Tuch aufgesteckt wurden, schrieb noch irgendeine Verpflichtung, und das war es . Wie im Kindergarten und letztendlich interessierte es niemand, nur der die Wettbewerbspunkte vergab sah darauf . Lächerlich, und wir machten uns ständig darüber lustig . Bei den monatlichen Parteiversammlungen musste von jeder Brigade jemand anwesend sein, was wieder Punkte und Geld brachte, deshalb ging der besagte Genosse hin . Dafür durfte er in der Brigade bleiben und den gleichen Lohn wie jeder Hauer erhalten . In der Kampfgruppe sollten nach Möglichkeit ebenfalls einige sein, bei uns war es der Brigadier selbst . Dafür hatten wir einen vorderen Platz im Revier sicher und bekamen bessere Betriebspunkte, wo wiederum mehr verdient werden konnte .

 

Uns andere ließ das alles ziemlich kalt, nur der Brigadier sorgte sich um das Geschehen, neben der allgemeinen Arbeit . Wir brachten unsere Leistung und wenn es gut lief, machten wir auch eher Schluss . Wichtig war nur, nicht aus der Reihe zu tanzen, dann hatte man seine Ruhe .

 

Wir sind ca. 1974 auf den Nachbarschacht 371 umgezogen, der ging direkt bis auf die Sohle -990 und ist nach meinem Wissen, der tiefste Erzschacht Europas gewesen . Über verschiedene Blindschächte erreichte er später fast 2000m Tiefe . Man soll im Gebirge, in Bohrlöchern über 60° Wärme gemessen haben, wir hatten mitunter mehrere Kühlmaschinen hintereinander gestellt, um überhaupt arbeiten zu können . Und im Schacht befand sich ein riesiger Kühlraum, der alle " Wetter " (Luft) vorkühlte, dass alles verbrauchte Unmengen an Energie und konnte nicht rentabel sein . Die Russen wollten aber Erz und so holte man es  raus .

 

Mit einem Kumpel (er war etwa 6-7 Jahre älter als ich) arbeitete ich lange Zeit zusammen, er war gerade Drittelführer geworden und da wir beide bei der Arbeit " dachten ", sind wir immer ohne Probleme auf die gewünschte Leistung gekommen . Setzten uns danach hin und erzählten dies und jenes, vor allen die Politik war in der DDR das Thema schlecht hin . Es wurde viel durch die " Blume " gesprochen und immer viel gelästert und gelacht . Sein Vater war früher bei den Kommunisten und erzählte immer von den Prügeleien mit den Nazi-Anhängern im Ort . Dabei ging es nicht um Politik, sondern, man war in einem Viertel wohnhaft in dem gerade Kommunisten oder Nazis die Übermacht hatten . Diese Prügeleien wurden um Reviere geführt und aus Spaß daran .

 

Wenige Bergleute der Wismut waren für die Kommunisten, diese wurden dann jedoch ständig auf den Arm genommen, immer so das es zweideutig war und keiner uns was konnte . Nur ein Steiger, der nichts vom Bergbau verstand, drohte uns mit " Wir können uns auch woanders sprechen " ! Er soll für die Stasi gearbeitet haben, möglicherweise tat er auch bloß so, um ernst genommen zu werden . Ansonsten wahrte jeder den Schein und lachte sooft es eben  ging . Die Steiger haben früher in der Regel als Hauer gearbeitet, wer Ahnung hatte wurde für " Voll " genommen, die wenigen anderen machten kaum Ärger . Ehrgeiz steckte in den Hauern genug, deshalb waren die Steiger für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zuständig . Sie vergaben täglich Noten im Brigadebuch, wie in der Schule, mit drei mal Note 4, war ein monatlich ausgesetzter Zuschlag gestrichen . Geld war wichtig und so versuchte man mit dem Steiger gut auszukommen, meist gelang es, da sie ehemalige Kumpels waren .

 

Es wurde unter uns Kumpel und den Steigern grundsätzlich das Du als Anrede gebraucht, dadurch litt in keinem Fall die Hierarchie . Jeder der vom Bergbau Ahnung hatte ist anständig behandelt worden, andere verdienten es eben nicht . Besonderes Ansehen genossen Revier und Obersteiger, wenn sie ehemalige Kumpels waren, sie sind durch ihre Fähigkeiten aufgestiegen und konnten in kritischen Situationen sinnvolle Anweisungen geben . Einige durfte ich kennen und achten lernen, zum Teil umgab sie ein wahrer Mythos . Einer von denen ist nach Mosambik " delegiert " worden, da dort gerade die Kommunisten an der Macht waren sollte er deren Bergbau auf            " Vordermann " bringen, er kam nicht lebend  zurück und wir haben nie erfahren warum . 

 

Mit meinem Kumpel kam ich gut zurecht und wir trafen uns auch privat an Wochenenden . Seine Frau erzählte mir im Laufe der Zeit einige Begebenheiten von ihm, er kam einmal besoffen aus einer seinem Wohnhaus gegenüberliegenden Kneipe, mit Wunden und Prellungen . Auf die Frage was los war, erzählte er ihr, in der Kneipe hätten Einige ihn verprügelt . Sie ist in die Kneipe und wollte Rache nehmen (dazu war sie in der Lage), die Anwesenden sagten ihr nun, dass ihr Gatte einfach durch einen Gartenzaun gelaufen ist . Was der Wahrheit entsprach, die Ruine stand noch draußen .

 

Der Nachbar meines Kumpels reparierte auf seinem ehemaligen Bauerngut alte Autos, dabei hatte er immer etwas Waschbenzin (damit konnte man alte Viertakter billig fahren) oder Dieselfässer stehen und somit konnten gute Bekannte auch einmal bei ihm tanken . Dabei geriet er ins Visier der Kriminalpolizei, diese ermittelte wegen Steuerhinterziehung . Ein Kumpel von diesem hatte sich ein paar Tage vorher mit seinen " Sapo " überschlagen, als er in der CSSR Bier holen war . Diese Ruine von einem Auto, mit Glasscherben und Biergeruch gefüllt, stand nun auf dem Hof und wartete auf bessere Zeiten, als die Kriminalpolizei Hausdurchsuchung machte . Der Besitzer des Wagens war zufällig anwesend und als er merkte, dass die Kriminalpolizei sich für seine Ruine interessierte, sagte er dem Beamten, " Das ist mein Verblichener ". Andere Sprüche von diesem waren z.B., " Wenn ich beim Priester beichten würde, finge der an zu Wichsen ".

 

Aus dem gleichen Dorf ist ein anderer Trunkenbold mehrmals in den von der LPG verseuchten und stinkenden Dorfteich gefallen und mit Glück gerettet worden, er trug beim Ausgehen gern helle Anzüge . Sein Jammern im Teich wurde von späten Heimkehrern gehört, gestorben ist er jedoch trotzdem zeitig, ich weiß nicht mehr warum .

 

Zur Nachtschicht war es uns, durch die gegenseitige gute Ergänzung, möglich oft ein bis zwei Stunden zu schlafen, jedoch musste erst unser Ziel erreicht sein . Klappte etwas nicht, sind wir auch später Ausgefahren, sogar nach Ende der Seilfahrt . Schätzungsweise 2-3 mal in 12 Jahren fuhr ich mit der Förderung aus und einem dabei doppelten Tempo der Seilfahrt (ich glaube 16m pro Sekunde), dazu wurde die oberste Etage des Förderkorbes (von 4) benutzt und über Tage schaute man ins " Leere " aus dem Turm daraus, bis die Hunte in den unteren Etagen gewechselt waren .

 

Einmal im Jahr war für Jeden Reihenuntersuchung, dabei mussten wir zur Frühschicht ins Nachtsanatorium . Man wurde an Lunge und Gelenken geröntgt, beim Arzt begutachtet und ca. 10°° war die Schicht gelaufen . Das war wohl zu sozial und nach einigen Jahren führte man die Untersuchungen auf den Schächten durch, nach 2Std. Untersuchung musste man danach noch Einfahren .

 

Im neuen Schachtrevier ging unser guter " Stand " bald dahin, der neue Reviersteiger hielt nichts von Schauspielern . Er merkte das unser Brigadier ihn bei jeder Gelegenheit anlügt, wir vielen ins Mittelfeld zurück . Er war für die Hauer jedoch aufgeschlossen, sagte mir einmal,   " Wenn ich mich auf meine Hauer nicht mehr verlassen kann, bin ich aufgeschmissen ". In der Partei war er auch, jedoch ein Mensch der das Beste wollte, ohne zu verschleiern oder durch die rote Brille zu sehen . Auch noch bei meinem späteren Ausreiseantrag redete er vernünftig mit mir, andere, wie mein Brigadier, wollten mich da nicht mehr haben .

 

In Schlema konnte ich vom Wohnzimmer aus jeden Abend die bunten Lampen vom Gartenheim sehen, diese waren unter der Dachrinne regensicher angebracht . Da meine Frau abends zu ihrer Zeit müde wurde und auch am Sonnabend zwischen 22-23°° ins Bett ging, saß ich zu Ende des Fernsehprogramms (oft schon um 23°° in dieser Zeit) allein auf dem Sofa und schaute danach die Lampen an . Das Westprogramm hatte auch mitunter schon vor 24°° Schluss, meistens konnte es jedoch nicht gesehen werden, da Störungen das unmöglich machten . Dort war ein sehr schlechter Empfang und nur bei günstigen Wetterlagen Westfernsehen möglich . Diese Lampen waren etwa 100 m entfernt, um wenig Lärm zu machen, ging ich einige Male in den Pantoffeln noch dort hoch und trank bis ich voll war . Um die Frau in dem Glauben zu lassen, dass ich in der Wohnung bin, ließ ich den Fernseher laufen . Was aber eine sinnlose Sache war, da nach Programmschluss das Rauschen sie doch weckte und sie merkte das ich weg war . 

 

Der Wirt nahm die Polizeistunde nicht so genau, wir saßen mitunter bis Früh, nur war es immer gefährlich wegen der " Filmrisse ". Am nächsten Tag nicht zu wissen was los war, erzeugte in mir immer ein schlechtes Gewissen, ich hatte immer die große Schnauze und lästerte gern . Politisch konnte es zu meinem Ungunsten ausgehen, einmal habe ich einem Parteigenossen am Parteiabzeichen " gespielt " und der regte sich auf . Zum Glück " vergaß " er alles und ich kam gut aus der Sache raus, nach solchen Abenden ließ ich mich einige Wochen nicht in der Kneipe sehen . In den Kneipen war Politik ebenfalls dass Gesprächsthema, je nachdem wer gerade anwesend war, sprach man frei oder " durch die Blume ". Kam ein Fremder in die Kneipe, war erst mal auffällige Ruhe, erzählte der nun einen politischen Witz oder Vergleichbares, lockerte sich die Atmosphäre sofort und es wurde wieder Klartext gesprochen .

 

Auf dem Schacht arbeitete auch mein Kumpel von der Rennbahn (und Armeehelfer da er ein Jahr vorher eingezogen war und mir zeigte wie der Hase läuft), wir trafen uns Sonnabendfrüh zufällig nach der Nachtschicht in der Kantine, und beschlossen die alten Zeiten aufleben zu lassen . Er war ledig und wohnte in einem Wohnheim der Wismut, einige hundert Meter von mir entfernt . Wir zogen von dort Sonnabend Mittag schon besoffen los, in Richtung Rennbahn in die Stadt, soffen den Tag über weiter und gingen Abends zu Tanz . Nur waren wir aus einer anderen Zeit und fehl am Platz, Sonntag Früh liefen wir dann zu Fuß nach Hause, am Russenmagazin vorbei . Da wohnten von der Wismut die Russen mit ihrer Familie, mein Kumpel war ein Militärfan und begann dort im Exschritt zu laufen und sang,   " SA marschiert, die Reihen fest geschlossen ... ". Besoffen waren wir genug, jedoch war mir die gefährliche Situation bewusst und ich versuchte zu bremsen . Die 24 Std. Sauftour blieb ohne Nachspiel .

 

Im einem Haus auf der anderen Straßenseite wohnte ein Kumpel vom Schacht, ein aus der hallischen Gegend stammender und ein G für ein K sprechender Mensch (z.B. Gohlengeller) . Wir saßen an einem Sonnabend bei ihm, schon stark benebelt schlief er ein und seine Frau war im Bett, ich nun allein und wusste nicht was ich anstellen sollte . Er war nicht wach zu bekommen und ich ging an den Kühlschrank, sah eine Schüssel Sauerkraut und begann zu essen . Nun ging ich nach Hause und nahm die Schüssel mit, vermutlich um weiter zu essen, am nächsten Morgen sah ich die Schüssel und warf sie in den Abfall-kübel . Am Nachmittag kam besagter Kumpel und fragte mich, ob ich wüsste wo der " Sauergohl " abgeblieben wäre (seine Frau suchte ihn), ich schob einen Filmriss vor und vermutete, das er ihn womöglich aus dem Fenster geworfen hat . Er vermutete das auch, es läge jedoch nichts auf der Straße usw., ich konnte ihm auch nicht weiter helfen . Er blieb all die Jahre im Ungewissen .

 

Ein anderer Kumpel aus der Brigade kam aus Mecklenburg, war vorher bei der Armee im Stasiwachregiment gewesen und Mitglied in der Partei, ich hatte bedenken aber er entpuppte sich als guter Kumpel und nahm nichts politisches krumm . Einige Male haben wir bis zur Besinnungslosigkeit gesoffen, was nahe lag da er gleich mir gegenüber in einer Wismutwohnung lebte . Zu Weihnachten ging ich kurz vorm Essen, was pünktlich um 18°° im Erzgebirge beginnt und ein das ganze Jahr herbeigesehnter Tag ist, bei ihm vorbei um für abends noch einen Umtrunk zu verabreden . Er saß am Tisch und machte Abendbrot mit einem Stück Wurst und Brot, ich verstand die Welt nicht mehr, wir machten den ganzen Tag Essen um abends zu tafeln und der saß mit einem Stück Wurst dort . Bis dahin glaubte ich alle feiern wie wir im Erzgebirge, was ein Trugschluss war . Er war der mir einzige Bekannte der später aus der Partei ausgetreten ist, ich weis nicht warum es geschah, irgend etwas hat ihn wohl aufgeregt .

 

Ein anderer aus unserer Brigade, ging später wegen einer Wohnung nach Thüringen zur Wismut, dessen Frau hatte ein Kind und das sah einem gemeinsamen Bekannten wie aus dem Gesicht geschnitten . Sie verkehrten zusammen und das Mädel war ein " leichter Vogel ".

 

Schlema war früher ein Radiumbad und Kurort gewesen, durch die Wismut bestand es nur noch aus Halden und Schächten, viele alte Häuser waren abgerissen und auch neue durch die Wismut gebaut worden . Als Kinder spielten wir an und auf den Halden, da es über den Berg nicht weit zu meiner Heimatstadt war . Ich ging nun oft über die alten Wege, um mit den Kindern meine Mutter zu besuchen, einige Meter mussten wir den Kinderwagen über das Haldengeröll tragen dann ging die uralte Straße weiter . In den folgenden Jahren ist meine Mutter dann, nicht weit von ihrer neuen Arbeitsstelle entfernt, in die Kreisstadt gezogen . Somit gingen wir auch kaum noch an den Halden entlang .

 

Über uns wohnte eine Familie in unserem Alter, der Mann war irgendwo im Schacht beschäftigt und sein Vater Parteisekretär bei der Wismut . Nun sollte der wohl auch ihm nachfolgen und ging (glaube ich) auf Parteischulungen . Im Gartenheim traf man das Ehepaar oft an und er spielte den " Normalen ", wir hörten in der Nacht dann den " Krawall " über uns und die zwei Kinder schrieen auch noch mit, seine Dame lief am nächsten Tag mit der Sonnenbrille herum . Es war nach deren Gartenheimbesuch regelmäßig etwas los und riss uns immer aus dem Schlaf. Es gab eine Redewendung, " Mutter in der Partei, Vater in der Partei, Kinder Blem-Blem ". Traf in dem Fall fast genau zu . Die Kinder schrieen auch wenn sie merkten, dass sie alleine in der Wohnung waren, ich habe einige Male im Gartenheim bescheid-gesagt . Sie standen dann schreiend im 1. Stock auf dem Fensterbrett, hinter den damals einfachen Glasscheiben . Unsere, konnten wir sorglos alleine lassen, wir sagten wo wir hin wollten und sie blieben im Bett und schliefen wenn wir zurückkamen . Der kleine der zwei Jungen drehte sich einmal schnell um und knallte dabei mit dem Gesicht gegen einen Betonpfosten für die Wäscheleinen, einige Vorderzähne fehlten ihm darauf hin . So was kann jedem passieren, hier waren es vermutlich doch, die mitgegebenen Erbanlagen . Als wir von Bulgarien zurückkamen, und noch in dem gleichen Urlaub mit der Seitenwagenmaschine in die CSSR zum Einkaufen fuhren, bemerkte diese Frau, " Die fahren ins Ausland, wie wir in die Kreisstadt ".

 

Alles wurde genau registriert, ich machte mir einen Spaß daraus, dass im Intershop erworbene  " OMO-Waschpulver " und den " General-Reiniger " aus dem Westen, auf ein Regal im Bad so zu stellen, dass alles durchs Fenster von den Hausbewohnern zu sehen war . Über Jahre stand das mittlerweile leere Zeug noch dort, nur um zu provozieren .

 

Übrigens für die CSSR durfte man pro Person nur 20 Mark tauschen und dabei wurde man bei der Einreise noch vom Zoll aufs übelste kontrolliert, in der DDR war man gegen die Behörden vollkommen machtlos . Diese ließen einen das gern spüren, was auch Westdeutsche an den Grenzen erfahren mussten . Wir holten in der CSSR meistens Dorschleber und Oblaten, sowie Bier, da in der DDR  kaum gutes Bier zu bekommen war . Unsere Kaufhalle hatte Zwickauer Bier welches nach einem Wochenende, trotz Kühlschrank, schlecht wurde . Kistenweise, wie heute üblich, konnte man es nicht kaufen, außer man wollte es sofort   trinken . Ansonsten sammelten wir auch das Geld und kauften in der CSSR für die Kinder Schlauchboote und ähnliches . An den Wochenenden standen die Fahrzeuge stundenlang vor der Grenze, alles wegen diesen 20 Mark Einkäufen .

 

An einem Tag, als meine Frau gerade wegen der " Leber " im Krankenhaus lag und ich die Kinder behielt und deshalb Krank geschrieben war, haben wir auf der Bank vor dem Haus " etwas " getrunken . Im Suff kamen wir auf die Idee noch ins Tanzkaffee in die Stadt zu gehen (gab es nur in den großen Städten, als Nachtbar bis 4°° auf). Ich machte mich fertig und die Frau des über uns wohnenden lag jedoch schon in einem Graben neben unserem Haus, der von der Gemeinde ausgehoben worden war, er zog sie mit meiner Hilfe  heraus . Das wurde also nichts, ich kehrte um und ging ins Bett .

 

Am Morgen habe ich mit einem schweren Kopf Wäsche gewaschen, da die Kinder mich früh immer zeitig weckten . Meine Frau hat mich übrigens danach nicht mehr waschen lassen, da die Kindersachen zum Teil nur noch Puppengröße hatten . Kunstfasern waren Mode und nahmen das Kochen, sehr übel .

 

Es klingelte an der Tür und einer stand davor, er sagte etwas von Abteilung " K " und ich meinte, dass es vom Schacht die Kranken-betreuung ist und ließ ihn rein . Es war in der DDR normal, dass man beim Krank feiern " besucht " wurde . Jetzt stutzte ich jedoch, schnell war mir mein Irrtum klar, der war von der Kripo .

 

" Unser Parteigenosse " war Nachts nebenan im Wehrkreiskommando verhaftet worden, weil er über den Blitzableiter in ein Fenster steigen wollte . Jetzt wollte man heraus finden, wieso der da im Suff rein wollte .

 

Ich wurde befragt was wir am Abend besprochen hatten und sagte, dass wir von den Armeezeiten und den dazugehörigen Erlebnissen geredet haben, neben allem möglichem anderen Gerede . Am Nachmittag klingelte es und der Übeltäter stand vor mir und wollte wissen was los war . Er war übernächtigt und dreckig, als man ihm am Nachmittag aus dem Knast ließ war er zu Fuß aus der Kreisstadt gekommen und sagte mir, dass er immer wenn er Leute getroffen hat sich im Wald versteckte, um nicht so gesehen zu werden . Ich habe ihn beruhigt und gemeint das im Haus nicht über den Abend gesprochen wurde, er hatte Angst wegen der Nachbarn . Ihm schien es, dass er Nachts über den Zaun und durchs Gras gerobbt war und das alles " Gefechtsmäßig " wie bei der Armee, dann anschließend am Blitzableiter direkt in das Wachzimmer im 1. Stock einsteigen wollte (wo Licht brannte und ein  " Ausgedienter " als Posten saß) . Könnte auch sein, dass er Abends statt seiner Frau im Graben gelegen hat, ich war auch nicht bei guter Erinnerung . Ich habe später gehört, dass er sich als Kontrolloffizier ausgegeben hat und als er nicht hereingelassen wurde über den Blitzableiter hoch wollte, dieser ist dann aus der Wand gerissen und er abgestürzt . Es ging alles ohne Nachspiel ab, da die Wismut ihre Sachen selbst regelte und der Vater sicher auch eine Rolle spielte .

 

Jahre vorher haben zwei anderen Arbeitskollegen von mir, eine ähnliche Situation erlebt . Im besten Hotel der Kreisstadt hatten sie sich vollaufen lassen und zu guterletzt eine Schlägerei angezettelt, worauf die Polizei erschien und schlichtete . Sie mussten aus der Kneipe und als sie den Polizei-Wartburg vor der Tür stehen sahen, traten sie noch Dellen in die Türen . Das war nun Knastwürdig und am nächsten Tag wurden sie auf den Schacht gebracht, um verhört zu werden . Da sie gute Arbeiter waren und nicht abkömmlich, bekamen sie einen Verweis, andere Leute hätten dafür Gefängnisstrafen bekommen .

 

Ich wurde nun einige Tage später gesund geschrieben und da die Schwiegermutter nur unsere Tochter behalten wollte, musste ich den Sohn in ein Kinderheim geben . Es war nur während der Woche, jedoch der Sohn wollte nicht da bleiben und schrie bis ich weg war . Ich habe das sehr ungern gemacht und vom Schacht die Empfehlung dazu bekommen, heute würde ich einfach zu Hause bleiben . Wir waren jedoch mit dem Pflichtgefühl aufgewachsen, ein Mann hat zu arbeiten . Leider kann ich es nicht zurückdrehen und er hat die 2 Wochen auch überstanden .

 

Mein Kumpel meinte eines Tages, ob ich mitmachen würde, er wolle sich einen Bart stehen lassen . Wir machten es und seit dem trage ich immer Bart, es ist eine Arbeitsersparnis und kommt meiner                  " Ökonomischen Lebensweise " entgegen .

 

In Schlema musste ich wiedereinmal zum Zahnarzt und es wurde mir der 3. Backenzahn gezogen, seit dem habe ich keinen Zahn mehr verloren, immerhin fast 30 Jahre . Ich kann nur jedem raten in der Jugend auf die Zähne zu achten, ich habe eine Zeit (Rennbahnzeit, spät ins Bett) lang keine geputzt und nur dadurch welche verloren . Gehe jetzt jährlich einmal zum kontrollieren und lasse gegebenenfalls ausbessern .

 

Meine Mutter zog nun in die Kreisstadt und hatte in der Firma, bei ihrem Mann, als Werkzeugausgeberin in der Werkstatt zu arbeiten angefangen, das erste mal in ihrem Leben wurde sie gut bezahlt und das für wenig Arbeit . Ich half beim Umzug und da der Ofen neu gemacht werden musste, schlug ich vor, den neuen in eine nicht benutzte Vorsaaltüröffnung zu bauen . Es wurde ein Kachelofen gesetzt und nun vom Vorsaal aus die Stube geheizt, ich war Stolz auf die Idee . Einige Jahre später bekamen sie noch eine Wohnung, im " Altersgerechten Wohnblock " des Neubaugebietes der Kreisstadt und brauchten nicht mehr heizen, hatten auch noch einen Fahrstuhl im Haus . Aber leider dort vorerst im Fernsehen noch keinen Westempfang .

 

Im Ort bei mir wohnte ein Mineraliensammler, der nicht im Schacht war und den ich über einen anderen Bergmann kennen lernte . Der gute Steine aus dem Ausland besorgte und gern tauschte, wir hatten von unserem Schacht logischerweise immer das " Gleiche " . Es waren andere Steine willkommen, für die mussten wir aber immer mehrere von unseren geben . Heute sind diese, damals als wertlos getauschten, in Sammlerkreisen das vielfache Wert, dass konnte damals keiner ahnen . Ich habe nach der Wende wieder mit ihm Kontakt aufgenom-men und sogar noch zu DDR Zeiten, über meine Mutter mit ihm getauscht . Jetzt sind die Preise nicht mehr zu erwirtschaften und ich komme kaum noch zu ihm .

 

 

 

Wir gingen nun über Jahre in einem gewohnten Rhythmus zur Arbeit und ich verdiente gutes Geld, 1974 wollte mein Kumpel, dass ich mit seinem Seitenwagenmotorrad meine Familie zum Kaffeetrinken zu ihm hole . Ich fuhr los und vor meinem Haus, in einer 90° Rechtskurve hätte ich fast den Gartenzaun erwischt, der Seitenwagen (leer) kam hoch . Wir kamen jedoch gut hin und zurück, ich kaufte mir anschließend selbst eine MZ-250-Seitenwagenmaschine . Mit 2 Kindern und Frau kamen wir nun überall zusammen hin . Fahren lernte ich schnell, konnte sogar auf der Stelle " Wenden " ohne anzuhalten . Nur das ich im Laufe der Zeit mehrere Vordergabeln kaufen musste, wegen der schwachen Ausführung dieser Teile .

 

Mit meinen Kindern war ich mal bei dem Kumpel um Westfernsehen zu schauen, als mich seine Frau darauf aufmerksam machte, dass mein Sohn im Aschhäuschen spielte . Unter der Eingangstreppe befand sich dieses und in ihm wurde die Ofenasche des Hauses gesammelt, ich sah nun die Bescherung, er saß im Loch und sah aus wie ein Schwein . Um ihn sauber zu bekommen musste ich sofort nach Hause fahren, wickelte ihn, um die Tochter nicht noch zu beschmutzen, in eine Decke und es ging heimwärts .

 

Im Winter spritzte ich die ganze Maschine Stück für Stück im Keller um, heute ginge so was nicht mehr, in einem Mietshaus, im Keller ein Motorrad spritzen . Orange und Silbergrau war sie nun gut anzusehen, auf dem Seitenwagen brachte ich einige vom Westen erhaltene Auf-kleber an und spritzte noch farblosen Lack darüber . Solche Aufkleber wurden sofort gestohlen, obwohl sie dann kaum noch klebten, ich dachte das sie unter dem Lack sicher währen . Als wir einmal vom Einkaufen auf den Parkplatz zurückkamen standen einige Jungen darum und stachen auf dem Lack mit Messern herum . Es setzte sofort ein paar Ohrfeigen, ich spritzte noch mal, aber ohne die Aufkleber, man konnte nicht immer daneben stehen bleiben . Westsachen waren gefragt !

 

 

 

1974 machten wir unsere erste Auslandsreise mit dem Flugzeug nach Bulgarien . Die Tochter ließen wir bei der Oma, mit einem Jahr hätte sie nichts mitbekommen . Es war ein großes Erlebnis, 2 Wochen schönes Wetter, warmes Wasser und neue Menschen .

 

Ich hatte eine Super-8-Kamera gekauft, da funktionierte erst die Dritte " Erwerbung ", eine Tschechische ging nicht und noch eine andere auch nicht . Im Urlaub musste ich in den dunklen Kleiderschrank kriechen, um den Film mit der Hand aufzuwickeln . Sie wickelte nicht auf und der Film wurde im Gehäuse zusammengeschoben, so habe ich wenigstens noch Urlaubsfilme drehen können . Entwickelt wurden die Filme in Berlin und konnten Monate bis zur Rückkehr brauchen . 1975 musste ich in Rumänien schwarzweiß drehen, da in der DDR keine Buntfilme zu bekommen waren . Später kaufte ich eine neue russische Kamera, diese war teurer aber mit viel Zubehör und ging dann endlich .

 

An einem Abend nach der Weinprobe hatte ich noch nicht genug, obwohl ich die Gläser der älteren Frauen mit trank . Meine Frau hatte die Brieftasche aus meiner Jacke genommen und dachte, ohne Geld würde ich schon kommen . In der Nachtbar fragte ich den Barmann, ob ich für meine Jacke trinken könne . " Du nehmen Jackett, ich trinken Cinzano !" , er schaute sie an und wir waren uns einig . Es war gerade zur Fußball-WM , was ein Gesprächsthema mit den West-deutschen in der Nachtbar war, bei Sonnenaufgang " lief " ich ins Hotel .

 

Wenn wir mit dem Tretboot hinaus fuhren und die Wassertiefe etwa 4-5m betrug, sah man von oben schon die Schwarzmeerschnecken am Grund, ich tauchte einige heraus und in der Badewanne wurden sie entleert . Es muss sehr heißes Wasser vorhanden sein, sonst sind sie nicht tot zu kriegen, und reißen ab wenn man sie mit der Gabel aus dem Gehäuse ziehen will . Selbst tagelanges liegen lassen haben sie überstanden . Sie sollten fürs Aquarium zu Hause sein, diese müssen dann noch in Lack getaucht werden, da sie sich im Süßwasser auflösen . Das lernte ich erst später . In den nächsten Jahren nahm ich noch mehr davon mit und verkaufte sie in unserem Fischgeschäft (Zoohandlung) für gutes Geld . In den 80er Jahren waren dann keine Schnecken mehr im Schwarzen Meer zu sehen, vermutlich durch Umweltverschmutzung . Das gleiche gilt für die Krabben welche in den ersten Jahren ständig am Strand im flachen Wasser herum liefen, man trat beim Baden von einer auf die andere, später waren sie verschwunden .

 

Ohne Taucherbrille sieht man alles verschwommen, ich griff nach einer " Großen Schnecke "  wedelte aber schnell mit der Hand und stieg hoch . Eine große Krabbe hatte sich in meiner Hand bewegt und da Wasser nicht unser Element ist, erschrickt man sehr . Eine Familie mit 2 Kindern aus unserer Reisegruppe sorgte für Unterhaltung . Der Vater maß jeden Morgen die Temperatur des Wassers und ließ dann erst seine Truppe ins Wasser, er machte den Eindruck eines Gelehrten und redete vornehm . Bei dem täglichen Aufbau von 2 Bettlacken, als Wind und Sonnenschutz, half die ganze Familie, sehr zur Belustigung der Umliegenden . Es kam Wind auf, der bei Hitze auch mal böiger wird, nun standen die Jungen dahinter und mussten die Heringe im Sand halten . Der Wind hat eigene Gesetze und riss das Lackengebilde um, darauf bekam der große Sohn vom vornehmen Vater Eine an den Kopf geschlagen, mit den Worten " Doofkopp ", ein Heidenspaß am Strand !

 

Ein Westdeutscher mit Frau und Schwiegermutter saß bei uns oft am Kiosk, er war Libanese und die Frauen Deutsche . Er hat in der            " Dortmunder Union " gearbeitet und ich habe oft mit dem gesprochen, auch Bierdosen von ihm abgekauft . Die ich, wie auch Kaffeedosen, zu Hause in der Küche aufs Regal stellte . Der trank auch gern Bier und wenn seine 2 Frauen ihn suchten, schlich er gebückt um den runden Kiosk . Wenn die Damen vorbei waren setzte er sich wieder zu uns und freute sich, die Schwiegermutter ausgetrickst zu haben .

 

Mich interessierten vor allem die Westdeutschen, von denen viele dort waren . Aus Nürnberg eine Familie schrieb uns danach noch und wir schickten Pakete rüber und hinüber . Endlich mal was aus dem  Westen !

 

Ein Pärchen aus der DDR war ebenfalls mit uns dort und die besuchten uns danach noch einige Male . Beide waren in einem Interhotel als Kellner und Oberkellner beschäftigt, wir tauschten bei ihnen Westgeld, wovon sie von Gästen genug bekamen . Ein großes Auto fuhren sie auch, einen Renault der in Rumänien gebaut wurde und Daccia hieß . Das beeindruckte mich selbstverständlich, es war nur noch nicht an ein Auto zu denken . Mit meinem Kumpel beschloss ich nun uns wenigstens für ein Auto anzumelden, auch meine Frau gab eine Bestellung ab . Geld war noch keines da, aber bis zur Lieferung auch noch Jahre Zeit, nehmen musste man es ja nicht zwangsläufig .

 

Mit meinem ehemaligen Armeekumpel fuhr ich zu einem Steinbruch der für Natrolitkristalle bekannt war, wir stiegen in das Loch hinab und schauten nach Drusen . Ich stieg den Felsen hoch, da es immer so schien als wenn Löcher oben sind,  es war jedoch nicht der Fall . Nach einiger Zeit schaute ich zurück und war ernstlich erschrocken, unten sah ich einen Bagger wie Spielzeug stehen . Ich konnte nicht zurück, mir schien es nach oben leichter, kam auch schnell oben an und der Pförtner dort sah mich gerade auf einem weniger gefährlichen Fels klettern . Er erwischte mich also und meinte, dass wir es lassen sollen und noch dazu ohne " Harten Hut ", wie er sich ausdrückte . Zum Glück hat er mich nicht in der Steinbruchwand gesehen . An einer Stelle oberhalb des Bruches waren große Brocken gelagert und an denen habe ich mir doch noch eine kleine Stufe für die Sammlung abschlagen können .

 

Ich habe eine " Ahnung " was Goldfieber ist, bei Kristallfund-erwartungen bin ich in den gefährlichsten Ecken herumgestiegen und wunderte mich über meinen Leichtsinn . Auch das Hände zer-schneiden, beim Bergen der Stufen (besonders an unseren scharfen Sideritkristallen) hat mich nie gestört, mitunter lief das Blut über die Stufen .

 

Im Sommer 1975 wurde meine Frau an der Gallenblase operiert, seit der ersten Geburt hatte sie schon Leberbeschwerden und nach unserer Tochter, war es noch schlimmer geworden . Im September hatten wir eine Flugreise nach Rumänien gebucht, entgegen des Arztrates flogen wir kurz nach der Operation, mit meinem Kumpel zusammen, nach Rumänien . Machten wieder Auslandsurlaub, für DDR-Bürger eine Traumreise, bei uns schon normal werdend . Mit dem Kumpel war es unterhaltsamer und wir tranken jede Menge, die Frauen waren oft sauer . Wie aus Bulgarien gewöhnt, rannte ich in das warme Wasser, nach einigen Metern zerschnitt ich mir die Füße . In nähe des Strandes lag ein Streifen Steine mit daran wachsenden Muscheln , sie waren scharf und hochkant stehend . Man sollte erst prüfen wohin man   rennt !

 

Als DDR Bürger bekamen wir dort Vollpension und Mittags sowie Abends eine Flasche Wein, der wirkte wie Abführmittel . Mein Kumpel und ich mussten nach dem Essen oft schnellstens aufs Zimmer und ins WC, der Fahrstuhl konnte nicht schnell genug kommen .

 

Als wir am Anfang des Urlaubs mit den aufgeblasenen Matratzen an den Strand gingen, drehte eine Windböe meine Luftmatratze in einen Rosenstrauch und da dort Riesendornen  dran waren sind einige Löcher darin gewesen . Irgendwie erfuhren wir von einer Vulkanisier-werkstatt im Hauptort und fuhren mit dem Bus dahin, ein Zettel hing daran worauf stand, " Heute keine Materiale " . Am nächsten Tag versuchten wir es noch mal und hatten Glück, ein Armee-LKW holte gerade Gummischläuche ab . Wir staunten nicht schlecht, es war eine Werkstatt wie aus dem Beginn der Technisierung, ein Holzschuppen mit Elektrokocher-ähnlichen Geräten, darauf wurde auch für die Armee vulkanisiert . Mir machte man dort ein paar schwarze Gummiflicken auf die Matratze und wir konnten sie weiter benutzen .  

 

Bei hohen Wellengang versuchten wir mit den Luftmatratzen auf den Wellen zu reiten, es war schwierig überhaupt mit den Dingern raus zu kommen . Mitunter riss es Sie uns aus den Händen, wenn wir 150 – 250 m draußen waren, warteten wir zum Teil mehrere Minuten . Ab und zu baute sich eine Welle von ca. 4m auf, zuvor lief das Wasser vom Strand zurück schwappte zusammen und wenn wir an der richtigen Stelle warteten konnten wir uns zum Strand hinein-tragen lassen . Wir legten unsere Matratzen quer zur Welle, hielten uns daran fest und mit der brechenden Welle spülte es uns ans Ufer, wir sind dabei über eine Gruppe von Menschen gefegt worden . Man war den Kräften des Wassers ausgeliefert, leider war diese günstige Strömung nur an einem Vormittag, ich wollte nach dem Mittagessen mit der Kamera filmen, leider zu spät . Bei dem Treiben habe ich am Strand wieder Löcher in die Matratze geschrammt, wir sind weit raus geschwommen und haben die Matratze aufgerissen dann versenkt, am nächsten Tag lag sie wiederum  am Strand .

 

Aus dem Bulgarienurlaub wusste ich, dass " Klamotten " dort unten gefragt waren, mit dem Kumpel zusammen hatten wir dafür extra welche mitgenommen . Rumänien war noch ärmer und sie nahmen alles was zu kriegen war, den Gürtel, unsere alten Schuhe usw. . Als wir nach dem Handel unter Alkohol standen, fragten wir ob für die Socken (welche wir noch anhalten) noch was zu bekommen ist . Sie nahmen unsere Socken auch sofort, später beobachteten wir, dass in dieser Bar Einheimische die Sachen kauften . Hinter einem Vorhang, lag ein mannshoher Berg aus Anziehsachen . Mein Kumpel hat einen Radiorecorder aus DDR-Produktion mit schlechtem Klang gekauft und wollte ihn auch dort lassen . Der ist gut bezahlt worden und wir mussten nicht " Verdursten ". An das winzige Gerät haben sie einen riesigen Lautsprecher angeschlossen und vor der Bar spielte ab da unsere aufgenommene " West-Music " .

 

Wir waren an einen Abend ohne die Frauen unterwegs, bestellten in der Bar Weinbrand zum Bier und hatten unseren Spaß, die Schwenker wurden nun vollgefüllt bestellt und wir begannen  " Englisch " zu reden . 2 Junge Männer aus unserer Reisegruppe meinten wohl (da sie womöglich Englisch konnten), sich über uns Lustig machen zu müssen . Wir waren Voll und mittlerweile das Geld alle, deshalb wurden wir in den Sesseln aus der Bar auf die Veranda gefahren, die Kellner sagten was von " Jackie X ", was wohl die " Rennsessel " mit uns als Fahrer bedeutete . Der Sessel stand gerade wieder da, als ich erneut darauf saß, eine 2. Fahrt fand statt . Jetzt schloss man die Türen,  wir warteten eine Weile vor der Bar und gingen dann ins  Hotel . Da kamen gerade unsere " Freunde " und stiegen in den Fahrstuhl, einer kam rein und mein Kumpel machte gleich die Tür zu, er fuhr mit ihm hoch . Ich wartete mit dem anderen unten und als der Fahrstuhl kam, war mein Kumpel allein darin und grinste . Ich fragte den anderen ob er nun mitwolle, der wollte nicht, also fuhren wir hoch ins Bett . Am nächsten Tag kamen die 2 gelaufen und vermieden Blickkontakt, einer hatte dicke Lippen, wir nannten ihn jetzt Hasenzahn . Man sollte sich nicht in fremde " Englische Weinbrand-gespräche " einmischen !

 

Ein Westdeutsches Pärchen gesellte sich noch zu uns und wir waren eine gute Truppe dort . Als meine Frau eines abends nicht mit feiern wollte zog ich allein los und leichtsinnig wie ich war, ließ ich mich mit einem Mädel aus unserer Reisegruppe ein . Entgegen meiner Er-wartung machte mir meine Frau keinen großen Vorwurf, ließ mich jedoch Abends nicht mehr allein . Erst zur Rückkehr, am Taxistand vorm Bahnhof in Zwickau, giftete sie in Richtung des Mädels mich an, " Du musst ja Geschmacksverirrung haben " ! Das war,s dann auch, zum Glück für mich . Unsere Tochter erkannte uns nach den 3 Wochen nicht gleich, oder wollte nicht, in dem Alter aber unwahrscheinlich .

 

Wir hatten wiederum einige Westsachen getauscht und das Pärchen schrieb auch noch eine Zeit . Als wir zurückkamen waren wir wie benebelt, in der DDR fühlten wir uns noch unwohler als sonst .

 

In Schlema kaufte ich für meine Maschine eine Fertigteilgarage, die lag fast 500m von unserer Wohnung weg . Diese waren sehr gefragt, man schonte sein Auto darin . Autos waren wirkliche Statussymbole und teuer, vor allen bekam man erst nach vielen Jahren ein Neues .

 

In Zwickau war ich einmal Weihnachtsgeschenke einkaufen, im Kaufhaus sah ich eine     Koffernähmaschine, hatte leider nicht soviel Geld dabei . Da es diese sehr selten gab, ließ ich sie mir beiseite stellen, fuhr mit der Bahn zurück nach Hause und mit einem Taxi zurück um sie zu holen . Der Taxifahrer machte einen Sonderpreis für die Rückfahrt, so fuhr ich auch zurück mit dem Taxi und meine Frau, als Schneiderin, hatte endlich eine neue moderne Maschine . Sie ist noch heute in unserem Besitz und hat viele gute Dienste geleistet .

 

Ich begann damals auch zu tapezieren und Fußbodenbelag zu legen, am Anfang waren es mäßige Erfolge . Da ich ein " schneller " Arbeiter bin, um eben die Arbeit schnell hinter mich zu  bringen, ließ ich die Tapete nie lang genug weichen . Dementsprechend hatte ich über viele Jahre immer Falten an den Wänden, erst vor wenigen Jahren in meinem Haus, lernte ich das Ruhe und Geduld sich auszahlen   können . Der Fußbodenbelag bestand aus einer Art Dachpappe, deren Oberseite Farbig bedruckt und lackiert war . Der ließ sich danach gut im Ofen entsorgen, wie alles was brannte damals durch den Schonstein ging . In meiner Kindheit, in der damaligen Wohnung hatten wir nur Holzdielen, Mutter musste das Haus und die Zimmer immer schruppen . Später lag wenigstens ein Teppich im Wohn-zimmer, der ein Muster wie Straßenkreuzungen hatte, auf dem ich deshalb mit meinen Autos gut spielen konnte .

 

1976 wurde mein Sohn eingeschult, ich war überzeugt aus ihm mehr zu machen, als ich es   war . Viel Lob und Hilfe beim Hausaufgaben machen, spornten ihn sehr an . Er bekam ständig Lob in der Schule und weigerte sich nun die Hausaufgaben ohne mich zu erledigen . Erst wenn ich von der Arbeit da war fing er an, ein Problem zur Mittagschicht, zumindest mussten die Hefte für mich auf dem Tisch liegen bleiben, die wollte er abgesegnet haben . Sein Ergeiz war geweckt und er hatte verstanden, dass sich Arbeit auszahlt, zunehmend erledigte er alles in Eigenverantwortung und sollte in seiner Schullaufbahn nie mehr Probleme haben . Von Anfang an sagte ich ihm, dass er mehr Freizeit hat wenn er erst alles vernünftig macht . Und am besten die Zeit in der Schule nutzt, dann ist für ihn der restliche Tag Freizeit . Intelligent wie er ist, leuchtete ihm das ein . Nicht das er ein Muttersöhnchen war, er hat genügend Blödsinn angestellt .

 

Im Schacht gewöhnten wir uns zwangsläufig wieder ein, ich merkte das einige Hauer nach Thüringen gingen, wo von einem anderen Schacht Leute gesucht wurden . " Bärwalde " sah ich mir nun auch an (mit dem Motorrad), um zu einer Neubauwohnung zu kommen sprach ich mit der Kaderleitung . Es wurde erzählt, dort geht es schnell mit dem Wohnungsbau und in Gera und Altenburg könnte man eine bekommen .

 

Westfernsehen war dort gut zu empfangen und sehr geschätzt, Neubau mit Westempfang, dass wollte ich auch ! Auf diesem Schacht sagte man mir, " Wenn wir dir sagen, du bekommst Wohnung von uns, ist es Abwerbung, aber hier wartet keiner länger als ein halbes Jahr ".

 

Auf unserem Schacht hatte ich schon versucht eine Neubauwohnung zu bekommen, ohne   Erfolg . Im Schacht sprach ich nun wegen Kündigung vor, kurz danach bestellte man mich ins Büro, um zu fragen ob ich bleiben würde, falls man mir eine AWG - Wohnung zuspricht . Man wäre mit mir zufrieden und möchte mich gern behalten, ich sagte ja, denn im Gebirge waren wir zu Hause und blieben es auch lieber .

 

Vor allem lag unser Neubaugebiet oben auf dem Keilberg und war für guten Westempfang bekannt . Ich sagte damals immer, eine Wohnung nehme ich erst wenn ich mit dem Handwagen und einem Fernseher darauf dort war  und probiert habe ob Westempfang möglich ist . Es glaubt heute keiner mehr, was für ein Propagandafernsehen in der DDR zu sehen war und einem den Hass, auf den eigenen Staat, wachsen ließ . Selbiges traf auf die Zeitungen zu, selbst die Annoncen sind gefälscht worden . Ich habe später meinen Fernseher in der Zeitung verkauft und dabei geschrieben, mit Pal-Teil (in der DDR war ein anderes Farbsystem ), was besagte es ist Westfarbe zu empfangen . Die wurden sofort gekauft, in der Zeitung las ich dann, Fernseher mit Farbteil . Keiner  kaufte ihn, ich schrieb in der Jungen Welt (war glaube ich, von den Liberalen die Zeitung) noch mal mit Pal-Teil und er ging sofort weg . Es war ein gebrauchter Fernseher, der ein Eigenbaufarbteil extra oben drauf stehen hatte, mit vielen Kabeln hinten eingesteckt . Ich hatte ihn mir aus Berlin geholt und es ging keine DDR-Farbe mehr . Aus dem Vogtland holte ihn einer und ich sagte wegen der DDR-Farbe Bescheid, er winkte ab und meinte die würde er sowieso nicht brauchen . Ich hatte damals Glück, als ich auf dem Schacht unter der Dusche stand, fragte einer ob jemand seinen bestellten Fernseher mit eingebauten Palteil haben wolle . Er habe erst eine Küche bekommen und nun kein Geld dafür, ich ging am nächsten Tag mit ihm in das Kaufhaus und auf seine Karte holten wir ihn ab . Der nahm nicht mal die 100 Mark, welche ich ihm geben wollte, nun hatte ich sogar 3 Westprogramme in Farbe . Jedoch liegt noch eine Zeitspanne bis zu diesem Abschnitt dazwischen, erst auf dem Keilberg war es mit den Fernsehern soweit .

 

 

 

Irgendwie traf ich einen Bekannten aus meiner Heimatstadt wieder und war beeindruckt von seinem Erscheinen, mit Vollbart und Hippieaussehen und einem Auto (Trabant), er stand früher in der sozialen Rangordnung immer unter uns . Er wohnte als Kind im Armenviertel und war noch dazu ein Weisenkind (adoptiert), nun ein gestandener Mann und mir voraus, zumindest im Autobesitz . Ich stand für viele ebenfalls weit unten auf der " Leiter ", man glaubt aber immer, dass andere noch tiefer stehen . Alles Selbstbetrug, jedoch für das eigene Ego wichtig ! Wir verkehrten einige Zeit zusammen, er war auch verheiratet und hatte eine Tochter . Er berichtete das sein Auto gebraucht war und wie er zur Fahrerlaubnis gekommen war . Ein Bekannter von ihm war als Prüfer bei der GST tätig und durfte, in Ausnahmen, auch normale Prüflinge abnehmen, dadurch ließ sich die lange Wartezeit umgehen . Er wollte für mich das gleiche organisieren und mir passte das gut, nun musste ein Auto her . In Frage kam nur ein gebrauchtes, da unsere Wartezeit noch nicht erfüllt war . Es musste nun mehr geboten werden als der Wagen neu kostete (8000,-), ich hatte inzwischen Geld auf der Seite und bot auf Annoncen 10000,- Mark . Ich hatte dann das Glück des meistbietenden und von einem Lehrer kaufte ich mein erstes Auto, einen 10 jährigen Trabant . Der opferte eine Flasche Westbrandwein und wir begossen unseren Kauf, alle waren zufrieden . Zum ersten Mal im Leben habe ich mit einem Lehrer von Mensch zu Mensch geredet . Als 25 jähriger, war ich nun einer der sehr wenigen jungen Autobesitzer, auch von den älteren Männern hatten nicht viele ein Auto . Logischerweise war ich stolz wie " Oskar ".

 

Die Fahrerlaubnis zog sich noch etwas hin und ich hatte inzwischen die AWG-Stunden für unsere Wohnung zu leisten angefangen, um den mir bekannten " schlechten Arbeiten " zu entgehen und auch um gleich einige Stunden zu schaffen, machte ich Urlaub und beschloss in der Zeit direkt auf dem Bau mitzuarbeiten . Ich hatte richtig gedacht, in den Baubrigaden ließ es sich ruhiger Leben, da ich den Keller voll Schnaps hatte nahm ich öfters welchen mit . Nun kam es vor, dass nach dem Frühstück nicht mehr vom Tisch aufgestanden wurde, in den Pausen spielten sie Skat, und nun mit Alkohol noch bis zum Feierabend . Immer ging das nicht, aber je nach Wetter oder fehlendem Bauleiter, ab und an schon . An so einem Freitag machten sie um etwa 11°° Feierabend und da ich zum Frühstück Schnaps mit hatte, fuhr ich ungeplant mit " Restalkohol " auf dem Motorrad nach Hause . Unten vor der Stadt standen hinter einer Scheune einige Polizisten und kontrollierten Fahrzeuge, mich auch . Der Seitenwagen bremste nicht richtig, ich bekam einen Mängelzettel und die Zulassung wurde einbehalten . Beim losfahren fragte ich noch einen Polizisten, wann den die Zulassungsstelle offen wäre, das war ein großer Fehler ! Der Wind stand wohl ungünstig und er fragte mich, ob ich was getrunken hätte, nun ging es aufs   Revier . Die Mittagspause und der Schichtwechsel gingen dahin, ich musste dann eine Stellungnahme schreiben und erst um 16°° haben sie mich zur Blutprobe gefahren . Nach dem der Arzt mich untersucht hat und Blut abgenommen war, fuhr einer der Polizisten mich mit meiner Seitenwagenmaschine nach Hause . Meine Papiere waren erst mal weg, es stellten sich dann 0,35 Promille heraus und ein 3 monatiger Fahrerlaubnisentzug war die Folge . Mittags hätten sie mehr ge-funden . Ich hatte also" Glück ", und bekam an dem Wochenende noch eine Grippe, die sich 6 Wochen hin zog, habe somit nur noch 6 Wochen ohne Führerschein aushalten müssen .

 

Nach den 6 Wochen trat ich direkt zur Prüfung für den Autoführerschein an, an einem Sonntagvormittag sollte ich bei dem Prüfer erscheinen und auf der Hollywoodschaukel füllte ich den Fragebogen aus . Dann musste ich mit dem Auto eine Runde fahren und es wurde festgestellt, dass ich einen Fehler in den Vorfahrtsfragen hatte, also glänzend bestanden . Mich wurmte der Fehler und ich schaute nach welcher es war, tatsächlich war in der Prüfungsbo-genschablone ein Fehler gewesen und ich wollte das korrigiert haben . Der Prüfer wurde schon sauer und ich hielt darauf lieber den Mund . Am Sonntagmittag hielt ich einen Berechtigungsschein in der Hand und durfte sofort los fahren . Einige Tage danach war auch die Fahrerlaubnis umgeschrieben, ohne Aufwand und Schulung war ich schnell und zum normalen Preis dazu gekommen . Es war aber eine reelle Prüfung, nur ohne Ausbildung . Das Autofahren hatte ich schon selbst auf Nebenstrassen " ausprobiert " und die Theorie entsprach ebenfalls dem normalen Standart .

 

Nach dieser Zeit war gerade von meiner Frau die Fahrschule angemeldet worden und als der Trabant verkauft werden sollte, habe ich ihn zum Fahrtraining für meine Frau benutzt .  Ich dachte sie muss Selbstvertrauen bekommen und fuhr mit ihr auf unseren Halden herum . Ließ sie an steilen Stellen anfahren, die es im normalen Straßennetz nicht gibt, alles mit einem 600 Kubik Zweitackter von gut 20 PS . Sie schaffte dann später ihre Prüfung auf Anhieb, wollte aber lange nicht fahren . Erst als sie im Westen zur Arbeit mit dem Auto fahren musste, bekam sie das nötige Selbstvertrauen und fährt jetzt täglich . Ich habe leider auch zu oft beim Fahren kritisiert . In der DDR hat sie einmal in einer Einmündung die Kurve nicht                       " Ausgefahren " und dadurch einen Wartburg gerammt, unserem Lada hat das nichts getan, aber der Wartburg stand mit hängender Stoßstange am Heck da . Der Mann wollte mich fertig machen, ich meinte nur das ich nicht gefahren bin, sondern meine Frau . Er schrie nun, " Die soll Kinderwagen fahren ! ",  so wollte sie dann eben nicht mehr fahren .

 

Der Brigadier von der Baubrigade schrieb mir nach dem                      " Arbeitsurlaub " immer, für Schnaps, meine Stunden . 100 Stunden waren 10 Flaschen, davon musste ich dem von der AWG 10 Stunden abgeben (die benutzte er für andere Geschäfte) . Er wusste ja wie ich meine Std. machte, somit hatten wir alle etwas davon . Ich ging nun nicht mehr Stunden machen, nur noch Zettel schreiben und Schnaps ausliefern, bald erbrachte ich meine 600 Stunden . Nach Weihnachten 1976 zogen wir in die ersehnte Wohnung ein, Silvester sah ich zum ersten Male die West-Silvestershow im Fernsehen und ohne Störungen . Für einige Zeit kehrte Zufriedenheit ein .

 

Kurz vor dem Weihnachtsfest besuchte uns das " Westpärchen " vom Rumänienurlaub . Ich fuhr mit dessen Ford Escort und seinen Breitreifen zu meinen Schwiegereltern, um unseren Sohn abzuholen . Schönes Erlebnis ! Ich zeigte dem Mann unsere neue Siedlung und wo wir bald einziehen würden, mit dem Trabant wollte er aber nicht fahren .

 

Die Miete in der neuen Wohnung betrug etwa 70 Mark und da war Wasser und Heizung dabei, logisch, dass bei dem Preis keiner etwas sparte . Was scheinbar nichts kostet, wird auch nicht als wertvoll angesehen . So lief das Wasser beim Autowaschen (Sonntagsbeschäftigung in der DDR) stundenlang aus dem Schlauch, ohne abgedreht zu werden . Heizung wurde auch nicht abgedreht, wenn es zu Warm war öffnete man die Balkontür, das hatte allerdings auch die Dichtungen in den Heizungsventilen als Ursache gehabt . Drehte man an den Ventilen, fingen sie an zu tropfen, also Finger  weg . Die DDR musste Pleite gehen . Ebenfalls sinnlos war der billige Grundnahrungsmittelpreis, was da weggeworfen wurde ist nicht wieder gut zu machen . Es sollen " private Schweine " mit Brot als Grundfutter gemästet worden sein . Preise sollten immer, dem tatsächlichen Wert entsprechen !

 

Im nun folgendem Jahr bekam ich unverhofft vom Schacht einen Ferienplatz, es ging nach Zinnowitz auf Usedom . Im Mai und leider nicht in unser eigenes neues Wismutheim, sondern wir waren privat untergebracht . Als erste Gäste im Haus und ohne Heizung im Zimmer, sind wir abends mit dem Föhn ins Bett gegangen, die Winterkälte steckte noch in den Zimmern . Früher war ich im Frühling zeitig baden und auch bei  Neuschnee schon, in der Ostsee wollte ich gleiches probieren, mit der Folge, dass ich fast nicht von der 50m Tour zurück-gekommen wäre . Ich bekam keine Luft mehr vor Kälte und ging dort nicht mehr ins Wasser, die Kinder spielten mit dem Sand und so waren diese wenigstens zufrieden . Dort merkte ich an den Händen, die im Wasser weis wurden, dass bereits ein Gelenkschaden durch das tägliche Bohren eingetreten war . Ich bin seitdem nie wieder da hoch gefahren, ohne Standkorb war es nicht auszuhalten, eiskalter Nordwind wehte . Nur der Süden ist das Wahre, dachte ich zumindest damals .

 

Im Winter nahm ich unseren neuen stellvertretenden Brigadier im Auto mit zur Arbeit, ließ meinen Trabant dabei schön um die vielen Kurven triften . Der fuhr nie wieder mit mir, soviel zu meiner damaligen Fahrweise, heute frage ich mich wie blöd ich war, zumal wir uns damals noch nicht anschnallten . Da die DDR-Straßen keine sinnvollen Leiteinrichtungen hatten, waren Nebelleuchten sehr wichtig . Beim Kurvenfahren sah man dann das Gras des Randes gut und orientierte sich daran , alle meine 3 Autos hatten deshalb solche . 

 

Inzwischen war eine Autobestellung soweit das ich ein neues russisches Auto haben konnte, Saporoschez oder so ähnlich hießen diese . Es war der Nachbau des NSU Prinz mit luftgekühltem Heckmotor und 1400 Kubik, erst mal was neues wenn auch ein           " Russentraktor ", dachte ich . Als ich meine Karte abgeben wollte, sagte mir die Verkäuferin, dass ich auch mit einer weniger Jahre alten Bestellung das Russenteil bekäme . Ich tauschte die Karte mit der meiner Frau, die später erst angemeldet hatte und so konnte ich für meine, dann zwei Jahre später unseren Lada bekommen .

 

An der See gab es die Autos noch schlechter wie bei uns, da ich meines noch nicht verkaufen konnte, beschloss ich gleich mal dort oben im Urlaub eine Annonce zu schalten . Nachdem ich zu Hause war, meldete sich eine LPG brieflich und so konnte ich zumindest das von mir bezahlte Geld zurückbekommen . Es wurde am vereinbarten Termin abgeholt und als wir zur Abfahrt aus dem Fenster sahen, merkte ich das unsere schönen Kissen noch darin lagen . Ich ärgerte mich sehr, da ich nicht gern etwas verliere .

 

Der Bruder meiner Frau heiratete nun auch, auf der Hochzeit wurde mit Freude dem Alkohol zugesprochen und ich musste gegen meinen Willen, mit den Rentnern zuerst ins Taxi . Vorm Haus protestierte ich noch und wollte zurück, da ich noch nicht genug Alkohol hatte . Meine Frau holte mit ihrem in der Hand befindlichen Beutel aus und schlug mir damit an den Kopf . Darin war eine Parfümflasche, die mir an der Stirn eine stark blutende Platzwunde einbrachte, ich suchte wie immer den Fehler bei mir . Morgens fuhr ich schweigend mit Restalkohol (idiotisch) die Familie im Auto nach Hause, wir beruhigten uns und es war bald vergessen .

 

In Schneeberg waren unser Kinder so selbstständig, dass sie sich Früh die Milch auf unserem Gasofen allein warm machten, der Sohn war da etwa 10 Jahre alt . Ich erklärte ihm wie gefährlich Gas ist und das er sehr sorgfältig damit umgehen muss . Als die Tochter in die Schule kam, musste sie ihre langen Haare opfern . Meine Frau fuhr mit dem Betriebsbus zur Arbeit und die Kinder schliefen dann noch, allein konnte das Mädchen die Haare nicht mehr bewältigen . Unsere Tochter hatte lange Haare mit Naturlocken . Die Kinder waren in der DDR allgemein sehr selbständig, wenn auch oft gezwungener Maßen .

 

Meinem Sohn brachte ich das Schach spielen bei, das ich dabei selbst neu erlernte . Er spielte gut und später hatte ich keine Chance mehr gegen ihn . Meist gewann ich das erste Spiel und darauf er alle weiteren . Im Kindesalter lernt das Gehirn sicher besser, was zumindest bei ihm zutraf, ich war schon zu alt . Die Tochter lernte es nicht, Mädchen scheinen anders zu denken und dadurch andere Interessen zu haben . Ich habe meine Tochter oft zu Unrecht " Zusam-mengeschissen ", da ich voraussetzte, sie hätte die gleichen Erb-anlagen und müsste auch wie der Sohn denken . Falsch wie ich heute weis, sie war nicht störrisch, sondern dachte eben anders . Gut war sie in der Schule auch, der Sohn jedoch besser, vor allem in Mathematik .

 

Im Winter wollten wir zum Sonntag, wie sehr oft an den Wochen-enden, zur Oma fahren, es hatte gerade einen Eisregen gegeben und das Auto war mit Eis zugepackt . Das Russenteil hatte eine Benzinheizung, ich kratzte in der Scheibe einem Sehschlitz frei und wollte zum Hauseingang (100m) fahren um etwas einzuladen, mittlerweile wären die Scheiben durch die Heizung frei gewesen . Gas geben, losfahren und kratzen hören war eins, ein Berliner war in der Siedlung zu Besuch und hatte sich knapp neben mich gestellt, dumm das meine Räder eingeschlagen waren . Aus unerklärlichen Gründen fuhr ich aus der Lücke raus, ohne auf das " Kratzen " zu reagieren, dann schaute ich nach und sah das der Skoda einen verschobenen Kotflügel hatte . Meinem " Tracktor " hat es die Seite vom vorderen Kotflügel bis zum hinteren eingedrückt, und das nur weil ich vor Wut weiter gefahren bin . In der DDR gab es keine Prämienerhöhungen für die Versicherung, so hatte ich nur meinen Schaden zu bezahlen und der arme Berliner wird lange auf seinen Kotflügel gewartet haben . Wir hatten in Schneeberg (ausnahmsweise) eine gute Werkstatt und kurz darauf war alles vergessen . Seit dem achte ich immer auf freie Scheiben, Scheiße machen ist eine Sache, aber daraus nicht lernen ist Dummheit !

 

1978 sind wir mit dem Auto nach Bulgarien gefahren, es gab im Reisebüro kaum noch Flugreisen und die Menschen setzten sich eine Nacht vor Ausgabe der Kataloge vors Reisebüro, um früh sofort zu buchen . Das ist auch beim bekannt werden von Farbfernseher-lieferungen so gewesen . Wir haben also im Reisebüro nichts bekommen (Stunden vorher Anzustehen ist nicht mein Fall), da ein Arbeitskumpel aus meiner Brigade im Jahr zuvor mit seinem Auto das Abenteuer einer Bulgarienreise gemacht hatte, beschlossen wir (ich) auch etwas zu " erleben ". Ich arbeitete am liebsten Nachts (bin ein typischer Nachtmensch), so sind wir am Nachmittag gestartet und in Richtung Prag gefahren . Nachts haben wir die Grenze zu Ungarn passiert und bei einem Regenschauer in Ungarn, ging das Auto (Heckmotor) hinten weg . Ich merkte, dass ich die Geschwindigkeit nicht mehr einschätzen konnte, zumindest mir geht es so, dass ich nach vielen Stunden Fahrt kein Gefühl mehr für das Fahren habe . Das Auto wollte manchmal nicht " Ziehen " und erst durch das Schalten merkte ich das es Bergauf ging, ich konnte also nicht " Einschätzen ". Würde heute auch nicht mehr solange Strecken fahren, da zu gefährlich .     

 

Am Morgen hielt ich zum Frühstück in Ungarn an der Straße, dort überkam mich ein seltsames Gefühl, ich fühlte das ich hier                   " Heimisch " war, wusste innerlich genau wo ich entlang wollte und wo Budapest lag . Jahre später kam im Fernsehen eine Sendung über dieses Phänomen, da berichteten Menschen von gleichen Erfahr-rungen und vermuteten " Frühere Leben " an den Orten dieser Erfahrungen . Ich habe Zweifel an der Richtigkeit solcher Ver-mutungen, es ändert jedoch nichts an dem Erlebnis, dass nicht zu Beschreiben ist und sich damals tief eingeprägt hat .

 

Nachmittag waren wir in Budapest, zum Berufsverkehr und dabei ohne Orientierungspunkte . Der erste Stau in meinem Leben, die Einheimischen fuhren über Bürgersteige und rote Ampeln, um vorwärts zu kommen tat ich gleiches . Aus der Stadt endlich raus, schaute ich in die Karte und merkte das wir im Norden waren, also wieder rein in die Stadt und ohne ein Schild zu sehen, fragte ich nach einer weiteren Irrfahrt eine Frau nach dem Weg in Richtung Rumänien . Die verstand mich sogar und zufällig waren wir auf der richtigen und zugleich Europastraße, wir fuhren bis zur Grenze und warteten dort sehr lang, da die Rumänen schleppend arbeiteten . Kaum Autos und trotzdem standen wir herum, zum Sonnenuntergang sah ich  dann einen Campingplatz mit Bungalows und Kneipe, wir fuhren rein und bezahlten . Ich war über 30 Std. gefahren und restlos fertig, als wir in das Zimmer kamen merkten wir das noch Haare von den Vorgängern im Bett lagen . Die Fenster waren zugenagelt und das Waschbecken lief nicht ab, ich glaubte nicht das es woanders besser war und wir gingen in die Kneipe essen . Das ließen wir sofort ausfallen, als ich auf die Toilette wollte und auf dem Boden einige cm hoch gelbe Brühe stand . An Schlaf war nicht zu denken, alles juckte (vermutlich Einbildung wegen der Zustände), als ich, überdreht wie ich war, gerade etwas einnickte, hörten wir lautes Sprechen . Das Zimmer über uns war an ausländisch redende Leute vermietet worden, die nun vor unserer Tür grillten . Früh ging es übermüdet weiter und alles auf Landstraßen, nur in der CSSR gab es ein Stück Autobahn und in Rumänien etwa 100km . Mehr als 1800km fuhren wir Landstraße, die LKW-Fahrer sind Profis und winkten (durch rechtes Blinken) die PKW,s bei Gelegenheit vorbei . Ungute Gefühle hatte ich bei den Aktionen oft, keine Sicht und vor Kurven zum Überholen aufgefordert . Ging jedoch bei den insgesamt zwei Reisen, dort hinunter, immer gut .

 

Auf der Reise trafen wir auch Westdeutsche Autos, ich glaube das es sich um türkische Gastarbeiter auf Heimaturlaub handelte . Einige Male sah ich wie sie auf den schlechten Straßen aufsetzten, unser        " Sapo " war schon besser geeignet um durch die Karpaten zu  fahren . Nach Regenfällen verschwanden durch Erdrutsche die Fahrbahnen und man fuhr auf mit Raupenschleppern geschobenen Wegen, an steilen Abhängen entlang .

 

Wir besorgten uns Milch sowie Weisbrot und frühstückten mit gutem Appetit, es schmeckte herrlich und so fuhren wir bis an die Bulgarische Grenze . In Russe war vor einer Brücke der Posten und drüben Bulgarien, der Rest war kein Problem . Am Abend waren wir in Albena unserem Ziel, bekamen sofort ein Zimmer und es war Urlaub . Wir hatten eigentlich vor weiter südlich etwas neues zu probieren, jedoch war unser Auto auf dem Parkplatz von den Einheimischen so umlagert, dass es mir sicherer erschien wieder ins bekannte Touristenzentrum zu fahren . In Rumänien waren wir bei jedem Halt umlagert gewesen (als DDR-Bürger !) und die Kinder, sogar Erwachsene, bettelten um alles was sie sahen . Nach der Autobahn sah ich, dass kein Haus weit und breit stand, wollte eine Pause machen und hielt . Kaum waren die Türen auf standen zwei Männer neben uns, die müssen sich in den Gebüschen versteckt  haben . Sie langten ins Auto und wollten die Kunstlederjacke, das Kasettentonband usw., ich sagte zu meiner Frau, " Setz dich rein " und dann fuhr ich fluchtartig weg .

 

Der Urlaub in Albena war ein herrlicher, nur das Geld musste eingeteilt werden da wir nicht unbegrenzt tauschen durften . Es gab einen Tagessatz und der musste reichen, zum Glück zählten die Kinder auch als Personen . Am Ort durften wir gegen einen Beleg noch einmal pro Person 100 Mark tauschen, das war,s dann . Bei einer Panne hätten wir uns nicht zu helfen gewusst, wir wären auf Hilfe der Polizei und eventuell unserer Botschaft angewiesen  gewesen .

 

Wir lernten ein Pärchen aus dem Westen kennen und feierten jeden Tag, die beiden waren sehr unterhaltsam . Sie passten super zu mir, also trinken und tanzen, vor allen sich nicht um andere Leute scheren . Am ersten Tag trafen wir sie in der Tanzbar, beim nach Hause gehen stürmte Uwe an ein Gebüsch vor der Kneipe und zog eine angefangene Flasche Rotwein dort heraus . Die hatte er beim reingehen versteckt und sie war für uns genau richtig, auf dem Weg sprang er dann mehrmals von einer kleinen Mauer in den Sand . Aber mit Kopfsprüngen, es knallte jedes Mal jämmerlich, dabei fiel ihm sein Goldenes Feuerzeug aus der Hemdtasche . Wir gingen noch mal zurück und suchten es, mit Erfolg . Er war ein ganz anderer Mann wie wir es gewohnt waren, Goldkette am Hals und Ringe an den Händen, bunte Tätowierungen und ein sicheres Auftreten . In der DDR kannten wir so was nicht, schon gar nicht im Bergbau . Wir unterhielten uns natürlich über Politik, dabei wurde mir immer klarer, dass ich auf der verkehrten Seite wohnte . Wenn wir die nächsten Abende in die Nachtbar kamen, ging die Musik aus und das " Rock and Roll " Band wurde ohne Aufforderung eingelegt . Einmal waren wir vorher noch Baden, wobei Uwe und ich die Unterhosen anließen und diese nass wurden . In die Bar eintretend, hingen sie dann über unsere Schultern und die restliche Nacht über der Stuhllehne (weiße Feinrips), sehr zum Ärger der ihr Geld einteilenden und deshalb nüchternen DDR-Bürger .

 

Einen Abend waren wir in einer Weinkneipe und dort spielten Zigeuner mit Geigen für die Gäste. Uwe klebte einen Lewa-Schein an die schweißperlentriefende Stirne des Chefs  der Band und sagte wie gewohnt, " Habe wir Rack ee Roll ? ". Die spielten dann wirklich welchen und gut sogar, allerdings nur solange wie Uwe Geld               " nachklebte " .

 

Es war ein gelungener Urlaub, wobei mir das Einleben in der DDR noch schwerer fiel wie sonst . Die Russenreifen hatten gerade 16000 km runter, als wir zu Hause waren schaute bei den hinteren Reifen (Heckmotor) die Leinwand aus dem Gummi . Wenn 2 Reifen im Ausland  kaputt gegangen wären, hätte ich ein Problem gehabt .

 

Leider hielten diese Bekannten keinen festen Kontakt mit uns, schrieben später einmal, wir sollten an ihrem Urlaub in Albena teilnehmen . Die dachten, wir könnten auf das Reisebüro gehen und einfach  buchen, nach der Übersiedlung besuchten wir sie, aber es war eben kein Urlaub und wir bekamen einfach keinen " Draht " mehr zu ihnen .

 

 

 

Es wurde in der DDR immer schwieriger sein erarbeitetes Geld sinnvoll auszugeben, man errichtete extra teure Läden, wir waren jedoch immer sparsam und sahen uns den Gegenwert genau an . Kauften selten überteuerte Waren, schon gar keine Ostprodukte . An Wochenenden leisteten wir uns jedoch mal eine Flasche italienischen Schaumwein mit Ananasfrüchten aus der Dose darin, etwa 32.- Mark kostete das, bei unserem Verdienst fiel das nicht ins Gewicht . Möbel standen als Beratungsmuster in den Geschäften, ansehen und bestellen konnte man . Nach Jahren der Wartezeit wollte man Solche vielleicht nicht mehr, so war es mit allem " Konsum " geworden . Ich fragte mich, warum ich für eine Art " Spielgeld " arbeitete ? Durch das Westfernsehen wusste ich, dass es auch anders ging, wieso sollte ich im Leben der Angeschissene sein ?

 

Noch stand der Lada aus und damit war noch ein Ziel zu erreichen, so ging man weiterhin für den Sozialismus arbeiten .

 

In der Wohnung fing ich mit dem Tapezieren an, da in den Betondeckenplatten unter der Raufasertapete Löcher waren, beschloss ich mir ein leichteres Arbeiten für die Zukunft zu schaffen und die Decken mit Gips zu verschmieren . Mit der Hand und einer Spachtel fing ich an, es war jedoch ein schnelltrocknender Gips und machte arge Probleme . Nun schmierte ich ihn mit den bloßen Händen an die Decke, die Haut ging dabei " hinüber " . Es fehlte die Erfahrung und das Werkzeug, da ich nie aufgebe schaffte ich es aber doch . Habe auch nicht bedacht, dass ich kurze Zeit später in den Westen gehen würde, somit war es eine sinnlose Sache . Als die Kammer dran war, stand der 5-türige Schrank als Hindernis in dem Zimmer, somit ging ich ein paar Tage um diesen herum . Nach Abschluss der Arbeiten ging ich in die Kneipe und musste wieder einmal den Geist                  " freispülen ". Nachts weckte mich die Frau, als ich in einer 30cm Lücke zwischen dem Schrank und der Wand stand . Sie war durch mein Stöhnen aufgeweckt, als ich auf das WC wollte glaubte ich der 5-türige-Schrank steht vor der Türe, und verzweifelte da er nicht weichen wollte und ich musste dringend ! Direkt daneben war die freie Tür, Teufel Alkohol !

 

Ich trank damals nicht viel, jedoch wenn dann konnte ich nie aufhören, dadurch musste ich " voll " werden . Da wir mit den Kindern immer wegfuhren um irgendetwas anzusehen, wie Tierpark oder Museum, ging es auch nicht zu oft . Die DDR hatte eine null Promillegrenze . Auto fahren wollte ich schon gern weiter, jedoch habe ich mit Restalkohol einige Fahrten, nach Feiern am nächsten Morgen gemacht und das war sehr leichtsinnig, es hätte zum Entzug der Fahrerlaubnis führen können . Auch habe ich in den 12 Jahren im Schacht, 3-4 mal die letzte Frühschicht am Freitag wegen Trunkenheit nicht antreten können . Am Donnerstag Abend ging ich in die Kneipe " auf ein Bier " und konnte nicht aufhalten . Stark wie man sich fühlte, meinte man am Morgen die paar Stunden schon rumzukriegen und viele schafften es auch . Ich jedoch nie, mir war immer sehr schlecht und ich konnte nie Aufstehen . So musste ich am Freitag der Frühschichtwoche, Mittagschicht fahren und strafte mich selbst, da ein langes Wochenende, von Freitagmittag 14°° bis Montag zur Nachtschicht 22°°, versaut war . Irgendwann lernte ich dann doch daraus und ging unter der Arbeitswoche nie mehr ins Wirtshaus .

 

Unsere Autos habe ich vom 1. weg schon mit einigen Veränderungen versehen, jedes bekam selbst gespritzte Rallyestreifen, in Polen holte ich Sportspiegel und Radkappen . Man wollte sich schon von den anderen Trabants, oder " Sapos " abheben, besonders ich . Auch verkauften die Polen " Westaufkleber " auf ihren Märkten, die kamen an die Türverkleidung ins Auto, da sie außen abgezogen wurden (von Kindern und Jugendlichen) . Ich zeigte damit was ich von der DDR hielt, oder eben nicht .

 

Mit meinen Eltern bin ich ein Wochenende nach Pirna, zum Sohn meines Stiefvaters, gefahren, sie haben den Sprit immer gezahlt und so konnte man das Gute mit dem Nützlichen verbinden . Der Sohn meines Stiefvaters war Geologe und wohl damals Parteisekretär, wir tranken die Nacht und logischerweise redeten wir über Politik . Ich hatte Bedenken deswegen, war aber durch den Alkohol doch leichtsinnig, er war jedoch ein " normaler Mensch " und versuchte zu  argumentieren . Seine Frau giftete nur, wie wir mit unserer Meinung die Kinder erziehen könnten . Sie schickte scheinbar ihre mit DDR-Fahnen in die Schule . Er sah durch die rote Brille, ohne jedoch andere Meinungen abzuwürgen, es war ein gutes Streitgespräch . Ich hatte sogar neues über die Altersbestimmung mit der " Kohlenstoff- methode C 14 " gelernt, aber nicht verstanden . Erst vor kurzem habe ich im Fernsehen das Thema, gut erklärt und anschaulich gemacht, gesehen und verstanden . Er sah nicht ein, dass die Russen entgegen der DDR-Propaganda aus den USA Getreide einführten, sowas glaubte er eben nicht, wie andere meiner Anmerkungen . Wir kamen trotzdem ganz gut zurecht, im Kinderzimmer lagen ein paar Steine herum, auch ein Stück Fadensilber . Ich sagte, dass es zu schade zum spielen sei und durfte es mitnehmen . Er erzählte mir von 2 faustgroßen Stücken die er mal hatte (zu der Zeit ein Wert eines Autos), sie haben da noch bei dessen Schwiegermutter  gelebt . Als er eines Tages im Schrank nach den Steinen suchte, meinte die Schwiegermutter, sie habe diese schon lang in den Müll geworfen . Im Schrank sehen Gläser eben besser aus als Silberstufen, so denken Frauen ! Das Stück Silber von ihm besitze ich selbstverständlich   noch .

 

An einem Freitag (glaube ich) ist im Fernsehen gemeldet worden, das Bill Haley gestorben  ist, ich hatte eigentlich Nachtschicht . Man hat das Programm der ARD geändert und am Abend den Film " Rock Around The Clock " gezeigt, auch im Westfernsehen gab es nicht oft so was zu sehen, und ich beschloss mein Moped kaputt gehen zu lassen . Am Montag meinte der Reviersteiger warum ich nicht angerufen habe, er sah jedoch schnell ein, dass dies Nachts und in der DDR nicht so einfach war . Telefone waren für Normalbürger Utopie .

 

Wenn ich sehr viel Stress auf Arbeit hatte, versuchte ich wie viele dem durch Krankschreiben zu entgehen . Die Ärzte waren jedoch unsere von der Wismut und es war oft schwer an einen Krankenschein zu kommen . Andere Ärzte durften uns später nicht mehr behandeln, außer in Notfällen, so mussten wir auf dem Schacht ins Ambulatorium  gehen . Ich habe mir einmal eine Schöpfkelle auf dem Gasofen glühend gemacht und mein rechtes Bein verbrannt . Zum Arzt sagte ich, es wäre am Motorradauspuff passiert und habe einige Wochen damit Krank gemacht . Weil es schlecht heilt, wenn es zwischendurch " Nass " wird . Seltsamerweise, habe ich das Verbrennen kaum gemerkt und da ich dachte, es hat nicht geklappt, die Stelle nochmals verbrannt . Bei der Armee hat man gelernt wie so was geht,                  " Abtauchen " genannt . Es heilte dann schlecht, weil der Verband aus " verständlichen Gründen " oft nass geworden ist .

 

Im Schneeberger Wismutkrankenhaus habe ich mir die Hämorrhoiden operieren lassen, im Schacht setzte man sich oft auf etwas Kaltes und durchgeschwitzt wie wir waren, ist das Gift fürs Gesäß . Es ist unter Vollnarkose operiert worden und ich hatte hinterher starke Schmerzen, später kamen die Dinger wieder und erst seit dem ich zu Hause bin und nicht mehr auf kaltem Untergrund sitze, habe ich   Ruhe . Die Krankenschwester meinte, dass viele Sportler darunter leiden, da sie sich verschwitzt auf den kalten Rasen setzen . Es redet kaum jemand darüber, aber sie sind eine Volkskrankheit !

 

In den Krankenhäusern habe ich viel gelesen, schon als Kind holte ich mir in der Bücherei Bücher und las gern, jedoch nur im Bett oder wenn ich aus anderen Gründen nicht raus   durfte . Meine Art des Lesens ist unnormal, was heißt, ich lese sehr schnell und oberflächlich, erfasse jedoch den Sinn . So las ich im Krankenhaus am Tag ein Buch von etwa 350 Seiten durch . Es waren meistens Abenteuerromane und Reisebeschreibungen von Entdeckern . Bei einigen, heute von mir gelesenen Büchern, geht das nicht mehr, da es nun auf bestimmte Satzzeichen und Formulierungen ankommt, so muss ich (z.B. bei " Nietzsche ") öfter einen Satz lesen um ihn zu verstehen .

 

Aus unserem Krankenhausfenster sahen wir in die neben uns liegende Russenkaserne hinein, die Russen waren die ärmsten Schweine im Ostblock . Ohne Pause nur Drill und keinen Ausgang, außer die Besten, aber nur als Gruppe mit Offizier zum Schaufensterbummel ohne Alkohol . Über den Zaun konnte man unter Umständen, eine Uhr gegen eine Flasche Schnaps eintauschen . Am Morgen jagte man sie über die Sturmbahn, falls die Hindernisse nicht schnell genug genommen wurden, mit Arschtritten und lautem Fedja-Rufen dazu . Wenn ich dabei Fedja aus dem Fenster schrie, waren die Offiziere etwas " ruhiger ", da sie sich beobachtet fühlten . Wenn ich zur Frühschicht fuhr, habe ich sie entlang der Landstraße oft rennen  sehen . Vorm Frühstück schon einige Kilometer zu laufen, war normal für sie .

 

Auf dem Bahnhof in Oberschlema befand sich der Kohlenbahnhof, auf dem auch die Russen ihre Kohlen für die Heizung holen mussten . Ich sah wie russische Soldaten mit den bloßen Händen, aus dem Kohlenwaggon heraus ihren LKW beluden . Ohne Schaufeln und wie Ameisen, zum Gespött der Leute hat sich diese " Raumfahrtnation " dabei gemacht .

 

Später ließ ich mir noch ein Überbein in dem Krankenhaus wegmachen, die Ausreise war beantragt und ich wollte fit in den Westen gehen . Bei der Operation stellte sich heraus, dass es sich um einen Tumor (gutmütig) in der Sehne handelte, es dauerte länger als geplant und vermutlich, durch das lange abbinden des Armes, sind Nerven abgestorben . Am Nächsten Tag löste sich die Haut ab, der Arzt meinte nur " Wir werden doch nichts versaut haben ? " Ich machte anschließend lange Zeit Schonplatz, auf der schon erwähnten Waage im Bauhof . Die Nerven sind nie wieder richtig genesen, jedoch an der linken Hand behindern sie mich nicht weiter . Zu diesem Schonplatz fuhr ich täglich mit dem Auto und während der Arbeit auf die Nachbardörfer, um Gemüse oder Fleisch zu besorgen, es ist mir oft gelungen . Tagsüber und auf dem Dorf war mehr zu erhalten, als in unserer Neubausiedlung nach Feierabend, wir arbeiteten Beide und dann gab es nach Schichtschluss nichts zu  kaufen . Zum Fleischer musste man Vormittags gehen, nach der Arbeit gab es nichts mehr . Fleisch war damals nur als ein Stück und nur Donnerstags zu bekommen, entweder man nahm Rind oder Schwein, Rouladen usw. gab es nicht mehr . Später im Westen begriff ich erst, wie viel Sorten Fleisch ein Tier haben kann .

 

Wir kauften (wenn am Kiosk noch vorhanden) öfters die Hundezeitung, ich wollte meinen Kindern und mir einen Hund kaufen, die Frau war dagegen da sie Angst davor hatte . Im 5. Stock ist es jedoch nicht so einfach und ich nahm unserem Sohn das Versprechen ab, sich um ihn zu kümmern . Es war schwierig einen geeigneten zu finden, er sollte groß sein und schön anzusehen . Wir sahen uns Neufundländer an und die Verkäufer rieten uns ab, als sie hörten das er auf dem Balkon und in der Wohnung gehalten werden sollte, wir sahen die Elterntiere und verstanden das . Sie waren wirkliche Riesen und schliefen im Winter unter dem Schnee, ließen sich Nachts einschneien und schüttelten sich am Morgen nur das Fell frei . Wir suchten weiter, bekamen aber auch keinen Dalmatiner und sonst nichts Passendes .

 

Mir tat nun immer öfters das Gesäß und der Oberschenkel auf der Linken Seite weh, ich wusste nicht wo das her kam und machte  Krank . Der Arzt schickte mich, da es unklare Symptome waren, ins Krankenhaus . Dort lag ich im April 6 Wochen bei herrlichstem Sonnenschein auf der Orthopädie-Station mit einigen Männern auf dem Zimmer, fast alles Bergleute . Ein Meister, der die Wismuthandwerker unter sich hatte, lag auch da . Wir waren alle mit kaputten Knochen und deshalb konnten wir auch mal Alkohol   trinken . In der Kantine durfte keiner an Patienten verkauft werden, wir bekamen bei einigen Verkäuferrinnen dennoch welchen . Der Meister hat nun den Handwerkern im Krankenhaus den Auftrag gegeben, täglich Bier zu liefern, sein Spind war immer gut gefüllt . Wir bezahlten ihn dafür und so ging es uns sehr gut, ich hatte nach der Entlassung 85kg somit etwa 10kg mehr als vorher . Die Mittagspause brauchten wir als einzige Station nicht einhalten, lagen bei dem herrlichen Wetter auf den Bänken am Teich und sonnten uns . Ein paar junge Mädels lagen auch auf der Station, somit war für Unterhaltung gesorgt .

 

Im Zimmer ein Lokfahrer (von meinem Schacht)  trank gern und beschwerte sich am Sonntag bei seiner Frau, als sie mit einer Vase und Blumen auftauchte, " Diesen Mist bringst du mit und im Keller den Schnaps vergisst du " . Am nächsten Mittwoch zur Besuchszeit (2 mal in der Woche 2 Std.) gab es dann Schnaps, als er am Abend auf die Toilette wollte lief er gegen die Wand . Um etwa 1m hat er die Türe verfehlt und trat dabei in den Papierkorb, knallte noch mit dem Kopf an die Wand . Seine Tabletten nahm er nicht, warf sie aus dem Fenster, da er Angst hatte, sie könnten sich nicht mit dem Alkohol vertragen . Die Vögel und Mäuse auf dem Krankenhausgelände, müssen durch die Tabletten sehr gesund geworden sein . Wir lagen am Ende des Flures und zur Toilette hatten wir ca. 60m zurückzulegen, dabei mussten wir an der Nachtschwester vorbei laufen . Die ärgerte sich über das ständige klappern unserer Pantoffeln . Als in der herrschenden Hitze dann noch tagsüber das Bier im Waschbecken zum kühlen lag, wurde der Arzt darauf aufmerksam gemacht . Er sagte nun, wir sollten etwas kürzer treten, gegen das Trinken hätte er nichts weil wir wegen der Knochen hier legen, jedoch sollte alles im Rahmen bleiben . Wir machten ihm keinen Ärger mehr, traten kürzer .

 

Am Teich trafen wir eine ältere Frau, die redete wie wir Männer (geradeheraus) und hatte auch eine überdurchschnittliche Größe, sie hatte einige Tiefe Narben am Bein und berichtete mir wie es dazu kam, - " Kleiner, ich bin 70 Jahre geworden, habe den Krieg mitgemacht und bin ein Leben lang in der Firma meines Vaters LKW gefahren . Da breche ich in meinem Alter nun noch beim Wäsche aufhängen, in die Jauchengrube ein " - . Sie war durch einen verrosteten Eisendeckel durchgerutscht und die Bakterien haben die schweren Wunden arg zerfressen . Sie war gut drauf und nahm alles locker, die Frauen auf ihrem Zimmer haben Abends gern mal Wein getrunken . Der Wein und die Medikamente wirkten zusammen          " Seltsam " und sie war Nachts auf der Zugspitze gewesen, (sie war als Kleinkind einmal oben gewesen und hatte vorher nie davon geträumt), wenn wir uns Abends trafen und verabschiedeten, sagte sie nur noch, " Ich muss heute noch zur Zugspitze ".

 

Bei mir war man sich nicht einig, die Röntgenbilder gaben scheinbar nichts her und da ich seltsame Symptome schilderte, konnten sie nichts einordnen . Wenn ich 200m lief zog es mich krumm, bückte ich mich kurz konnte ich weiter laufen, lag ich nur kurz auf dem Bett war ich vollkommen schmerzfrei . Der Chefarzt sagte was von Wurzelstörung und ohne Besserung entließ er mich . Er konnte mit dem Geschilderten scheinbar nichts anfangen und vermutete wohl, dass ich nicht gesunden wollte (was falsch war), auf dem Weg zum Bahnhof musste ich mich weiterhin in Abständen  bücken . Nach einigen Tagen fuhr ich wieder ein, als dann nach 2-3 Wochen meine Hüfte an der Seite etwa 10cm heraus drückte und ich nicht mehr hoch kam, behandelte mich unser Orthopäde nun als echten Kranken . Um den Ischiasnerv zu beruhigen bekam ich " Blockaden ", die den Nerv für Stunden lahm legten und das Bein wie Gummi werden ließ . Spritzen mit sehr langen Kanülen wurden ins Becken neben der Wirbelsäule geschoben und dort der Nerv betäubt, das hielt nur 8-10 Stunden an . Die Schmerzen wurden nicht weniger und so habe ich in dem Jahr nur 2-3 Monate gearbeitet . An Urlaub war in dem Jahr nicht zu denken .

 

Der Meister aus unserem Zimmer hat über Schmerzen in den Fußzehen geklagt und jeder glaubte, der wolle nur Krank machen, er ist auch ohne Genesung entlassen worden . Als ich bei meinem 1992 erlebtem Bandscheibenvorfall, nach Monaten der langsamen Genesung das gleiche spürte, wusste ich, der hatte wirklich Schmerzen . Es ist wie ein Krampf und ein Gefühl als wenn sich die Fußzehen zusammenrollen wollten .

 

Das eine Mädel aus dem Krankenhaus hat mich angebaggert und da sie 8 Jahre jünger war, hat sie mir schon gefallen, wir sind in dem Sommer einige Male zusammen baden gewesen . Meine Frau merkte das etwas nicht normal war und stellte mich vor die Wahl, ohne Streit entstehen zu lassen . Damit tat sie das richtige für unsere Familie, ich musste die Verantwortung übernehmen und blieb bei dem gewohnten Leben . Mit Vorwürfen und Streit ihrerseits, wäre ich vermutlich gegangen .

 

Im September ist unsere Tochter eingeschult worden und wir konnten kurz danach einen Boxer-Hundwelpen abholen, die Eltern waren DDR-Sieger und ich nahm ihn gern . Mit den gerade abgeschnittenen verbundenen Ohren, fuhren wir im Auto nach Hause, setzten ihn vorm Haus auf die Wiese und er wollte kein " Wasser " lassen . Kaum im 5. Stock holte er das auf dem Teppich nach, es ist sehr schwer und braucht Geduld einen kleinen Hund stubenrein zu bekommen . Erst wenn man bei Wind und Wetter hinaus muss und auch am Morgen zeitiger Aufstehen, merkt man, dass es nicht nur Spaß ist einen Hund zu haben . Ständig lief ich mit dem Lappen und Wassereimer herum . Spaß gab es auch und alle mochten ihn, jedoch nicht für " Jeden " zu empfehlen, man muss schon viel Verantwortungsgefühl mitbringen . Nachts, und am Tag wenn keiner in der Wohnung war, wurde er auf den Balkon gesperrt . Ich habe eine schöne Hütte mit 2 Vorhängen als Windfang gebaut, er gewöhnte sich schnell daran und Abends wollte er von sich aus in seine Hütte . Machte jedoch noch lange seine                 " Geschäfte " auf den Balkon und wer zuerst nach Hause kam musste sauber machen . Ein junger Hund soll noch keine Treppen (abwärts) steigen, ich trug ihn immer runter .       

 

Als er in der Wohnung schon stubenrein war, hat er mir oft noch im Treppenhaus beim hinuntertragen die Sachen nass gemacht . Später als er dann selbst die Treppen abstieg, mussten wir jedes Mal sauber machen . Mindestens ein halbes Jahr muss man rechnen, ehe einigermaßen von Stubenreinheit gesprochen werden kann, unserer war erst nach 9 Monaten sauber . Besser gesagt, er hielt dann 8-10 Std. lang durch . Ein Hund (Tier) ist nicht in der Lage zu denken, er reagiert instinktiv und seiner Natur gemäss . Sinnlos ihn zu schlagen, oder auszuschimpfen !

 

Unserer hatte einen ausgeprägten " Hütetrieb ", sobald die Tochter (etwa 7 Jahre alt) sich beim Spazieren gehen von der Gruppe entfernte, traf sie die Boxerschnauze in voller Fahrt . Dabei konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten, unsere Tochter lief dadurch meistens sehr brav neben uns . Als er später (nach dem Verkauf bei einem Besuch) mit unserem Sohn im Gelände war, rannte im Feld eine Katze weg und sein Jagdtrieb war nicht zu bremsen . Die Katze schüttelte er und brach ihr das Genick, ehe der Sohn etwas tun   konnte . Hunde hatten vor ihm Ruhe und er ließ sich beißen, ohne Angst vor ihnen zu bekommen . Unser 2. Boxer tat später das Gegenteil .

 

Nun war unsere Autobestellung soweit, ich sah auf dem Autohof, vor meiner alten Garage in Schlema, dass alles voller Ladas stand (in der neuen Siedlung war keine Garage zu bekommen). Fragte nun nach ob ich denn auch bald dran sei, worauf man mir sagte, dass meine gewünschte Farbe nicht dabei wäre . Ich wollte nicht warten und nahm einen Braunen, endlich ein Traumauto ! In den 60ern war der  Fiat 124 " Europa Auto " des Jahres gewesen, nun durfte ich ihn als Lada kaufen . Es war der größte in der DDR, bis auf die wenigen Volvos und Wolgas . Ein Arzt hatte ihn und andere " Größen ", ich nun auch ! 28 Jahre war ich alt, so was zu besitzen war in meinem Alter selten . Mein Ego feierte Feste !

 

Wir hatten über eine Zeitungsannonce ein Tisch-Billard gekauft, mit einer richtigen Schiefer-platte im Inneren . Da es sehr schwer und groß war, habe ich an die Seite zwei Rollen gebaut um es schnell und mit wenig Kraft in die Stube auf den Tisch zu bekommen, ansonsten stand es hochkant hinter dem Kinderzimmerschrank . Der Hamster meiner Kinder ist aus dem Glas geflohen und hat die Kante des Billards zerfressen . Einem Bekannten habe ich später die Schieferplatte gegeben und er hat sie vor seine Badewanne                    " eingefliest " .

 

Im Dezember musste ich eine Kur in dem wismuteigenen Kurheim antreten, vorher habe ich Krank und Schonplatz gemacht . Schonplatz musste man vor allen bei Unfällen machen, da sie ab 3 Kranktagen gemeldet werden mussten und dann in der Statistik auftauchten,  was den Plan durcheinander brachte und nicht erwünscht war . Somit wurde nach Möglichkeit Schonplatz verschrieben . Man arbeitete auf dem Schacht in der Küche, oder in der Wäscheausgabe, alles leichte Arbeit und gern gemacht . In der Küche habe ich auch einige Male gearbeitet und es war ein Spaß unseren Koch zu Ärgern, der regte sich gern auf und ist deshalb gerade gehänselt worden, er stürmte auch schon mal mit einem Beil in den Speisesaal, wenn er von einem Bergmann " schwer " beleidigt wurde . Die Bergmänner nannte er       " Goldgräber ", wenn er seine Frauen anwies, sagte er z.B., " Das ist für die Goldgräber, zur Mittagschicht " !

 

Er schilderte mir sein Leid, nach dem Krieg war er auf der Reeperbahn als Koch angestellt, wo er nach der Währungsreform all sei erspartes Geld verloren hatte . Vermutlich ist er vor Wut in die DDR gegangen, er sprach nicht gern darüber . Oft sagte er, " Koch kann man nicht erlernen, dafür muss man geboren sein " ! Und hob einen Sack Fertigsoße hoch um sie anzurühren, viel mehr blieb ihm aber wirklich nicht übrig . Am Tag mussten einige 100 Essen gekocht werden . Wenn wir Essenmarken (vom Urlaub oder Krank) übrig hatten, konnten wir in der Küche Gänse oder ähnliches für zu Hause eintauschen . Ein Fleischer war auch dort beschäftigt, den sah man selten . Einige Male sah ich ihn an einer Schnapsflasche trinken, er war jedoch nicht besoffen, wohl aber auch nie Ohne .

 

Zur Kur fuhr ich mit der Bahn, Autos waren verboten . Wir bekamen die Behandlungen für die Wirbelsäule und Sport dazu, ein Schwimmbecken war auch vorhanden und alles erst neu und modern eingerichtet . Am Nachmittag war dann Feierabend und nach dem Abendbrot ging es in die Kneipe . Dort saß ich mit zwei Männern und fragte den Einen, warum wir ohne Frauen da sitzen ? Alle anderen hatten Mädels und tanzten in dem riesigen Hausflur . Er meinte, wenn man nicht schon im Zug die ersten Kontakte knüpft, wären alle vergeben . Damit hatte er recht, es ist nicht zu glauben wie die Menschen sich betrügen . Auch 50jährige hatten noch Interesse an neuen Partnern, was ich damals nicht vermutete . An Sonntagen war Besuchstag und Einige kannten sich an diesen Nachmittagen nicht mehr, obwohl sie am Morgen noch Händchen hielten . Sie liefen ohne sich anzusehen aneinander vorbei, Abends tanzten sie jedoch wieder . Ich habe erfahren, dass der Nachtwächter im Nachbardorf eine Garage an die Kurgäste vermietet und habe meinen Lada geholt, dort sah ihn keiner und nach einem Fußmarsch von 2-3km, war ich mobil . Nun konnte ich nach Hause fahren, jedoch nur am Wochenende lohnenswert, wegen der langen Fahrzeit . Die Straßen waren schlecht und die nur 35km hätten zu lange gedauert . Wir konnten jedoch die Gegend erkunden und auch sind wir wegen der Weihnachtsgeschenke herumgefahren . An einem Abend hing ich mit " Kreislaufproblemen "   zwischen meinen Kumpels, als der Bereitschaftsarzt uns Heimkehrer kontrollierte . Ich lallte ihn auch noch voll und musste Morgens zu ihm ins Zimmer . Er war jedoch human und ermahnte mich nur, weniger zu trinken . Es konnte passieren, dass man die Kur (bei Abbruch wegen Alkohol) bezahlen musste . Wir bekamen aber täglich mehr Training und vertrugen immer mehr, die " Behandlungen " taten uns demnach gut . Unser Nachbarheim wurde von dem dort zuständigen Arzt zu Weihnachten einen Tag vor uns entlassen . Wir saßen am Abend zum letzten Mal und fast allein, in der Kneipe . Ein aus Mecklenburg stammendes Mädel, was in der  Küche arbeitete, baggerte mich an und wir tanzten zusammen . Ohne es zu planen hatte ich nun auch noch eine Affäre, der Nachtwächter war nicht da und so ergab es sich, dass ich zum letzten Mal " Fremd " ging (bis zum heutigen Tag)  .

 

Die herrschende Moral, einem von außen aufgezwungen, macht einen dann ein schlechtes Gewissen . Ich hatte oft eines, möchte jedoch auf keine der gemachten Erfahrung verzichten und wenn ich mir das Gefühl, etwas verpasst zu haben, vorstelle ist es auch nicht das   Wahre . Im Großen und Ganzen bin ich mit dem Leben sehr zufrieden, was dass wichtigste ist ! Man lernt aus Erfahrungen und sollte sie machen .

 

Unser Hund war eine Wasserratte, ich habe ihn zwar das erste Mal hineingeworfen, was man nicht tun soll . Er war darauf nur noch im Wasser, wenn er welches riechen konnte sauste er los . Vor erreichen unserer Teiche, die im Wald oberhalb unserer Siedlung lagen, zog er schon Baumreste aus dem Wald, die ich ins Wasser werfen sollte . Er tat dies mit nicht nach-lassender Begeisterung, im Winter rutschte er einmal am Ende des Eises ins Wasser und kam kaum wieder auf festes Eis hoch . Als er nach einigen Versuchen aus dem Wasser war, rannte er zurück und holte den vergessenen Stock doch noch .

 

Der Teich ist später vermutlich durch Überdüngung " umgekippt ", erst waren viele Pflanzen und sauberes Wasser darin, dann war er trüb und stank . Die LPG hatte Felder daneben und ist sicher Schuld daran gewesen .

 

An einem Sonntag waren wir mit dem Auto unterwegs, als sich der Hund beim spazierengehen in eine Schlammkuhle legte . Das wenige Wasser im Bach reichte nicht aus um ihn zu säubern . Er musste in unseren schönen Lada, dreckig wie er war ! Ein anderes Mal ist er, als er eine Katze sah, aus dem Auto gesprungen und ohne auf mich zu hören ihr unter die auf dem Parkplatz abgestellten Autos nachgerannt . Eigentlich nicht schlimm, jedoch in der DDR waren die Autos mit allem möglichen Unterbodenschutz beschmiert . Von Altöl über Kohlenstaub benutzte jeder sein Geheimrezept, um den Wagen lange zu erhalten . So sah der Hund nun auch aus . Da ich mit den Bandscheiben Probleme hatte und unser Sohn nicht gern mit dem Hund ging, dieser auch noch nicht stubenrein war, habe ich ihn nach 7 Monaten in die Hundezeitung gesetzt . Es meldete sich aber kein Käufer . Wenn ich den Zeigefinger hob und sagte, " Pass auf, die Russen kommen ! " fing der Hund jedes mal zu Bellen und zu Knurren an . Ich habe ihm das nie beigebracht, das er das lernte muss ein reiner Zufall gewesen sein .   

 

1980 war nun wieder mal ein Urlaub fällig, wir hatten von Jemanden die Adresse eines Ungarischen Ferienhauses bekommen und hatten auch diese Unterkunft für uns im Sommer gebucht . Es ging mit dem Auto an den Plattensee, in der DDR versuchte ich dafür ein Surfbrett zu bekommen . In Chemnitz war ein großes Sportgeschäft, auf die Frage nach einem Surfbrett, musste ich der Verkäuferin erst erklären was das ist . Gab es also nicht . Wir luden nun Zwiebeln und Kartoffeln ins Auto, um das Geld (Umtausch limitiert) für Klamotten, die es in Ungarn geben sollte, zu schonen . Wir glaubten dort im Westen zu sein, Supermärkte und Zigeunermärkte in allen Orten, mit großem Angebot . West-T-Shirts, Jeans usw., wir kauften uns für alles verbleibende Geld Textilien . Ich mir welche mit Westaufschriften, eines hatte  " Go West " darauf stehen und wurde lange Zeit mein       " Bestes Stück ". Ich provozierte gern und besonders damit . Mit einem Nachbar dort, der Bergmann in Ungarn war, habe ich einige Flaschen mitgenommenen Wismut-Schnaps geleert . Jahre später bin ich dann von der neuen Heimat BRD, zu ihm in sein Haus gefahren . Wir redeten nicht richtig , da er kaum deutsch sprach, aber auf dem Schnaps war ein Förderturm zu sehen, dass reichte uns zur Ver-ständigung . " Prost Josef ! ", er soll inzwischen gestorben sein .

 

Wir kamen aus dem Urlaub zurück und der Hund war nun stubenrein und hatte auch in Ungarn den Vermieter (Fleischer) angefallen, was für seine Wachsamkeit sprach . Wir waren mit ihm zufrieden und wollten ihn behalten, am Tag unserer Rückkehr stand ein Auto vor unserem Haus . Eine Familie wollte zu uns, da wir wegen dem Hund in der Zeitung annonciert hätten . Ich glaubte es kaum, nach einem viertel Jahr stand nun die Annonce in der Zeitung, wir sagten ihnen, dass wir inzwischen zufrieden seien und ihn nicht mehr verkaufen . Sie ließen nicht locker und sagten das sie ein Haus und Grundstück haben , ließen ihre Adresse da und fuhren ab . Ich habe mit unserer Familie tagelang überlegt und wir beschlossen doch noch zu verkaufen, zumal er es schön haben sollte . Unseren Sohn habe ich wegen des Hundes einige Male überprüft, er sollte mit dem Hund laufen damit der täglich seine Kilometer machte, müde wird und den Tag über Ruhe hält . Unser Sohn spielte jedoch auf dem Keilberg und der Hund war am Zaun festgehängt, logisch das es Ärger gab . Mit diesen Beispielen überzeugte ich ihn dann vom Verkauf, die Kinder sollten dafür ein großes Aquarium bekommen . Wir sollten den Hund auch öfters Besuchen dürfen, somit haben wir ihn dann doch noch verkauft . Wir fuhren mit ihm in das neue zu Hause und blieben ein Wochenende dort, er schaute zwar dumm als er bleiben musste, aber das ist nun so . Wir waren auch alle " geknickt ", besuchten ihn aber öfters und er hat sich immer gefreut . Das Aquarium wurde nun bauen lassen, da es groß sein sollte und es nichts brauchbares gab, ich habe die nächsten Jahre für Unmengen an Geld Fische gekauft . Die gab es in der DDR aus Privatzucht genug und dabei auch seltene Sorten, nur eben teuer . Da man meist nach Aussehen kauft, diese Fische sich aber oft nicht zusammen vertragen, ist es ein Fass ohne Boden gewesen . Als ich einmal zu viele Wasserflöhe als Futter in das Glas gab, sind in einer Nacht ein paar hundert " Mark gestorben " ! Das Wasser wurde trüb weil die Flöhe abgestorben waren, einige neue Welse überstanden es nicht .

 

Nun noch einiges zur Wismut und den Erfahrungen in Ihr, politisch musste immer ein gewisses Bild aufrecht erhalten werden . Plan war Gesetz und vom Einsatz der Bergleute her, bestand keine Gefahr für diesen . Geld lockt am meisten und so bremsten die Steiger durch ihren Sicherheitsanspruch uns Bergleute eher, bei jedem schweren Unfall ist die Ursache gründlich untersucht worden . Von Oben und auch von ganz Oben (Ministerium), ist dann weltfremdes Denken als Vorschrift entstanden, wir wurden damit in der Leistung gebremst .

 

Sollte doch einmal der Plan gefährdet gewesen sein, hat man uns Doppelflächen berechnet und der Plan war erfüllt . Ansonsten musste der Brigadier sehr um Anerkennung der gelegentlich anfallenden Überbreiten (Doppelfläche) feilschen . Besonders der Erzplan (für die Russen wichtig) wurde manipuliert . Unsere Lagerstätte war nicht rentabel, auf fast 2000m Meter wurde der Schacht getrieben und er hat mit Sicherheit keinen Gewinn gebracht . Der Plan richtete sich nach der zu erwarteten Erzmenge, so hat man immer nach Erfüllung des Planes, die besten Abbaue gesperrt bis dringend Erz gebraucht wurde . Somit verhinderte man, dass im Folgejahr der Plan anstieg und gegebenenfalls nicht erfüllt werden konnte . Unser Abbau diente eine Zeit als solche Reserve, wenn der Plan in Gefahr war durften wir Erz Abbauen, ansonsten lag er still und wir arbeiteten auf einem Anderen . Auf diesem Unergiebigen machten wir inzwischen die nötigen Quadratmeter für das Geld und wegen des Meterplanes . Typischer sozialistischer Selbstbetrug ! In einer Strecke ist ein ganzer Erzzug eingemauert worden, weil der Plan erfüllt war . Gegen Strahlungs-vorschriften ist damit auch verstoßen worden . Später mauerte man keine Wagen (Hunte) mehr ein, da das zu einer Knappheit von diesen führte und die Bergleute unnötige Wartezeiten hatten .

 

Unser Brigadier war im Urlaub, als wir auf dem oben erwähnten Abbau das " dicke Erz " anschossen . Ehe es einer gemerkt hatte haben wir genug gemacht und ich habe meinen jemals höchsten Wismutverdienst erreicht . Als der " Boss " aus dem Urlaub kam und erfuhr was wir verdient hatten, schimpfte der Gift und Galle, er erhielt für seinen Urlaub den üblichen Durchschnittslohn . Wir haben gern Erz gemacht, da es extra bezahlt wurde . Nur gute Brigaden erhielten gute Abbaue, wir hatten einen bekommen der nicht viel erwarten ließ, jedoch nun als Reserve für ein Jahr wichtig war .

 

Da von den Bergmännern in einem sowjetisch-deutschen Betrieb erwartet wurde in der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft (eine Organisation) zu sein, haben die Brigaden den geringen Beitrag direkt aus der Brigadekasse bezahlt . Anderenfalls wären sie nie zu den Beiträgen gekommen, was wiederum eine Schande gewesen wäre . Auch die Gewerkschaftsbeiträge sind selten bezahlt worden, ich sollte einmal für 2 Jahre nachzahlen, sonst wäre die Brigadekasse nicht mit einer zu erwarteten Prämie gefüllt worden . " Oben " feilschte ich dann immer und bekam jedes mal einen symbolischen                          " Freundschaftspreis " gemacht . Warum mehr ausgeben wie nötig ? Die Gewerkschaft hatte keine Funktion, war nur Alibi in der DDR, hatte nichts zu sagen und wollte das auch nicht . In Polen streikte später die Gewerkschaft unter Walesa, nun sahen wir im Schacht Leute von der Gewerkschaft, die wir noch nie gesehen hatten . Man wollte wissen, wo und ob uns der Schuh drückt, ob wir Probleme haben usw., erfreut hörte man sich unsere Vorurteile über die Polen  an . Es durfte nun offen auf das sozialistische Polen geschimpft werden, z.B. " Die haben noch nie gearbeitet " , " Dieser liederlicher Haufen " usw. .

 

Während meiner fast 12jährigen Brigadezeit, haben wir 2 dreitägige Ausfahrten gemacht, immer mit wismuteigenen Bussen . Das erste mal nach Dresden, mit Besuch des " Kaffee Prag " (Variete) und einer Dampferfahrt zur Bastei . In der Prager Straße befanden sich die Interhotels, welche auch von den Gewerkschaften genutzt worden, alles gut gemacht . Nach dem Varietebesuch gingen wir in eine Weinkneipe und trafen auf eine andere Brigade aus irgendeinen Betrieb, alle waren gut drauf und ich schob die lang herunterhängenden Lampen an . Die andere Truppe stand in nichts nach und schon bald baumelten alle Lampen in der Kneipe, es war ein lustiger Abend . Am Morgen zum Frühstück fehlte mein Kamerad, zur Busabfahrt kam er mit seiner Frau und die erzählte dann was los war . Am Abend hat er sich  " Voll " in das WC begeben und ein Bein auf die Brille gestellt, nun das " Wasserlassen " erledigt . Jedoch die Hose nicht geöffnet, deshalb war am Morgen eben etwas Hektik ent- standen . Auf der anschließenden Dampferfahrt war es schon ver-gessen und wir hatten eine Riesenstimmung . An der Treppe wo der Kellner mit dem Biertablett hoch kam, saß ich, ab da kam der Rest der Brigade zu uns an den Tisch und erbettelte sich Bier . Andere Touristen bekamen auf dem Deck gar nichts mehr zu Trinken, sie beschwerten sich auch nicht, blickten aber angesäuert . Logisch das sich bei solchen Angelegenheiten, der Bergmann als König fühlte . Während der Busfahrt merkte ich wie weh es tut, wenn man kein Wasser lassen  darf, der hielt nicht an und erst als ich zu ihm nach vorn ging und ernstlich laut wurde, bremste er sofort . Wir waren noch mitten in der Stadt, schnell sind einige über die vor uns befindliche Mauer gesprungen und haben Obstbäume " gedünkt " , nur der             " kleine Horst " stand davor und verzichtete gezwungener Maßen .

 

Die 2. Fahrt ging nach Berlin und wir schliefen in dem hohen Hotel beim Alex, der Besuch des Friedrichstadtpalastes war am Sonnabend geplant und auch lohnenswert gewesen . Mit unserem Bus fand eine Stadtrundfahrt statt, ein Berliner Reiseleiter begleitete uns und redete beim Fahrer ins Mikrophon . Auf der letzten Bank neben uns saß ein anzulernender  Reiseleiter, wir hatten immer die große Schnauze und unter Alkohol sowieso . Jetzt wurde uns erzählt was die DDR geschaffen hat und wie schön das Leben im Vergleich zu Westberlin  sei, der " Neue " musste sich, neben uns sitzend, aus erster Hand die Meinung der Arbeiter (also unsere) nun direkt und ungeschminkt anhören . Ob er später daran gedacht hat, als er anderen Leuten ähnlichen Schwachsinn erzählen musste ? Als der Bus auf die Mauer zufuhr, rief mein Kumpel laut zum Fahrer, " Vollgas ! "  Alle lachten, nur der Reiseleiter verstand die Welt nicht mehr .

 

Am Abend auf den Treppen des U-Bahnhofs, sagte unser Brigadier zu seiner Frau, " Willst du dir nicht so einen schwarzen - Kriebel -  zulegen " ? Der vor ihm laufende Schwarze verstand aber deutsch und es gab Stress, wir konnten uns nicht vorstellen, dass so einer Deutsch sprechen kann . Wir kamen aus der Provinz, im wahrsten Sinne des Wortes . Noch mehr erstaunte ich, als am nächsten Morgen ein amerikanischer Armeebus vor unserer Kneipe stand und Soldaten in Uniform sich neben uns an der Bar Getränke bestellten . Richtige Amerikaner in bunten Uniformen ! Wir kannten nur Russen, die nicht in die Kneipe durften und nun diese Amerikaner, in ihrem Feindesland an der Bar . Das gibt zu denken ! Im rotierenden Restaurant auf dem Fernsehturm waren wir auch noch gewesen, mich interessierte nur wo Westen ist .

 

Am Sonntagabend wollten wir im Hotel in die Nachtbar, welche im 37. Stock war, sie wollten uns nicht hinein lassen und so tranken wir an der davor befindlichen Bar ein Bier . Ich gab den Damen der Bar eine Runde Sekt aus, worauf wir nun hinein durften . Vermutlich erwarteten sie so was, in der Bar spielte eine Band, obwohl wenige Leute darin waren . Das verstand ich schon gar nicht, kaum Gäste und wir sollten draußen bleiben ? Der Abend endete mit einem Besäufnis und " Männ,l " von unserer Truppe tanzte auf dem Tisch Rock and Roll . Wenige Monate später starb er, der Arzt hatte ihm das Rauchen verboten und obwohl er im Schacht kaum die Fahrten (Leitern) hoch kam, rauchte er weiter . Seltsam fand ich jedoch, dass er in dem Zustand noch arbeiten durfte, ein paar Wochen Krank und er war         " weg ".

 

Ansonsten gab es etwa jährlich einen Brigadeabend mit Essen und Tanz, alles wurde aus der Brigadekasse bezahlt .

 

 

 

Nun einige meiner Brigadekumpels in Kurzvorstellung, " Huck " hatte eine Frau die Sekretärin bei einem Parteisekretär war, er warnte mich vor seiner Frau, weil er wusste wie ich politisch dachte und lästern konnte . Sie hatte die Hosen an, wie man sagt, ich äußerte doch etwas durch die Blume und merkte wie sie sich innerlich, aufregte . Sie soll wohl auch eine Polizeistreife " angegiftet " haben (sie sei Sekretärin von ... usw.), die ihren Mann wegen überhöhter Geschwindigkeit anhielt . Huck war das peinlich und die Polizisten sahen, vermutlich aus " Mitleid ", von einer Strafe für ihn ab .

 

Mein Brigadier ging gern " Fremd " und auch Nachts war er oft zu Hause abwesend, er hatte dann " Kampfgruppenübung ". Besonders nach Kuren, erzählte er uns seine Sexabenteuer ausführlich .

 

Der Stellvertretende Brigadier (aus meiner Anfangszeit) war ein verschlossener Mann, aus einem Gebirgsdorf stammend, dass dafür bekannt war . Er schaute mir einmal zu wie ich mit dem " Bello " (einem 10kg Hammer), einen großen Brocken zerschlagen wollte, über die Kante rutschte ich ab und der Hammer traf ihn an dem Wangenknochen . Ein normaler Mann wäre umgefallen, er hatte nur abgeschabte Haut, warnte jedoch deswegen alle vor meiner                        " Gefährlichkeit ". Das habe ich mir lange anhören müssen . Als er einmal im Abbau Brocken zerkleinerte rief ich ihn zu mir, weil mir etwas aufgefallen war sollte er einen Moment warten . Ungläubig stand er dann neben mir und " muckte " schon, als sich an der Stelle wo er gearbeitet hatte, ein großer Brocken aus dem Hangenden löste . Nun meinte er, " Du kannst Hexen " und zerschlug diesen auch noch . Eher unscheinbar, hatte er Riesenkräfte und arbeitete stur und allein vor sich hin, lange war ich in seinem Drittel und lernte viel von ihm . Was man sich aber abschauen musste, denn er erklärte nichts . Sagte ich, " Das geht nicht ! ",  kam er und mit den Worten, " Es gibt nichts, was nicht geht " und machte dann widerwillig vor, wie es gemacht wird . Es ist später mein Lebensmotto geworden, er hatte absolut  recht !

 

Seine Frau hat ihm mit einem Hammer während des Schlafens auf den Kopf geschlagen und ihn verdächtigt er würde Fremd gehen . Im Haus beschimpfte sie deshalb auch die Frauen, deswegen ließ er sich scheiden . Ich arbeitete gerade mit ihm und er erzählte mir gegen seine Gewohnheit, das ganze Drama . Seine Frau war sehr hübsch und er nicht der Fremdgängertyp . Ich vermute heute, da sie im Wechseljahrealter war, lief mit ihren Hormonen etwas schief . Hormone steuern unser Denken und Handeln, es kann einiges              " Unerklärliches " dabei entstehen . Jahre später habe ich ihn noch mal getroffen, als er bereits Rente wegen seines Herzens bekam, er wollte gerade nach Thüringen zu einer neuen Frau mit eigenem Haus ziehen . Er hatte einen Bruder, auch Bergmann, der baute sich in ihrem früheren Heimatdorf ein Haus . Was in der DDR ein Wagnis war, Material war nicht zu bekommen, es fehlte auch bei diversen Beziehungen an allem . Das Haus war fast fertig, als er, ich glaube an Herzinfarkt, plötzlich verstarb . Ich spielte auch mit dem Gedanken (Hausbau), hatte jedoch nicht die nötigen Beziehungen, geschweige denn Erfahrung . Es war zu abschreckend und aussichtslos für  mich .

 

Ein anderer Kumpel der als " Kinderreicher " leichter dazu kam hatte ein Haus gebaut, der hat aus einem Urlaub Fliesen mitgebracht . Weil es gerade dort welche gab, transportierte er sie in einem Koffer mit der Bahn nach Hause, für normal Sterbliche ein Unding wegen des Ge-wichts . Er hatte aber die Hände danach, " Abortdeckel " wie wir sagten . Der Brigadier war von ihm begeistert, der glaubte immer, dass viel Schweiß und große Hände auch viel Leistung bedeuten . Stimmt nicht oft, mit meinem Kumpel zusammen leisteten wir das Gleiche wie diese Truppe, ohne zu Schwitzen . Eben mit Kopf, wie man sagt . Er erzählte oft, dass bei einem Abendessen von seiner Familie ein ganzes Brot verspeist wird . Da er sehr weit weg wohnte, musste er Morgens schon vor 3°° aufstehen . Der Wismutbus holte sie im Ort ab, selbstverständlich schliefen die Bergleute in den Bussen weiter, wie auch in den Transportzügen auf den Hauptstrecken Untertage .

 

Unser Ältester war Hans und schon fast 30 Jahre dabei, statistisch schon tot, da bei der Wismut nur wenige vom Anfang übrig waren . Er hatte die Ruhe weg, was vermutlich auch zum Überleben beigetragen hatte . Er stellte sich gern " dumm " an, aber nur bei Arbeiten die er nicht gern machte . Bekam auch Rente wegen seines Gehörschadens, wobei der ihn nicht behinderte, aber schützte . Wenn der Brigadier nach jemand schrie, hörte Hans danebenstehend gar nichts . Andere hatten nicht solche Nerven und halfen dem Rufenden unwillig, es wollte keiner mit dem Brigadier arbeiten . Wir sind auch schon mal zum 2. Überhauen runtergestiegen, wenn der Brigadier schimpfend über das 1. hoch kam, wir hatten unseren Spaß dabei, im zu entgehen . Der gab keine Ruhe und er selbst setzte sich beim Arbeiten schnell ab, dann musste man alleine weiter machen . Der Brigadier schrie Hans wegen seiner 80 Mark Rente oft an, " Du hörst ja gar nichts, müsstest 100 Mark bekommen ! " Hans grinste dann verschmitzt . Wenn wir am Freitag zur Spätschicht etwas eher mit der Seilfahrt raus wollten, mussten wir auf die Hauptsohle hoch steigen und zum Hauptschacht laufen . Hans war einer der Ersten und 90m Steigen auf den Fahrten (Leitern) machten ihm nichts aus . Als wir später noch tiefer waren, ging das nicht mehr, wir schafften es nicht mehr zu steigen . Er soll noch Leben, hörte ich .

 

Lange arbeitete ich mit Willi zusammen, ein ebenfalls alter Hauer . Er war aus einer aufgelösten Brigade gekommen, sein jahrelanger Kumpel konnte wegen eines Unfalls nicht mehr einfahren . Wir kannten sie schon lange und sie sorgten immer für Unterhaltung, gut drauf und immer durch die Blume sehr intelligent lästernd . 

 

Wobei als Beispiel angeführt sei wie so was abläuft und wie ich das machte, man warf sich gegenseitig den " Ball " zu, indem einer beim Ausfahren am Füllort vor vielen Bergmännern fragte, " Meck , was hast du heute gemacht ? " Meine Antwort, " Erz, für meine russischen Brüder ! " Alles lachte und die treuen Genossen konnten nichts daran aussetzen, obwohl sie meine Gesinnung kannten . Die Mehrheit der Menschen konnte damit ihren Frust in Grenzen halten und überall verstand man sich auf die gleiche Weise . Im Westen konnte ich dann damit nichts mehr anfangen, ich wurde nicht verstanden und lernte um, redete " Einfacher ".                                                                                                                                                                       

 

Willi sammelte Steine und ich konnte nicht genug hören, wenn er von den oberen Sohlen und den dort gesehenen Drusen erzählte . Silber hatte er in der Hand gehabt, in Mengen ! Man hätte zu der Zeit kein Interesse dafür gehabt, Essen und Schnaps wären wichtiger gewesen . Der Krieg war erst kurz vorbei und die Russen noch am Aufpassen . Zu der Zeit als wir zusammen waren hatten Silberstufen schon hohen Wert . Wir haben auf manchen Abbauen mitunter ein Jahr lang überhaupt keine Druse gesehen . Dann wieder täglich das Gleiche gehabt, was auch nicht sinnvoll war und den Wert senkte . Auf einem Abbau fand Willi eine wunderbare wasserklare Kalzitdruse, mit mehrfach " verzwillingten Kristallen " . Ich kam gerade dazu, weshalb er teilen musste, er behielt ein schönes großes Stück, ich nahm das kleinere . Am nächsten Tag kam Willi geknickt zur Arbeit, sein Stück war beim waschen zerbröselt, die Druse hatte beim Sprengen Haarrisse bekommen . Ich verleimte am nächsten Tag vorsichtshalber mein Stück auf der Rückseite und es steht noch heute im Schrank neben mir . Willi wohnte oberhalb des Autohauses, wenn er sah, dass eine Lieferung Reifen eintraf, holte er welche . Einige Sätze Reifen stapelten sich auf seinem Boden, die wollte er eventuell eintauschen, falls sein Auto mal Teile gebraucht hätte . Viele haben es so gemacht, alles kaufen was zu bekommen war, um es später Einzutauschen, auch wenn die Reifen schon 15Jahre lagerten . Willi war ein angenehmer Zeitgenosse, im Sommer habe ich ihn bei 30° Außentemperatur an seinem Ofen sitzend angetroffen, Feuer drin und sich sein Kreuz anwärmend . Müsste sein ! Er hatte wie fast alle Bergleute kaputte Bandscheiben . Das Holz (Ofenholz) für die " Mätzel ", auch                " Heimkehrer " genannt, wurde aus ausgesuchten Stämmen herausgeschnitten, schneeweiß und astfrei war gefragt . Auf die trockenen Holzstämme klopfend, und wenn sie einen hellen Klang abgaben, sagte er gern, " Da hätte Stradivari noch eine Geige von gebaut ! ". Früher wurde das Holz auf den Sohlen gelagert und vorgetrocknet, ehe es an die Brigaden ausgeliefert wurde . Später gab es nur noch frisches Holz, welches bedeutend schwerer ist und die Bergleute sehr auf den Bandscheiben belastete . Es musste bis vor Ort in allen möglichen Stellungen gehoben, getragen und gezogen werden, auch mitunter im Liegen . Luftsägen hatten wir jedoch zur genüge, Handsägen waren nicht vorhanden . - Ich erwähne es, weil später auf meinem Schacht im Westen mit Bügelsägen gearbeitet wurde- . Einerseits sehr teure Maschinen und dann Werkzeug wie im Mittelalter, die Arbeit dauerte unnötig lange, zum Schluss gab es dann auch im Westen eine Luftsäge für die Baukolonne, aber keine  Reserve .

 

Willi erzählte gern von den wilden Zeiten in Oberschlema . Die Russen bewachten damals direkt die Schächte, dabei kam es vor, dass sie das Holz für zu Hause den Bergleuten wegnahmen . Es in ihrem Postenhaus lagerten und nachdem kein Platz mehr vorhanden war, mussten nachfolgende Bergleute das Holz einpacken, auch wenn sie gar kein Holz mitnehmen wollten . Es kam vor, dass nach Übertage durchgeschossen wurde, in Kellern, auf Straßen (ein Postauto soll verschwunden sein). Und Willi meinte, dass nach dem Schießen, als er das Überhauen betrat, einmal eine Ziege darauf stand . Einiges wird wohl übertrieben sein, dennoch schöne Geschichten .

 

Ein ebenfalls alter Hauer war Rudi, ein ausgezehrter Mann der viel rauchte und ständig Kopfschmerzen hatte . Wir hatten durch alten Sprengstoff oft Kopfschmerzen und mir half nie eine Tablette, er gab mir eine von seinen und die half nach kurzer Zeit . Seit dem nehme ich diese und ließ sie mir später sogar in den Westen schicken . Rudi spielte in einem Club Schach und ich hatte es bei der Armee gelernt, somit hatten wir ein Gesprächsthema . Sein Spitznahme war wegen seines Aussehens " Der Tot im Sattel ", wobei sein Hosenbund und Koppel unter den Brustwarzen ansetzte . Er war ein lustiger Anblick !

 

Dem Brigadier sein Freund, ist später sein Stellvertreter geworden und ein " Schauspieler " gewesen, aber immer die große Schnauze . Mit dem Brigadier hat er sich im (angeblichem) Fremdgehen überboten . Seine Frau ist angetrunken zum Fasching einmal Fremd gegangen und er wollte sich darauf jammernd das Überhauen hinunterstürzen . Ich war eine Zeit mit ihm zusammen, und gegen unsere Gewohnheit verschwand er täglich, während ich bohren sollte . Da wir anderen uns immer abwechselten, um jeden mal eine Stunde Ruhe zu gönnen, protestierte ich natürlich . Der war sauer und, " ich könnte ihn noch kennen lernen ", tatsächlich musste ich andere Schicht fahren, er hat sich wohl vom Brigadier einen Dümmeren geben lassen . Schon im Westen, hörte ich, dass er nun selbst Brigadier war, auch ein möglicher Grund weshalb die DDR zu Grunde ging .

 

Unser neuer Steigerlehrling war eine eigensinnige Persönlichkeit, wie die Vorschrift es verlangte trug er Handschuhe, auch beim Nageln . Aus der Hosentasche mit Lederhandschuhen Nägel " fischen " ist nicht das Wahre, der ließ sich nicht ändern obwohl jeder über ihn lästerte . Ich habe ihn eine Zeitlang als 2. Mann gehabt und mich daran gewöhnt, keiner von uns trug Handschuhe, selbst das ausgefranzte Stahlseil des Schrappers zogen wir ohne . Es schult die Sinne, deshalb gab es  kaum Verletzungen, in den Handschuhen schwitzte man und aufgeweichte Hände verletzen sich schneller .

 

Nach Jahren war ich nun Drittelführer und bekam öfters neue Jungen zum Anlernen, ich zeigte ihnen jeden Trick, ließ sie alles probieren, nur wenn die Zeit knapp war machte ich die Arbeit selbst . Sie sind später ungern in eine andere Schicht gegangen, da ich sie ernst nahm und nicht Angab, oder sie " verkohlte ". Ich habe in meinen vielen Jobs, einige Leute getroffen die Andere gern unwissend ließen (um selbst besser dazustehen), das funktioniert auf Dauer nicht . Der Bessere setzt sich durch und steigt in der Rangordnung auf . Ich rede nicht von gewollten Rangordnungen, sondern von einer natürlichen .

 

Da war noch " Milo ", er hatte in seinem jungen Alter schon ein altes Haus gekauft, war auch sonst intelligent . Erzählte aber gern und viel, ich musste aufpassen das wir unsere Leistung erbrachten . Mit diesen Gesprächen verging die Zeit schnell und er legte es darauf an, die Arbeit zu verschieben . Auf seinem Dach hat er unter den Sparren einen Vorderlader gefunden und ihn behalten . Dafür ist er später verpfiffen und von der Stasi verhaftet worden, ohne das tagelang seine Familie erfuhr wo er war . Spaß machte die Zusammenarbeit mit ihm, es war verwunderlich was er alles schon erlebt hat . Zum Glück, bin ich Misstrauig ! Sein Nachbar hat einen Hund vermisst, ein anderer hatte dafür eine Pythonschlange, die gerade ausgebrochen war und so gab es jeden Tag interessante Neuigkeiten . Ein " Assi " ist von seiner Gemeinde zum Straßenkehren verdonnert worden, er soll im Sommer unter einem selbstgebauten Dach zwischen Garagen gelegen haben und Milo, wenn er auf Arbeit ging, sah ihn dort oft . Mir berichtete er nun, das " Das Phantom " wieder in seiner Sommerresidenz lag,  während er zu Schicht musste . Der wäre nur zum Kehren zu bewegen, wenn alle 100m eine Flasche Bier auf dem Gehsteig aufgesellt würde . Dann würde der, am Tag Kilometer schaffen .

 

Milo hatte Glück das die Leute schon in den entstehenden Neubauten Wohnungen fanden, als Hausbesitzer hatte man keinen Rechtsanspruch, auf eine Wohnung im eigenen Haus . Die Wohnungskommission hatte das Recht jede Wohnung zu vergeben, gleich in welchem Haus, so konnte man sich auch seine Mieter nicht aussuchen . Idiotisch, aber Tatsache, alte Häuser wurden damals gern der Stadt geschenkt . Ansonsten sammelte Milo alte Sachen jeder Art und müsste heute ein Vermögen haben .

 

Horst hatten wir schon (er war bei dem Polizeiauto dabei), er lernte mich in der Brigade an, war ein verrückter Arbeiter und musste 2mal pro Schicht schießen . Er schwitzte und am Ende waren die 2mal genauso viel, als einmal und das länger und genauer abgebohrt, mit der Zeit verstand er es . Meter wurden bezahlt und nicht das Sprengen oder Schwitzen . Wenn man erst mal mit ihm zurecht kam war ein guter Kerl, trank gern Einen und unterhielt sich auch gern über alles . Seine Frau war wie meine und achtete sehr auf den Lebenswandel ihres Mannes, was nötig war . Auch sammelte er Steine und ich habe einige Male mit ihm, zu meinem Vorteil, getauscht . An etwas erinnere ich mich genau, als ich über den Sinn des Lebens und besonders in der DDR mit ihm sprach, meinte er damals, " Halt auf , wenn man darüber nachdenkt, wird man ja verrückt ! " Es ist wirklich an dem, bewusstes Nachdenken erzeugt am Anfang einen Schmerz, der erst überwunden werden muss . Später entsteht Freude an der Erkenntnis, das lernen jedoch nur Wenige kennen . Da ihr Instinkt, der ein ruhiges problemloses Leben haben will, siegt .

 

Nun noch zu Gerhard, von Horst über Jahre ein Kumpel und auch an dem schon genannten " Polizeiauto " beteiligt, angetrunken leicht jähzornig, auch seiner Frau gegenüber . Horst,s Frau hat ihm einmal Eine mit dem Regenschirm übergezogen und dann hielt er Ruhe, also man musste ihn nur zu nehmen wissen . Sie sind von einem Brigadeabend zusammen nach Hause gelaufen, es war glatt auf dem Weg und Gerhard beschimpfte seine Frau, wegen der zu rutschigen Schuhe . Er ärgerte sich weil sie schneller voran kam und drohte ihr, darauf erfolgte der Schlag und er soll brav weiter gelaufen sein .

 

Nun noch der ältere " Verrückte ", er hatte ein " offenes Bein " und trug deshalb immer einen Verband, wollte der Beste sein und war nur im Stress . Dadurch lief viel schief, worauf er gern seine Mitstreiter verantwortlich machte . Ich kann das nicht ab, weshalb ich mich in solchen Fällen stur stelle, arbeitete eher gegen ihn als mit ihm . Regelmäßig vergaß er zum Schießen seine Zigaretten, er rauchte ständig und während jeder Arbeit . Oben auf den Ausbau legte er sie ab, um sie beim Bohren vor dem Wasser und dem Körperschweiß zu schützen . In seinem Stress rannte er nach unten, zündete die Sprengung und schrie sofort,      " Scheiße , meine Zigaretten ! ". Einige Male habe ich das erlebt und nicht daran gedacht ihn zu erinnern, konnte ihn eben nicht leiden . Er ging noch in eine Schnellvortriebbrigade, hat sich da an einem Blech eine Kopfverletzung zugezogen und musste (glaube ich) aufhören zu arbeiten . Seine Frau soll alle paar Jahre die Wohnung neu eingerichtet haben, ein Superauto fuhr er auch, also, er konnte den Rachen nicht voll bekommen und scheiterte daran .

 

Schnellvortrieb war eine 6 Std.-Schicht mit Ablösung vor Ort, man hat sozusagen der Vorschicht die Schaufel direkt aus der Hand ge-nommen . Keine Pause und Laufschritt inbegriffen . Die Meter-leistungen pro Mann und Schicht waren Weltrekorde, die Bezahlung dabei Spitze . Arbeit sollte jedoch nicht übertrieben werden, heute weiß jeder, - was damals geleistet wurde, war alles umsonst - . Viele sind davon zu früh gestorben, oder mit schweren Krankheiten gestraft.

 

Später kam ein kleiner Hauer aus einer anderen Brigade zu uns, auch älter und verrückt und nun zu mir als 2. Mann, da ich Drittelführer war . Ich habe ihn machen lassen und versuchte mich raus zu halten, wenn er oben bohrte und die Maschine einen Moment aus ging, hörte man ihn schimpfen . Er hat nie gearbeitet, ohne laut dabei zu reden, alle waren faule Schweine usw. . Wenn mal etwas " Schief " lief, schimpfte er schon am Monatsanfang, " Was wollen wir denn diesen Monat verdienen !? ". Logisch das so einer unangenehm ist, mich hat er, als er nicht mehr in meinem Drittel war, als faule Sau beschimpft, weil ich gerade Krank machte . Darauf habe ich ihn fast ein Jahr nicht mehr mit " Glück Auf " gegrüßt, wir mussten später wieder miteinander reden, da er wieder mit mir arbeitete . Das Geld hortete er für seine Kinder, er hat mir erzählt was er ihnen alles kauft . Dummheit, da gesunde Kinder für sich selbst sorgen können und sollten . Denkanstöße sind für die Nachkommen wichtiger im Leben als Geld, was, wenn man es nicht schätzen lernt (selbst erarbeitet), sinnlos ausgegeben wird . Er soll, als ich schon im Westen war, mit dem Kreislauf Probleme bekommen haben und in Rente gegangen sein .

 

Unser Brigadier reichte immer einige Hauer zum Schießhauerlehrgang ein, mich 2mal ohne Erfolg . Keiner wusste warum man abgelehnt wurde, in den Stasiakten stand dann, dass mich unser Hausverwalter (ein  Sesselfurzer und Genosse) in Schlema, bei der fragenden Stasi als nicht vertrauenswürdig bezeichnete . Dummheit, da wir täglich den Sprengstoff in die Löcher schoben und logischerweise hätten welchen stehlen können . Nur eben selbst Zünden und keine Schießkiste durfte ich haben, was nur auf dem Papier eine Rolle spielte .

 

Vor Silvester ist ein sprengberechtigter Hauer verhaftet worden, er wollte angeblich zu Silvester laut knallen . Er hat im Bus Zünder liegen lassen, da nicht viele aus dem Ort zu der Schicht fuhren, ist er noch in der Nacht verhaftet worden . Der Busfahrer hatte die Teile gefunden und gemeldet, der Depp, hatte also den Schein bekommen  . Was damals daraus wurde, weis ich nicht mehr .

 

Auf dem Schacht arbeitete ein Hauer mit lautem Mundwerk, er fuhr im laufe der Zeit einige Westautos . Mann redete von Preisen um 60 tausend Mark für so einen Traum, ich vermute das der Staat diese unter die Leute brachte . Es sind immer Fluchthelferautos beschlagnahmt worden und dann sicher von der Stasi zu Geld gemacht, ich habe jedoch noch nie etwas genaues darüber gehört . Es gab jedenfalls welche und der hatte gerade einen Ford Coupe, mit schwarzem Lederdach und metallicblauer Farbe, wenn alle Seitenscheiben unten waren befand sich kein Steg mehr in den offenen Seiten . Er fuhr täglich mit diesem auf Arbeit und ich fuhr auch mal mit, als wir noch im gleichen Ort wohnten . Am Wochenende sah man ihn in der Stadt auf  " Schau " fahren und an der Eisdiele mit Frau Eis essen, wer hätte das nicht gern gemacht ? Im Schacht hörte man ihn immer laut am Füllort erzählen, so äußerte er einmal, als die Rede von einem überfahrenen Kind war, " Die reißen immer glückliche Familien auseinander und meine Alimente-Kinder überfährt keiner " . Auch für Bergleute ein harter Brocken .

 

In meinem Haus wohnte auch ein Hauer, der sich einen Ford 20M gekauft hatte, ich habe diesen mit in Ordnung gebracht . Mit DDR-Hobbyplast haben wir das durchgerostete Blech ersetzt und gespritzt . Wir fuhren zusammen nach Polen und er ließ mich fahren, dass hatte ich nicht zu träumen gewagt . Er saß neben mir, die Frauen hinten und es war herrlich zu fahren, er hatte keine Lust und legte seine Füße auf das Armaturenbrett . Die DDR Bürger staunten wenn wir vorbei         " rauschten ", ich hätte meine Fahrerlaubnis abgeben müssen falls wir in eine Kontrolle geraten wären . Das Auto nutzte ich aber schon bewusst aus und es ging gut . Wir hatten ausgemacht den Sprit zu teilen und ich glaubte lange das er mich beschissen hat, mittlerweile weis ich, dass die wirklich viel " gefressen " haben und dann noch diese Fahrweise . Wir haben wenig später, zusammen meinen neuen Lada aufgemotzt, es gab privat hergestellte Spoiler zu kaufen, ich besorgte mir welche für vorn und hinten . Mit Hobbyplast wurde der hintere auf dem Kofferraum angepasst und geklebt, vorn an der Stoßstange ging es  leichter . Ich spritzte wieder Rallyestreifen und das Auto war eine Augenweite, so dass eine Frau auf der Straße äußerte, " Der muss ein starkes Geltungsbedürfnis haben " ! Hatte    ich ! Nur, sie meinte auch schlau genug zu sein um andere Leute belehren zu können, was ist das wohl ? Dieser Hauer hatte einmal eine wunderschöne Sideritdruse " ausgeräumt ", am Schachtposten musste er seinen Camping-Beutel öffnen und dieser wurde ihm komplett eingezogen . Da er anschließend nicht belangt wurde, bin ich mir sicher, dass dieser Posten sich die Steine unter den Nagel gerissen   hat . Es waren Sideritkristalle von mehreren Zentimetern Größe, auf weißen Dolomit aufgewachsen und heute sehr viel wert .

 

Ich habe eine Zeitlang überlegt ob ich auch einen Westwagen kaufen sollte, durch die Reparaturen mit den Kumpels wusste ich jedoch das immer etwas fehlt und für mich ist das zu stressig . Ich hätte schon Nachts im Bett überlegt, was am nächsten Tag kaputt sein könnte . Wir haben bei dem vorhingenannten Coupe hinten die Blattfedern gewechselt, sie sind extra in einer Schmiede angefertigt worden, ohne Beziehungen wäre man aufgeschmissen    gewesen . Auf der Bühne ist der Wagen dann beim Einbau fast runtergefallen, unvorstellbarer Schaden hätte entstehen können . Zum Schluss waren die Federn zu straff und in das Auto wurde ab nun ein Sack Zement gelegt, um ihn hinten auf normale Höhe zu bringen .     

 

Im Schacht sind einige Sachen vorgefallen, die keiner für möglich hält, so sind am 13. August (Mauerbau) und zum 7. Oktober (Tag der Republik) unter Tage Brände gelegt worden . Ich habe der DDR alles Unglück gewünscht, nur deshalb Arbeitskollegen in Lebensgefahr bringen, ist Dummheit . Man hat einen auch gefasst, ich weis jedoch nicht was damals daraus geworden ist . Unser Abbau hat auch einmal gebrannt, nach dem wir ihn restlos geräumt und verfüllt hatten, es soll jedoch eine Selbstentzündung von Chemikalien gewesen sein . Wir mussten, obwohl es noch brannte, zur Nachtschicht wieder einfahren, die Frühschicht durfte wieder nicht einfahren, also waren wir Versuchskaninchen gewesen . Brände sind im Bergbau immer gefährlich, wegen der Gase und der begrenzten Luftzufuhr . Ein 2. mal waren wir gefährdet als eine Kühlanlage defekt war und, ich glaube, Ammoniak austrat . Es hat sehr bissig gerochen und wir durften wieder als " Probeschicht " ran, nach uns fuhr wieder keiner ein .

 

Bei einem Schonplatz musste ich mit 2 Anderen im Heizhaus vom Russenmagazin helfen, ein guter Job, wir hatten wenig zu tun und konnten noch die Sauna der Russen benutzen . Die Russen der Wismut wohnten in einer extra Siedlung mit Nahmen                           " Russenmagazin ", vermutlich nach dem Geschäft benannt, was es dort gab . Wir gingen in ihrer Küche Essen und auch dort einkaufen, die Russen durften sich privat mit keinem aus der DDR einlassen . Sie bekamen alles von der Wismut gestellt, so suchten sich deren Frauen Möbel und Lampen aus, wovon sie zu Hause nur Träumen konnten . Jahre früher gab es dort auch Wohnungen ohne Gardinen, am Abend hängten sie Zeitung an die Fenster, die Nachfolger stellten zunehmend Ansprüche, so das die Hausmeister öfters ran mussten, bis der                  " Russenfrau " alles recht war .

 

Bei diesem Schonplatz traf ich eine lebende Legende der Wismut, einen staatsausgezeichneten Überhauen-Brigadier . Er war operiert worden und machte mit mir Schonplatz, vieles hatte ich von ihm gehört, sie verdienten gut und arbeiteten ohne Pausen . Er soll einmal, als sein 2. Mann nicht zur Schicht kam, den kompletten Arbeitszyklus allein gemacht haben, im Überhauvortrieb eine sagenhafte Leistung . Jeder achtete ihn, er war einer der wenigen verdient Ausgezeichneten in der DDR . Ich hielt wie meistens meine Meinung nicht zurück und er wurde zugänglicher für mich, ich staunte wie er mir vormachte mit den " Größen " umzugehen . Dort waren zu Mittag alle von der Bergbauverwaltung Essen, er war bekannt und unterhielt sich mit denen über die Politik und Arbeit, als wenn er nichts anderes im Kopf   hätte . Grinste dabei in meine Richtung, was sagte, " Die wollen verkohlt werden " ! Mit mir redete er ehrlich, in seine Brigade wäre ich jedoch nicht gegangen (zu fettig) .

 

Ein anderer Brigadier in unserem Revier war ein Schauspieler der Extraklasse und nur durch Reden und Verpflichtungen an die Spitze gekommen, er bekam jedoch die guten Abbaue und so hat er bessere Bedingungen für seine Brigade geschaffen . Ich musste, als wir keinen Abbau hatten, eine Zeit dort arbeiten und erlebte das wir besser arbeiteten, als diese hochgejubelte Truppe . In der Zeitung, auf einer Sonderseite, stand ein Bericht über ihn als Vorbild . Mir ist aber, als wenn er später irgendwie etwas verbockt hat, und abgestürzt ist . Er war der einzige mir bekannte Bergmann, der zu Veranstaltungen eine Uniform trug, die " echten Hauer " trugen so was nicht .

 

Mein späterer 2. Mann kannte den Betonbrigadier, der hatte aus dem Westen Sexfilme in Super 8 . Ich hatte eine Kamera und ein Vorführgerät, also mussten die Filme her, ohne Wissen des Besitzers bekam ich sie für eine Nacht .  Ich weckte die Frau, zog die Gardienen zu und wir schauten Verbotenes, interessant weil noch nie gesehen, heute belächelnswert . Monate später hörte ich von der Verhaftung des Brigadiers, einer der vielen " Anseher " hat was erzählt und nun war die Stasi der neue Filmbesitzer . Eine Strafe war fällig und sein Vor-führgerät wurde einbehalten, er musste sich auf Arbeit neu bewähren .

 

Zu den letzten Schichten im Jahr wurde im Schacht die jährliche Fluchtwegbegehung durchgeführt, im Ernstfall sollten die 500 - 1000 Mann schnell den Schacht verlassen können . Der Weg musste demnach trainiert werden, da an den letzten Schichten sowieso aus Tradition wenig gemacht wurde, verband man das Gute mit dem Nützlichen . Einige haben ihre Trinkflaschen mit Tee und Schnaps gefüllt und so durch Kontrollen gebracht, andere haben vorher                  " Lager " angelegt, um das strickte Alkoholverbot zu umgehen . Richtig " Voll " habe ich Untertage keinen erlebt, das änderte sich nach der Schicht zusehends .                                  

 

Die Fluchtwegbegehung war schon 1-2 Std. vor Ende der normalen Arbeitszeit abgeschlossen und in der Küche wurde gegessen und mit dem Feiern angefangen . Logisch, dass bis zu der normalen Busabfahrt mehr als sonst zu sich genommen wurde, die 2 Kantinen in denen es Alkohol gab waren gut gefüllt . Der Tisch an dem die Lokfahrer standen, glich einem Heerlager, die arbeiteten relativ wenig, tranken dafür aber mehr, besonders an den Mettenschichten . Ich erlebte wie einer in der Runde aus seinem  gefütterten Winterschuh Schnaps trank, man hat ihn dabei festhalten müssen, sonst wäre er schon vorher umgefallen . Schlecht und nur mit fremder Hilfe bekam er den Schuh wieder an den Fuß . Das " Hallo " danach kann sich jeder vorstellen, der " kleine Trunkenbold " war etwa 50 Jahre alt .

 

An einer Mettenschicht (Nachtschicht) ging ich zu einem Kumpel um irgendetwas zu bereden, der schenkte Schnaps ein und wegen der zu erwartenden leichten Schicht trank ich mit, ohne ein Ende zu finden . Fuhr auf Schicht und begreife heute noch nicht, wie ich durch den Polizeiposten kam, wir haben unten nicht einen Handschlag getan . In über 1000m Tiefe, ist ein Kater aber auch ohne Bewegung unerträglich . Mir ging es schlecht, das Herz raste die Adern an den Armen sahen aus als wenn sie zerplatzen wollten . Ich war nur am Tee trinken und wollte die Schicht schnellstens überstehen, bin auch raus gekommen und ohne in der Kantine noch zu feiern, nach Hause . Nicht noch einmal, habe ich unter Alkohol den Schacht betreten .

 

Nun noch einiges aus dem Alltag der Arbeit, beim  Schießen (Sprengen) ging öfters mal was kaputt, nach dem Zünden hörte man ein rauschen und poltern, worauf die Strecke unter dem Überhauen mit " Masse " (lose Steine verschiedener Größe) übersäht war . Unter den Überhauen waren deshalb, um leichter Schaufeln zu können, Bretter verlegt . Mein größter Haufen den ich weggeschaufelt habe, füllte 7 Hunte . Scheißarbeit in der Hitze und die Schichtleistung war in Gefahr, also Stress noch dazu . Ein anderes Mal kam ich nach oben und der Schrapper baumelte an den Ketten hängend über mir, das Überhauen war restlos zerschossen . Man kann sich vorstellen, dass auch Atheisten vorm Schießen beten, damit alles stehen bleibt . Oft war das nutzlos, vielleicht wegen der Atheisten ? Quatsch, musste manchmal passieren, wegen des Sprengstoffs .

 

In einem Abbau trafen wir auf ein von Übertage kommendes Bohrloch, ab da standen wir beim arbeiten einige Monate im Wasser . Der Eisenmantel war zerschossen und das Wasser findet jeden erdenklichen Weg, zu allem Überfluss stand dort noch eine Überhauenteilung an, was noch länger dauerte . Jede Schicht nass zu sein macht keinen Spaß und die Leistung musste trotzdem erbracht werden . Das Kleinigkeiten uns täglich aus dem Rhythmus brachten, wie kaputte Sägen, Bohrmaschinen, Schrapper usw. , versteht sich von selbst . Am Monatsende wurden die Meter gemessen, also schnell machen und durch . Nur wenn ich auf eine Druse traf, war mir der ganze Rest egal, dann versuchte ich die Kristalle zu bergen . Waren es mehr als ich tragen konnte wurden sie versteckt . Da verboten, mussten sie in den Jackentaschen, Sturzhelmen usw. herausgeschafft werden . Für Größere habe ich mir von der Frau einen Beutel mit großen Henkeln machen lassen, den hängte ich über die Schulter und zog einen Mantel darüber . Damit ließen sich schöne große Stücke an der Polizei vorbei schaffen . Mich hat scheinbar einer beobachtet, als ich für den nächsten Tag einige Stücke versteckte . Als ich sie holen wollte waren sie weg, sehr ärgerlich für mich und gut für den anderen, ich hätte sie auch " mitgehen lassen " .                                                                      

 

Während der Arbeit klappte oft einiges nicht wie gewollt, was für uns Stress bedeutete, da die Zeit davonlief . Ich habe aus Wut mein Gezähe (Bohrmaschine & Stütze) öfters einmal in die Rolle hinein geworfen, um sie dann unter großem Aufwand wieder herauszuholen . Zur Nachtschicht passierte es, dass man beim Schrappern einschlief und die Schrapperschaufel mit lautem gepolter in die Rolle hinunterfiel . Diese wieder hoch zu holen kostete ebenfalls Zeit und Nerven . Ich bohrte einmal im Abbau und an dieser Stelle blieb immer wieder die Bohrstange stecken . Ich drehte vollkommen durch, schlug mit der Keilhaue (wie Rumpelstilzchen springend) auf dem Gezähe herum . Gewöhnlich fluchte ich mit Worten wie, Russenmist, Kommunistenscheiße usw., vor mich hin . Neben mir tauchte eine Lampe auf, ein mir unbekannter " Großer " war unbemerkt an mich herangetreten . Mir ging der Arsch, ich wusste nicht was er macht und welche Funktion er innehatte . Er ging ohne Worte an mir vorbei und verschwand, wenn ich diesem später auf dem Schacht begegnete, grüßte er mich freundlich und grinsend . So was, hätte auch anders ausgehen können . Die gebräuchlichste Redensart für Einen, der während der Schicht " verrückt " spielte, war, " Der hat heute wieder vor Wut in den Baggerschlauch gebissen " (ein Druckluftschlauch von ca. 10 cm Durchmesser) .

 

Wir hatten hohen Gebirgsdruck und je tiefer desto höher wurde er, wenn an einem Tag der Ausbau noch vom Gebirge abstand, war er einen Tag später bereits anliegend und nicht mehr zu verrücken . Ich bin durch Überhauen geklettert die noch 30-40 cm Lichte hatten, ohne die Batterie am Koppel zu drehen konnte man nicht durchsteigen . Die Sohle (den Boden) hebt es bei solchem Druck ebenfalls an, wenn die Lok nicht mehr fahren konnte, wurde " gestroßt ", also die Schienen tiefer gelegt . Ständig musste verstärkt werden und die Lichtebreite wurde kleiner und kleiner . Unmengen Holz verschlang der Schacht und mit der Energie für die Kühlmaschinen gerechnet, konnte es nie rentabel sein .

 

Im Jahr hatten wir im Durchschnitt einen toten Bergmann, im Westen später auch . Nur da waren die Umstände nicht so schwierig wie in der Wismut und es waren nur ein Viertel soviel Menschen beschäftigt . Der Westbergbau in dem ich später arbeitete, war also mehrfach  gefährlicher . Die Gesundheitsaspekte kann ich nicht beurteilen, vermutlich war hier die Wismut gefährlicher .

 

Politisch ist nur unsinniges getrieben worden, man wollte beweisen das der Sozialismus besser sei und das führte zum gewollten Selbstbetrug . Ich habe mir eine Prämie abholen müssen, da die Jugend Verbesserungsvorschläge machen sollte, hatte ich angeblich vorgeschlagen den Mannschaftszug zu Polstern . Das ist nur Versuchsweise gemacht worden, aber nach " Oben " konnte man einen weiteren Vorschlag melden, ich bekam 25 Mark obwohl ich davon nichts wusste .

 

Im Abbau haben wir ein Überhauen eingespart (Verbesserungsvorschlag), die dafür eingesetzte Rolle erwies sich als nicht lange nutzbar . Darauf haben wir einen weiteren Vorschlag gemacht, statt der nicht mehr zu nutzenden Rolle nachträglich ein Überhauen aufzufahren . Das wurde als weiterer Verbesserungs-vorschlag gewertet, so wollte die Partei die Überlegenheit des Sozialismus beweisen !

 

Dann wurden noch zum 1. Mai und 7. Oktober die Aktivisten ausgezeichnet, die mussten irgendwie in der Gesellschaft tätig sein . Als guter Arbeiter, reichte auch die Mitgliedschaft in der Feuerwehr, ich war nie Aktivist, da ich nirgends dabei war . Unser 2. Männer (Handlanger) die in der Partei waren, sind als würdig befunden worden, dabei kann es nicht logisch sein, dass der Handlanger besser ist als sein Drittelführer . Einer meiner Handlanger (den konnte ich nichts allein machen lassen) ist mit Passbild als " Monatsbester " an der Wandzeitung gehangen, alles hat gelacht .

 

Als junger Hauer musste ich ins Parteibüro kommen und man wollte wissen, ob ich an einem Parteieintritt Interesse habe . Mein Grinsen muss Dem alles gesagt haben, noch mal kamen die nicht . Andere haben sich geehrt gefühlt und sind Kandidat geworden, jedem das seine . Stolz bei der Wismut zu sein war ich auch, jedoch wegen der bergmännischen Leistungen dort . Heute weis man, dass Weltrekorde (es gibt inzwischen Bücher darüber) dort entstanden sind, falls es so was im Bergbau gäbe .

 

Betrug wurde auch gemacht, wir haben auf für uns guten Abbauen die Kontrollbohrlöcher mit Erz bestückt, um den Abbau weiter fahren zu können . Wären diese bei der Messung " Taub " gewesen hätte man den Abbau eingestellt, wir konnten aber darauf gut " Meter machen ", also wurde Erz zerkleinert mit Lehm versetzt und durch das Sprengstoffladegerät in die Löcher geblasen . Wir fuhren nach der Messung den Abbau mit gutem Verdienst weiter .

 

Einzelne kompakte Erzbrocken, haben wir zerkleinert und anschließend in einem Hunt mit tauben Gestein geschichtet . Der Hunt ist anschließend als Erz gemessen und extra bezahlt worden . Das war ganz normaler Alltag und nicht ungewöhnlich .

 

 

 

Eine Schicht lief etwa folgendermaßen ab, mit dem Bus oder im eigenen Fahrzeug kam man auf dem Schacht an, Mopeds und Motorräder hatten Unterstellmöglichkeiten . Ich fuhr meist (auch im Winter, wobei mir nach dem Duschen die Haare gefroren), mit der      " Schwalbe " . Meinem Moped welches ich auch zu meiner Autogarage, die 5km von der Wohnung entfernt lag, benutzte . Auf dem Schacht holte man im Küchengebäude seinen Frühstücksbeutel, wobei die tiefen Sohlen Obstbeutel (weniger Brot, mehr Obst) erhielten . Darauf ging man durch den Polizeiposten, meist noch in die Schachtkantine um zu sehen ob es Südfrüchte oder andere Mangelware gibt . Ich trank immer einen Kaffee (50 Pf.) und rauchte eine Zigarette (30Pf.) wartete auf den Kumpel, dann holten wir an der Wäscheausgabe auf Marken die Arbeitskleidung und danach ging man in die Kaue . Wir hatten in der Kaue Spinde, einen Schwarzspind und einen Weißspind . Zwischen diesen Räumen lagen die Duschen, man zog sich um und ging zur Kaffee und Teeküche um die Trinkflasche zu füllen . Wenige Meter weiter befand sich der Füllort, in dem 3 Etagen des Förderkorbes gleichzeitig über Treppen bestiegen werden konnten . Die weitere 4. Etage war nur zur Förderung in Gebrauch . Auf jeder Etage konnten 20 Mann eintreten, somit 60 Personen gleichzeitig nach unten fahren und am anderen Seilende 60 Mann gleichzeitig nach oben . Die Seilfahrt war mit (glaube ich) 8m in der Sekunde erlaubt, bei Förderung das Doppelte . So war man nach etwa 2 Min. auf der Sohle -990, der Hauptsohle des Schachtes 371 . Hier trafen sich die einfahrenden und ausfahrenden Brigaden an den bekannten Ablösepunkten, um Nachrichten vom Brigadier oder den ausfahrenden Drittelführern auszutauschen . Besonderheiten wurden besprochen und gesagt, was z.B. aus der Schlosserei mitzunehmen ist . Von dort fuhren verschiedene Züge an die Blindschächte, oder man fuhr schon hier in den um die Ecke liegenden Blindschacht tiefer hinunter . Je nachdem wo der Arbeitsplatz lag, früher auch nach oben auf höhere Sohlen . Auf seiner Sohle angekommen fuhr man je nach Wegstrecke mit dem Zug oder ging zu Fuß an seinen Betriebspunkt . Hier las man den Steigereintrag der Vorschicht und unterschrieb das Buch, aus den eigenen " Gezähekisten " (Gezähe ist Bergmännisch für Werkzeug) nahm man, was gebraucht wurde und begann nach einer Rauchpause die Arbeit . Es war in der Regel frisch geschossen, man besah sich was los war (hoffentlich alles ganz) und bespritzte das Haufwerk mit Wasser . Der Andere zog etwa schon die mit der Vorschicht besprochene Rolle ab, um Platz für das Schrappern zu haben, oder lud Holz zum Bauen ein, je nach Situation . Wenn soweit freigeschrappert war, baute man aus, während des Schrapperns hatte der 2. Mann schon das Holz vor Ort gebracht . Jetzt wurde der Ausbau eingebracht und danach gebohrt, was die anspruchvollste Arbeit war . In den engen Abbauen stand man mitunter sehr schräg oder auf Pfosten, die federten und das vibrieren des Bohrgezähes noch verstärkten . In den unmöglichsten Stellungen musste das Gewicht des Gezähes (lag um 50 kg ) gehalten werden . Früher auf den oberen Sohlen haben wir die ganze Schicht gebohrt, da dort fast kein Ausbau gebraucht wurde . Meine Gelenke sind angegriffen und die Bandscheiben mit den Wirbeln deformiert . Das ist der Preis für den guten Verdienst . Alles musste schnell gehen und beim Sprengen auch restlos " Kommen ", sonst war die Arbeit umsonst . 2 mal 2 Meter (Auf dem Seigerriss gesehen) war etwa das normale Ziel für 2 Hauer in der Schicht, früher als wir auf den oberen Sohlen noch schneller vor Ort waren und kaum Ausbau brauchten, viel mehr . Je tiefer, desto mehr Zeit brauchte das Einfahren und die Hitze wurde ebenfalls zum Hindernis bei der Arbeit .

 

Im Überhauenvortrieb hatte man etwa 1,40 m nach Oben zu schaffen und das auf 5m Länge, im Vortrieb der Strecken etwa 2 x 3m Seigerriss (Vertikalriss), aber in 3m Breite . Jede Schicht musste dass erreichen, um gut zu verdienen musste bei Schießbruch möglichst alles wieder herausgeholt werden . Also notfalls 2 mal Bauen und das normale Ziel . Wenn es gut klappte, was meist mit einem guten 2. Mann der Fall war, konnte auch eine Stunde " Ruhe " rausgeholt werden . Das war aber nur bei uns im Abbau so, andere im Vortrieb, bewegten sich im Laufschritt beim Fördern . Man bereitete möglichst für die Nachfolger schon " gute  Karten ", da man eventuell am Schichtende Schießbruch machen konnte, sollten sie das aufholen können . Alle hatten ja den gleichen Lohn in der Brigade, so war auch das Interesse für die nachfolgende Schicht vorhanden . Erz musste extra gemacht werden und war ein großer Aufwand, hatte aber bessere Bezahlung zur Folge . Eigentlich war alles auf " Meter machen " fixiert, was bei dem wenigen Erz kein Wunder war . Am Schichtende fuhren wir aus, sagten der nachfolgenden Schicht Bescheid und duschten uns . Nach dem anziehen gab man seine verölten und nassen (wismuteigenen) Sachen in der Wäschekammer ab, nahm die Marken dafür in Empfang und ging in die Küche zum Essen . Hier folgte das schon beschriebene gesellige Beisammensein . Ich fuhr " lieber " mit dem Moped nach Hause, sollte ich noch ein paar Kristalle gefunden haben, war es eine Superschicht gewesen . Für mich war der Beruf angenehm, da ich selbstständig arbeiten konnte und immer neue Situationen vorfand, die dann zu bewältigen waren und wurden . Bei einem Meister und ähnlichem mich unterzuordnen, lag mir nicht . Gegessen wurde meist zum Schießen, da die Gase erst abziehen mussten war nun Zeit dafür . Die ersten Jahre arbeiteten wir noch oft allein . Da bei einem Unfall ein Mann durch verbluten starb (weil er keine Hilfe erhielt), kam später die Anweisung heraus, dass ein 2. Mann in Rufweite sein musste . Ab da war es leichter, man konnte sich in allem unterstützen .

 

Einmal haben wir unseren Abbau geschossen und als ich vor Ort kam, sah ich den " Beweis " das dass Gebirge im Hangenden und Liegenden vorher miteinander verbunden war .  Ein   Bauch " im Hangenden ", passte genau in eine Kuhle des " Liegenden " . Also bevor der etwa 80cm breite Gang gefüllt wurde, mussten die beiden      " Saalbänder " zusammen gewesen sein .

 

Ich überlegte mir damals, das der Bergmann, wenn er nach dem Schießen wieder vor Ort kommt, eigentlich der einzige Mensch ist der behaupten kann, als erster Mensch einen Ort (nämlich diesen) betreten zu haben . Diese Behauptung ist ansonsten auf der ganzen Erde, sehr unsicher .

 

 

 

Die DDR - Politik selber war unsinnig, in den Zeitungen stand immer um wie viel der Plan übererfüllt war . Die Geschäfte wurden von Jahr zu Jahr leerer, ich habe auf der Toilette sitzend öfters die Zeitung vor Wut zerrissen . Nach dem ich nun alles in der DDR zu Erreichende hatte, fragte ich mich immer öfter, warum ich hier leben musste ?

 

Zum Glück konnte ich Westfernsehen empfangen und schaute möglichst immer die Politsendungen an . Videorecorder gab es noch keine, dadurch verpasste man zur Mittagschicht diese Sendungen, welche früh oft wiederholt wurden . Mir sprach der Löwenthal (Westgegenstück zu Schnitzler) im ZDF-Magazin aus dem Herzen, Kritik an der DDR zu hören, hielt einen am Leben . Die DDR machte eine ständige primitive Propaganda, ein denkender Mensch konnte sich über die schwachsinnigen Argumentationen nur aufregen . Doppelter Unsinn, denn der Nichtdenkende braucht keine Propaganda, er versteht sie nicht . Der Denkende dagegen, wird nun gegen diese ständigen Verdummungsversuche aufgebracht, was ihn wiederum zum Nachdenken und Handeln antreibt, somit wird der Sinn der Propaganda ins Gegenteil verkehrt . Was dann, unter anderem, zum Untergang der DDR führte , auf Dauer wird sich keine Gesellschaft halten können, die sich selbst verdummt .

 

Auf den Bergen des Erzgebirges waren früher in großer Zahl Aussichtstürme mit Berggaststätten erbaut worden . Die DDR ließ sie durch ihre Planwirtschaft verkommen und einer nach dem anderen musste wegen Baufälligkeit geschlossen werden . Es ging bis zum Abriss von einigen Türmen . In der Zeitung schrieb man dann z.B.,        " Zu Ehren des DDR-Geburtstages ist auf dem Berg " X " eine Bank zur Freude der Erholungssuchenden aufgestellt worden " .  Meist noch mit einem Fahnenmast daneben, um die DDR Flagge zu hissen . Nach deren Logik eine Errungenschaft, Turm weg - Bank hin .

 

Mir stellten sich regelmäßig die Nackenhaare auf, wenn ich (meist auf der Toilette) die Tageszeitung las . Ich wollte die DDR-Sportler verlieren sehen (Was schwer genug war, wegen deren guten Leistungen), und hielt auf jeden anderen, nur nicht auf sozialistische Sportler . Freude mich über die Niederlagen der DDR-Fußballer usw., alles wegen der dämlichen Propagandareporter im eigenen Land . Unter mir wohnte ein dummer aber straffer Parteigenosse, wenn der Fußball schaute, jubelte ich besonders laut,  falls Westmannschaften Tore gegen die DDR-Clubs schossen . Der sollte es hören und damit leiden !

 

Die Stadtkerne ließ man genauso verfallen wie die vorhin erwähnten Türme, um die Wohnungsnot zu besiegen baute man um die Städte herum Neubausiedlungen . Im Gebirge demnach auf die Berghänge und sogar auf die Berge, was unökonomisch wegen der Heizkosten usw. ist  (für mich günstig wegen des Westempfangs) . Man hätte die Häuser in privater Hand günstig erhalten können, wenn man den Besitzern das Material gegeben hätte . Unsinnige Handlungen und Planungen, von wahren Idioten ! Von denen es in der menschlichen Rasse immer zu viele gibt, was leider nicht veränderbar ist .

 

Die Umwelt litt ebenso und verkam zusehends, Flüsse stanken zum Himmel und waren tot, Wälder starben ab, was nun alles nicht mehr zu übersehen war . Dabei behauptete die sozialistische Welt, für die Zukunft zu wirken, lächerlich für jeden der dachte . Trotz dieser Frevel war man nicht im Stande für genügend Warenangebot zu sorgen, ich sagte immer, dass die DDR-Mark Spielgeld ist . Man         " spielte " das Einkaufen, tat es nicht wirklich weil das gewünschte nicht vorhanden war . Ich hatte im Schacht noch einige Vorteile, alles gab es dort aber auch nicht . Die Verkäufer waren in richtigen Machtpositionen, sie mussten nicht verkaufen, ließen sich eher dazu herab . Beschweren sinnlos . Gleiches traf auf Kellner zu, man wurde als Gast platziert und durfte sich nicht hinsetzen wo man wollte, dabei vorher noch anstehen um eingelassen zu werden . Das ich das nicht mitmachte, versteht sich von selbst . Ich war flexibel genug um das zu vermeiden, fuhr mit dem Auto dahin wo es mir passte .

 

Im Fahrzeughaus hatte man ein Schild an die Türe gehängt, mit den meistgefragten Artikeln die nicht vorrätig waren . Mein gewünschter stand nicht darauf und ich ging voller Hoffnung rein, den gab es jedoch auch nicht . Zur Verkäuferin sagte ich, " Schreiben sie ihn gleich noch an den Zettel ran " . Die giftete nur, dass ich ihr das überlassen müsste . Im Übrigen machten die Läden zu der regelmäßigen Inventur (zur Ladenöffnungszeit) einfach zu, scheinbar ist eine Überprüfung von nichtvorhandenen Waren schwieriger und dauert länger . Ansonsten kaufte man alles unbesehen, die Kaufhalle füllte 6 Tomaten in eine Papiertüte und stellte sie unter Aufsicht  bereit . Hatte man zu Hause 4 essbare darin, war man mit seinem Kauf sehr zufrieden, bei gutem Bier stand ein Schild " Bitte nur 5 Flaschen entnehmen " uvm. . Schinken war nur Weihnachten zu bekommen und noch dazu war es Schinkenspeck, wie ich dann erst im Westen erfuhr . In der DDR wusste man als normaler Konsument nicht, wie viel Fleischsorten tatsächlich an einer Sau sind .

 

Um Missverständnissen vorzubeugen, die Grundnahrung war billig und gesichert, nur die Wünsche werden größer, vor allen wenn sie im Westfernsehen geweckt werden . Als Schwerarbeiter wollte man auch etwas Gegenleistung haben . Es ist Tatsache, dass im Westen ein nichtarbeitender Sozialhilfeempfänger viel besser lebte, als ein DDR-Arbeiter . Ich rede hier von der Versorgung, im Vergleich an Essen , Kleidung und Einrichtungsgegenständen und sogar Auto, nicht davon wie er sich in seinem Umfeld fühlte . Wer wenig raucht und nicht ständig Alkohol braucht, kann auch heute noch gut von Sozialhilfe leben, wozu er auch ein Recht hat und das erhalten werden sollte, um des " Friedens " willen .

 

Trotzdem ging man zur Wahl, um sich nicht angreifbar zu machen, der Staat hatte bei allem das " Sagen " . Brauchte man Wohnung, wollte man ein Urlaubsvisa, oder die Kinder eventuell Studieren lassen, immer lief es über die Behörden . Diese registrierten auch die Wahlteilnahme, was jeder wusste und so ging auch meine Familie       " Wählen " . Nichtwählen hätte nichts geändert, Märtyrer sind dumm . Die meisten werden nur dazu gemacht, wollen es nicht sein .

 

Man wollte das die Leute an den DDR-Feiertagen Flagge zeigen, dass wurde immer weniger erreicht . Dafür zeigten die Menschen mit den Westantennen ihre wahre Einstellung, bis auf wenige Ausnahmen hatten die Mieter je 2 Westantennen auf dem Balkon aufgestellt oder davor angebracht . Da ich den neusten Fernseher hatte, brauchte ich 3 Antennen um alles zu sehen, das DDR- Fernsehen kam über die Gemeinschaftsantenne . Wir waren im Haus ca. 80 Wohnungen also etwa 150 Antennen (wenige Genossen waren ohne) am Haus und für jeden sichtbar . Unnötige Materialverschwendung und Entstellung der Ansicht des Hauses, dass ist auch bemerkt worden .

 

Ich hatte Nachtschicht und wohnte ganz oben unter dem Dach, dabei hörte ich im Schlaf un-gewohnte Geräusche . Nach dem Aufstehen schaltete ich wie immer den Fernseher ein und bemerkte ein mehrfaches Bild (Schatten), mit einer Vorahnung steckte ich den Stecker in die Gemeinschaftsleitung und ein gestochen scharfes Bild des Westprogramms war zu sehen, leider noch nicht das Dritte ! So musste eine Antenne noch auf dem Balkon bleiben, worüber sich, wie ich später in den Stasiakten las, einige wunderten (die glaubten das die aus Protest noch da war) . Die Behörden lernten dazu, in manchen Orten die keinen Empfang hatten wurden später Antennenge-meinschaften gegründet und sie bekamen Kabelfernsehen mit Westempfang . Was wiederum, das Ende der DDR beschleunigte .

 

In der Weihnachtszeit wird das Erzgebirge als " Weihnachtsland " bezeichnet, zurecht denn es werden beleuchtete Schwippbogen, Bergmänner und Engel ins Fenster gestellt . Ob der Brauch auch als Protest genutzt wurde, ist nur zu vermuten, zumindest war an den DDR-Feiertagen bedeutend weniger Schmuck zu bemerken . Lächerlich war auch, das die Bräuche der Menschen abgewürgt werden sollten, manche Lieder wurden direkt verboten, ansonsten wurde nichts gefördert was dem Staat missfiel . So kann man Menschen nicht auf seine Seite bringen . Brot und Spiele für das Volk sind wichtig, dass wussten die Römer schon . Der Mensch muss nicht erst noch mal erfunden werden, so wie er ist, kann er leicht geführt und zum funktionieren gebracht werden . Leider ! Nur das es die         " Kommunisten " nicht begriffen haben, spricht für die besondere Dummheit der Machthaber .

 

Im Frühjahr 1981 kaufte ich einen japanischen Stereorecorder von Sanyo, man wollte wohl in der Bevölkerung Geld abschöpfen, den der kostete laut der mir noch heute vorliegenden Rechnung 2870,- Mark . Das waren 3 Monatsgehälter eines sehr gut verdienenden Fachar-beiters . Jedoch ein schönes Gerät, mit neuester Technik und super Klang, ich dachte nur, so was früher auf der Rennbahn ! Er steht jetzt noch vor mir und ist in Ordnung .

 

1981 beschlossen wir mit dem Lada noch mal nach Bulgarien zu fahren, ich hatte Probleme auf dem Schacht, um im Sommer 4 Wochen Urlaub zu bekommen . Ich bekam ihn nach viel                             " Türklinken putzen " und durch " starkes Argumentieren " .

 

Ich tauschte den Höchstsatz für 30 Tage (mehr ging nicht) und 4 Personen, für Ungarn einiges mehr, um Klamotten mitzubringen . Mit viel Bargeld ging es dann los .Wir fuhren wieder Nachts durch, in Ungarn hielt ich wie gewohnt am Morgen an der Straße an, um zu Frühstücken . Für Rumänien hatten wir ein Zelt gekauft, um dort der Übernachtung zu entgehen . Am Abend waren wir in den Karpaten angekommen und nach über 24 Std. Fahrt beschloss ich das Zelt aufzubauen . Wir aßen etwas die Sonne ging unter und es war ein herrlicher Abend im Wald, darauf wurde zum schlafen ins Zelt gekrochen . Nach dem Einschlafen wurde ich wie alle der Familie wach, draußen rauschte der Wind und von den Bäumen fielen Äste herunter . Unheimlich, auch für einen Bergmann, mir fiel ein das es in den Karpaten noch wilde Bären und Wölfe gibt . Das war das Ende der Nachtruhe, die Kinder wollten ins Auto, wir ließen sie auch, mit der Vorgabe die Türen nur auf unser Klopfen zu öffnen . Ausgeschlafen war ich noch nicht, dafür hörte ich morgens im Halbschlaf Geräusche draußen und öffnete das Zelt . Ein Rumäne stand davor, der hatte wohl das Auto von der Straße aus gesehen und wollte Tauschen . Er zeigte mir Goldringe mit Stempel und wollte das Kasettentonband haben . Mir war es nicht geheuer und ich tauschte nichts, später zur Ausreisezeit wusste ich, dass mir ein Geschäft entgangen war . Ich kaufte einiges an Gold und wusste nun das der Stempel russischer Herkunft gewesen ist, wo ich gerade daran gezweifelt hatte .

 

Wir reisten weiter und hielten in den Orten, um uns das Frühstück mit dem Weisbrot und der guten Milch zu besorgen . Es war keine Milch mehr zu bekommen und das am Morgen in einem Agrarland . Auch hier ging es Abwärts .

 

In Bulgarien wurde wie immer Albena ausgesucht, spät Abends bei der Ankunft bekamen wir für 3 Tage ein Zimmer in einem teuren Hotel (Fernseher mit bulgarischem Programm) . In dem Balkantouristbüro sind wir noch von der Empfangsdame bestohlen worden, die Rechnungen hatten die Summe oben stehen, wir suchten sie unten . Ich verstand nicht wie viel sie an Geld wollte und sie nahm mir das Geld (dickes Päckchen) aus der Hand, unter dem hohen Tresen zählte sie es und gab mir den Rest zurück . Ich bin misstrauig und zählte dann draußen nach, ein Gegenwert von 100 Mark fehlte . Drinnen " verstand " sie dann nicht, was ich  wollte, es war sinnlos weiter zu reden . Das musste ich unter Erfahrungen abbuchen, nur ich bin misstrauig und trotzdem so was ! Mir hängt das lange nach und die Bulgaren nannte ich Jahrelang nur noch " Mauser " . Geld gebe ich seit dem nicht mehr aus der Hand .

 

Wir versuchten die nächsten Tage ein anderes Zimmer zu bekommen, die Preise waren jedoch gestiegen und es reichte nicht für den ganzen Urlaub . Wir gingen in eine Privatunterkunft, in einen 12km entfernten Nachbarort, an dem dortigen Hafenstrand fielen wir nur auf und ich getraute mir nicht die Sachen aus den Augen zu lassen . Wir sahen wie Kinder den alten Kassierer des Strandbades bestohlen, ich beschloss jeden Tag nach Albena an den Strand zu fahren . Wollte sowieso mit Westdeutschen reden, wegen der wirklichen Lebensumstände in der BRD . Auf Arbeit war ich mit einem Kumpel zusammen, dessen Cousin gerade in den Westen ausgereist war, ich wollte jetzt auch  weg . Sicher wollte ich dabei keine Fehler machen und deshalb noch offene Fragen klären . Vorm Urlaub habe ich die Adressen der Armeekumpels rausgesucht, um die Eltern von dem zu besuchen der in Ungarn geheiratet hat, eben der welcher schon aus " Versehen " in Österreich war . Der war jedoch selbst zu Hause und öffnete die Tür, als ich dort die ungarische Adresse von ihm haben wollte, kurz ange-bunden erzählte er mir nur, dass er geschieden sei und wieder in der DDR . Da ich ihm nicht recht traute fragte ich nicht nach Fluchtwegen, meinte nur, dass ich ihn hätte dort besuchen wollen . Dabei wollte ich mir von ihm, gegebenenfalls in Ungarn die Grenze zeigen lassen um abzuhauen . Pech gehabt und meine Frau war froh, sie wollte nicht weg schon gar nicht " Schwarz " . Ich musste ihr versprechen, nicht über die Grenze zu gehen, im Gegenzug versprach sie mir, mit einer offiziellen Ausreisegenehmigung  der DDR mit auszureisen . Die Schwiegereltern sagten nur, " Euch lassen die sowieso nicht weg ", sie haben das auch fest geglaubt . Auch viele andere " unkten ", da war sicher Wunschdenken dabei, man gönnte es uns nicht . Selbst war man zu feige, um abzuhauen .

 

Nun redete ich mit den Leuten aus der BRD und alle meinten, dass auch Sozialhilfeempfänger gut lebten, sogar Autos fuhren usw. . Ich rechne immer mit dem Schlimmsten, um nicht überrascht zu werden . Das hörte sich jedoch gut an und bestärkte mich im Ausreisewunsch . Ein Pärchen mit 2 Kindern lag täglich mit uns am Strand, sie tranken gern und waren kaum im Wasser anzutreffen . Am Abend sollten wir in ihr Bungalow zum Feiern kommen, dass wurde auch gemacht . Schnaps hatte ich vom Bergbau mit und es war eine gute Feier, mit                   " Ententanz " usw. von meinem Recorder . Wegen des Alkohols schliefen wir dort, nach dem Morgengrauen fuhr ich jedoch zu unserer Unterkunft, um nachzuschlafen . Es war ein relativ guter Urlaub, nur die Unterkünfte " im Land " sind sehr gewöhnungsbedürftig . Die WC,s haben scheinbar ganz kleine Abflussrohre und man legt sein benutztes Papier, in einen Korb neben das WC . Was bei mehreren und dazu fremden Leuten unangenehm ist . Auf der Welt gibt es aber vieles, und wir wissen allzu wenig davon . Nach 10 Tagen fuhren wir, da das Geld zu Neige ging nach Hause, in " Freundesland " wie die Oststaaten sich gegenseitig nannten, war mit DDR-Geld nichts mehr anzufangen .

 

Auf der Europastraße war alles einzusehen und kaum Verkehr, aber in freier Wildbahn an jeder Kreuzung eine 60er Begrenzung, die keiner einhält . An einem Schwarzem Wolga gelehnt winkte Einer mit einer Fuhrwerkskelle, der war mir seltsam . Ich fuhr weiter, im Rückspiegel sah ich wie er in den Wagen sprang und mir hinterher fuhr . Neben mir angekommen, sah ich dann 2 Mann in dunkler Uniform,  jetzt mit Mütze, da war mir klar das es Polizei war . Nach dem Anhalten wollten sie Papiere und als sie meine hatten fuhren sie zurück, ich wusste nicht was los war . Ohne Papiere konnte ich nicht über die Grenze also fuhr ich zurück und an der Kreuzung standen sie wieder . Ich stellte mich dazu, verstanden hat keiner den anderen, auf der Kühlerhaube malten sie die Summe welche sie haben wollten . Ich war  " Blank ", hatte alles für Sprit ausgegeben und zur Grenze waren es nur noch 100km . Tauschen durfte ich ja auch nichts mehr, ich ergab mich dem Schicksal und wartete . Es wurden nun noch Einige angehalten, nach 2 Std. ein Ungar, der verrückt spielte . Er diskutierte laut, tobte herum und warf eine Handvoll Kleingeld mit Wucht auf die Kühlerhaube des Polizeiautos, von dieser sprang es ins Gelände . Dann setzte er sich ins Auto und wartete wie ich, die Polizei muss nun Dienstschluss gehabt haben, oder sich in unserer Anwesendheit gelangweilt haben, sie gaben ohne Worte die Papiere zurück . Bis auf die 2Std. Zeitverlust, kam ich noch gut und erleichtert davon . In Ungarn am Balaton kam ich am nächsten Nachmittag an, in der Nacht habe ich im Morgengrauen in Rumänien eine Std. im Autositz geschlafen, da es nicht mehr ging und keiner der Familie mehr auf mich aufpasste wenn ich einzuschlafen drohte . Wir wollten eventuell zu Josef, der hatte das Haus aber vermietet und war nicht anwesend . Wir kauften  Textilien ein und am Abend schlug ich das Zelt irgendwo auf einem Stoppelfeld auf und schlief das erste mal bis zum Morgen gut darin . Wir sind dann auch gut zu Hause angekommen, ab jetzt ging in meinem Kopf nur noch der Ausreiseplan herum .

 

Unsere Tochter konnte in der Schule nicht ruhig sitzen und bekam deswegen ständig Einträge ins Hausaufgabenheft, die mussten zu Hause unterschrieben werden . " Janet ist auf dem Flur gerannt ", war meist die Standardeintragung . War eben verboten ! Da sie den ganzen Tag in der Schule betreut werden musste, ging sie am Nachmittag noch in den Schulhort . Hier hat sie sich an einer Schaukel den Kopf verletzt, sie ist wohl unter der Schaukel hindurch gekrabbelt, während jemand schaukelte . Bei der Schaukel waren unter dem Sitz Schrauben hervorstehend, die ihr die Kopfhaut aufrissen . Das blutet stark und die Erzieherinnen waren sehr besorgt und haben sich bei uns entschuldigt, dabei war die Tochter durch ihre " Unruhe " mit- schuldig . Hauptsächlich sind die Schrauben schuld gewesen und der Idiot, der so etwas zusammenbaut .

 

Mein derzeitiger Arbeitskumpel war ein ruhiger 2. Mann, der willig im Arbeiten war, jedoch zu sehr mit Kraft arbeitete . Seine Gelenke waren nach 7 Hauerjahren schon hinüber, aber ein hervorragender Kollege . Er hat durch seinen Cousin, einiges über dessen Ausreise mitbekommen, wir redeten nur noch darüber . Er hatte ein Einfamilienhaus und war auch älter, wäre aber auch gern in den Westen gegangen . Man muss sich in der Familie jedoch einig sein, das war bei ihm nicht der Fall . Er besorgte mir auch die Adresse des Ausgereisten, wir nahmen Kontakt auf und ich bekam Tipps, vor allen aber eine Absicherung . Im Fernsehen (ich glaube ZDF-Magazin mit Löwenthal) brachte man oft Berichte von ausreisewilligen DDR-Bürgern die um Hilfe baten, oder sogar im Gefängnis saßen . Ich wollte zumindest nicht im " Dunklen " verschwinden . Falls man mich einsperrte, sollte es über das Fernsehen der BRD bekannt werden und dem Ansehen der DDR schaden . Ich rechnete eben wie immer mit dem Schlimmsten, und jetzt besonders . Über mehrere Leute sicherte ich mich ab und hoffte für den Notfall, auf wenigstens einen Helfer . Meiner Frau sagte ich, sie soll sich aus den Gesprächen mit den Behörden raushalten, falls sie gefragt wird, sollte sie sich einfach dumm stellen und mit ihrem Mann ausreisen wollen . So konnte man ihr zumindest nicht viel anhaben . Der Kumpel erzählte mir, dass der Cousin in der Ständigen Vertretung seinen Ausreisewillen bekundet hat, und das eine Akte darüber angefertigt wurde . Das schien mir eine weitere Absicherung zu sein und ich wollte erst den Durchschlag meines Ausreiseantrages dort hinterlegen, ehe ich ihn im Rat des Kreises (Abteilung Inneres) abgab . Nächtelang schrieb ich auf einer geliehenen Schreibmaschine den Antrag, immer wenn ich etwas geschrieben hatte, unterliefen mir Fehler . Das hieß damals von vorn anfangen, es gab keine Löschbänder oder ähnliches, als Bergmann ist man an der Schreibmaschine auch nicht der Beste . Ganz ohne Fehler ist es nicht gegangen, aber ich war zum Schluss zufrieden . Selbst die Abteilung Inneres, vermutete Hilfe aus dem Westen, wie ich später in den Stasiakten las .

 

Auf nach Berlin, es war kalt und trocken und Berlin lag in einem Dunstschleier, den nur ab und zu die Sonne durchbrach, dadurch wirkte die Stadt sehr trostlos . Zu Hause hatte ich auf dem Stadtplan die Route festgelegt, das Volkspolizei vor der Botschaft stand wussten wir aus dem Fernsehen . Da ich deren Behinderung befürchtete, wollte ich von hinten auf dem Bürgersteig heran laufen, es sollte so aussehen als wenn wir vorbei mussten um in die Stadt zu kommen . In Höhe des Eingangs wollten wir schnell eintreten . Auf der anderen Straßenseite der Kreuzung vor der Botschaft, schauten wir wie es dort aussieht, liefen über einen Umweg von hinten heran und wie geplant, an dem verdutzten Volkspolizist die Treppe hoch . Er stand um Abzu-schrecken an der Mittelsäule des Eingangs, davor war ein Wachhäuschen mit Sehschlitzen und einem weiteren Vopo . Aufgeregt liefen wir durch die vom Pförtner geöffnete Tür, sagten was wir wollten und wurden ins Gebäude gelassen, ich war froh ! In einem Warteraum konnten wir, gegen eine beim Pförtner erhältliche Marke, Kaffee trinken, das erste mal im Leben sah ich so einen Automat . Andere Welt, dachte ich ! Wie es dort abläuft hatte ich schon gehört, aber direkt erlebt ist es doch aufregender . Westzeitungen hingen an der Wand und wir durften lesen, die waren für DDR-Bürger sonst verboten . Ich wurde abgeholt und sagte mein Anliegen, erfuhr nun das ich registriert bin und war beruhigt . Er sagte mir noch, dass wir draußen kontrolliert werden, das wusste ich bereits und ich wollte es auch . Man sollte erfahren das ich wegen der Ausreise in der Botschaft registriert bin, ich glaubte das es mich etwas absicherte . Wir gingen aus der Botschaft ohne beachtet zu werden, aber um die Ecke trat aus einem Hauseingang ein in Zivil gekleideter Mann auf uns zu und sagte, " Die Herrschaften, bitte mal den Ausweis " wir mussten die Daten aufsagen und er sagte auch noch mal unsere Namen und Adresse auf . Ich glaube einer hat über Funk mitgeschrieben, merken konnten die sich sicher nicht so viel auf einmal . Wie ich in den Stasiakten las, wussten sie einfachste Sachen nicht und " fischten im Trüben ".

 

Wieder zu Hause ging ich die nächsten Tage aufs Amt und gab den Antrag ab, vermutlich wussten die schon wo ich gewesen war . Ohne viel zu reden ging ich wieder und hoffte auf Antwort, einige Tage später musste ich im Schacht zu einer Aussprache . Vor der Mittag-schicht trat ich ins Zimmer unseres Bereichsleiters, 8 bis 10Mann saßen an einem Tisch und ich sollte mich dazu setzen . Einen Plan hatte ich schon, um der sicher gefährlichen politischen Diskussion zu entgehen, wollte ich auf " Zukunftsangst und Umweltschäden " machen . Also nur in der BRD Geld verdienen, um nach Kanada zu gehen . Das hatten die nicht auf der Rechnung, sie schauten sich dumm an und ihre ganze Vorbereitung war dahin . Die Runde stammelte ohne Linie, jedes Argument konnte ich abwürgen . Brachte selbst eigene Fragen und Argumente, so auch, dass sie mal vorm Schacht in die Mulde (Fluss) sehen  sollten, in der nicht mal mehr eine Bakterie leben könne .                                                                               

 

Dabei wollen sie die Zukunft, den Kommunismus aufbauen usw., nun hatte ich auch Erfahrungen in Freundesland und fragte, warum meine Kinder dort nicht Reiten oder Tennis Spielen können, da nur gegen DM . Das dabei das Geld nicht mehr für 2 Wochen Hotel reicht, obwohl 30 Tage getauscht waren . Einer ging darauf ein und meinte, dass er deshalb nur nach Ungarn Zelten fährt und dann reicht das Geld für  ihn . Ich antwortete ihm, dass ich nicht auf Toiletten mit 100ten Leuten gehen könne, auch ein Recht auf Hotel habe . Sie gaben auf, als ich den Raum verließ rief einer mir nach " Bleib hier, du bist der richtige Kommunist für uns " . Ich sagte nur, dass ich in der DDR nichts verändern kann und gehen werde . Die Seilfahrt schaffte ich gerade noch und war ganz zufrieden, wie alles gelaufen war .

 

Ein neuer Kumpel war scheinbar extra zu mir gegeben worden, es handelte sich um unseren erwähnten Parteigenossen der die Wandzeitungen usw. machte . Er war nun mein 2. Mann und ich sagte ihm alles, was nach Oben durchdringen sollte, eben das ich bei Nichtgenehmigung im Westfernsehen veröffentlichen wolle und wie lange ich zu warten gedenke . Ebenfalls das ich mehrere Bekannte im Westen mit meiner " Absicherung " betraut hatte usw., und hoffte, dass er alles nach Oben meldete . Ich vermiet Provokationen redete aber normal wie sonst auch, wir kannten uns lange genug . Er sagte auch, das er wegen mir befragt wurde und nichts nachteiliges sagen konnte . Den " Steigerlehrling " haben sie auch befragt, von anderen habe ich es zumindest nicht erfahren . Wie ich vorgehen wollte sagte ich jedem und das es der DDR nichts nützt mich zu verhaften, da dann das Fernsehen darüber berichtet . Die wollten International gut dastehen und meine Spekulation ist dann wohl auch aufgegangen .

 

Sie konnten mir nichts, vorsichtshalber hatte ich meine Steinsammlung verkauft, da es verboten war welche vom Schacht mitzunehmen . Ich rechnete mit einer Hausdurchsuchung der Stasi, eben mit dem Schlimmsten, es kam jedoch nichts dergleichen . Bei meinem alten Kumpel Wern tauschte ich von ihm Silbermünzen gegen meine Steine, somit waren die Münzen aus der Schulzeit zu mir zurückgekehrt . Ich wollte alles was Wert hatte und in den Westen mitgenommen werden durfte, eintauschen . Dabei habe ich aus Unwissen ein schlechtes Geschäft gemacht, was ich erst im Westen merkte . So sind die eingetauschten Goldkettchen und sonstiger Goldschmuck nicht das Wert gewesen, wie in der DDR gedacht . Gold war da knapp und teuer, ich habe Kettchen, Vasen und Geschirr von einem Polen für meine wertvollen Steine getauscht . Keiner konnte wissen, dass die Wiedervereinigung bald kommen sollte, nur einen kleinen Karton mit handgroßen Mineralienstufen deponierte ich bei den Schwiegereltern . Wir wollten sie später über die CSSR holen und von ihnen beim Treffen mitbringen lassen .

 

Mein Ausreiseantrag sprach sich auf dem Schacht herum und war sicher für viele das Gesprächsthema der nächsten Tage . Unser Brigadier wurde deshalb ständig mit erwähnt, da die Brigadenamen dem tatsächlichen Nachnamen des Brigadiers entsprachen, z.B. der ist in der Brigade Meyer . Es traf sich gut, das wir unseren Abbau fertig hatten und ein neuer noch nicht bereit war, einige mussten zur Überbrückung in andere Brigaden . Ich sollte da gleich ganz weg, der neue Brigadier fragte nur nach meinen Fähigkeiten und als ihm von allen Seiten gesagt wurde, " arbeiten kann der " nahm er mich . Nach 11 Jahren war ich aus der gewohnten Truppe ausgemustert, die neuen Kumpels sind immer erst skeptisch, nach kurzer Zeit nahm aber keiner mehr ein Blatt vor den Mund und ich war akzeptiert . Mittlerweile arbeiteten wir auf der Sohle -1440, also fast 1500m tief und brauchten lange um bis vor Ort zu kommen, dabei benutzten wir mehrere Mannschaftszüge . Das neue Drittel aß gern Knoblauch, einer brachte aus eigenem Anbau ganze Knollen mit . Da ich mich an dem                      " Essen " beteiligte war ich schneller angenommen . In den engen Wagen beim Mannschaftstransport kam es vor, dass einige " Fremde " in unseren einstiegen . Wer da nicht mit Knoblauchgeruch zurecht kam, war beschissen dran, einer hat mal während der Fahrt aus dem Wagen gek.... . Wir haben die Zehen zerbissen und gekaut,  auf den Bahnhöfen war der Luftstrom maßgebend für unseren Warteplatz, immer nach uns sollten die Leute stehen und die haben " gegeifert ".

 

Wie mein Antrag von der Abteilung Inneres abgelehnt wurde weiß ich nicht mehr, nur das ich in der DDR alles hätte und kein Grund zum weggehen bestünde . Das war die Begründung, ich wusste wie das abläuft und war nicht überrascht . Nach dem ersten Antrag hatte kaum einer Erfolg . Ich sagte, dass ich einen Neuen stellen werde und das         " Flintenweib ", die Chefin der Abteilung Inneres eine Frau Ba.... , hätte mich am liebsten aufgefressen . In den Diktaturen werden solche Ratten von diesen " Posten " regelrecht angezogen, übelste Sorte, die auch Vater und Mutter ans Messer liefern würden . Also wieder mit der Schreibmaschine quälen, nach Berlin fahren und in die Botschaft zum Kaffee trinken . Im Sommer nahm ich meinen Stiefvater und die Kinder mit, sie sollten auf den Fernsehturm gehen, während wir in der Botschaft waren . Es war ja Zeit genug und so haben sie sich angestellt um nach oben auf den Turm zu fahren, nach langer Wartezeit ist direkt vor ihnen wieder der Strick zugehängt worden . Da drehte mein Stiefvater ab und ging vor Wut, obwohl sie als Nächste nach Oben gekonnt hätten . So sind meine Kinder leider nicht auf den Turm gekommen . Der Stiefvater hat einige solcher seltsamen Anwandlungen gehabt, im überfüllten Bus beschimpfte er die Leute ernstlich, warum sie mit " Seinem " fahren würden und nicht zu einer anderen Zeit . In den Geschäften tat er ähnliches, da aber zu recht, weil es ums Angebot ging . Stammplätze in Bussen gab es wirklich in großem Maße, an den Bussen die zur Arbeit fuhren standen die Ersten schon 20 min. vor Abfahrt .  Genau an der gleichen Stelle hatte der Bus zu halten . Im Bus war ein Stammsitz und alles hatte da seine Ordnung, ist auch hilfreich in vielen Dingen . Sinn macht es oft nicht, so hat die Fahrt 10-15min. gedauert, da wollte man sitzen, dass dafür 20min. angestanden werden musste, ist nicht logisch erklärbar .

 

An der Tür klingelte ein Polizist, er wollte zu uns, der Sohn hatte mit einem aus seiner Klasse in dessen Hausflur 1 Kiste leere Flaschen geklaut, um sie im Laden zu Geld zu machen . Immerhin 30 Pfennige gab es pro Flasche, wir hatten das auch getan, mein Sohn war aber an der Leistungsspitze seiner Klasse und hatte keine Geldnot . Das passte nicht zusammen, mit anderen Jungen zu spielen habe ich ihm jedoch nie verboten . Sogar ihm gesagt, dass er andere positiv beeinflussen soll . Er wird wohl aus der Tracht Prügel gelernt haben, es kam nicht mehr vor . Seine neue Klassenlehrerin hat im Nachbardorf ein Bauerngut gekauft und sie hielten sich gern bei ihr auf . Sie muss in Ordnung gewesen sein, einmal war sie bei uns, ich vermutete wegen der Ausreise, was nicht der Fall war . Die vorherige Klassenlehrerin konnte keiner leiden . Er ging mittlerweile Angeln und als er sagte, dass auf dem Teich Wildenten wären, meinte ich, wenn er nichts fangen würde soll er doch Wildenten angeln . Wenig später kam er mit einer, die ohne Kopf und bereits gerupft war . Einerseits war ich Stolz auf seine Fähigkeit sich selbst versorgen zu können, andererseits war es Tierquälerei mit Angelhacken und Brot Enten zu fangen . Hat er auch nicht mehr gemacht, geschmeckt hat das Ding trotz Rotweinsoße auch nicht richtig . Einen Karpfen angelte später und ich zerlegte diesen, im Topf kochte das Wasser, er sollte " Blau " werden und kam hinein . Wir kochten auf Gas und es ging die Flamme aus, weil der Karpfen (ohne Kopf und ausgenommen) im Kreis den Topf entlang schwamm und das Wasser herausspritzte, wir staunten nicht schlecht . Aale haben später auch noch (mit Herzstich und über Nacht gelagert), am nächsten Tag zu kriechen angefangen . 

 

Er hat dann noch mit Biathlonsport angefangen und gut geschossen, wegen der Ausreise war es damit bald vorbei . Meine Tochter war bei verschiedenen Sportarten im Einsatz, Schwimmen und dann Leichtathletik, da war sie auf Mittelstrecken erfolgreich . Zusammen besaßen sie einige Medaillen, wovon noch welche existieren . Hierbei machte ich auch die Erfahrung, dass die DDR noch einige der besten Talente im Sport nicht förderte, wenn das Elternhaus wie bei uns zum Beispiel, nicht " zuverlässig " war oder Westverwandtschaft bekannt war . Die vielen Erfolge der DDR hätten noch mehr sein können, wenn alle Talente auf Sportschulen gekommen wären . Sagenhaft, was bei konsequenter Förderung alles möglich  ist . Mir ist nur aufgefallen, dass zum Teil die Sieger der Wettbewerbe nicht als die " Besten " angesehen wurden und demnach nicht förderwürdig waren . Hier gehört dazu, dass dieses System auch so unlogisch mit den zum Studium vorgesehenen Schülern verfuhr . Wer (kritisch) denkt, sollte der Bessere in jedem Beruf sein, in der DDR wurden in der Regel die Angepassten und Unkritischen zugelassen . Eine Selbstschwächung der Gesellschaft und Dummheit .

 

 

 

Ich gab den 2. Antrag ab, da mir bei der 1. Ablehnung gesagt worden war, dass nichts mehr von mir bearbeitet würde, schrieb ich darunter, dass in dem Fall der Antrag über das Westfernsehen zu sehen ist . Mir bliebe sonst keine andere Wahl, um die Behörden in Berlin von meinem Anliegen in Kenntnis zu setzen . Das sagte ich der Chefin wörtlich, als sie den Antrag nicht annehmen wollte, darauf knallte sie die Türen und warf uns raus, mit der Bemerkung, " Für mich, ist das Gespräch beendet  ! ". Ich sagte laut, " Für mich auch ", aber der Antrag war bei ihr auf dem Schreibtisch geblieben .

 

 

 

Mein weiterer Plan war am Jahresende mit Arbeiten aufzuhören, das sollte unterstreichen ich will hier nichts mehr erschaffen und entziehe dem Staat meine Arbeitskraft . Ich musste mit mehrjähriger Wartezeit rechnen und wollte meine Jahres und die Jahresendprämie (je etwa ein Monatslohn) noch " mitnehmen ". Die Lebensversicherungen waren jetzt sinnlos und sollten auch zu Geld gemacht werden, mit dem Ersparten und dem was meine Frau verdiente, konnten wir etwa 5 Jahre unseren gewohnten Standart halten . Dann wollte ich weg sein, notfalls bis dahin über das Fernsehen im Westen auf unsere Situation aufmerksam machen . Ich war nun fest überzeugt, dass es sein musste, denn meine Kinder hätten in der DDR nicht weit kommen können . Abitur oder Studium, alles ging über die Behörden, nicht die Besten sondern die mit staatstreuem Elternhaus waren dafür geeignet . Ich hatte die Pflicht, dass beste für meine Kinder zu ermöglichen und musste nun nach der ersten Antragstellung unbedingt weggehen .

 

In der neuen Brigade gab es Probleme im Abbau, unser Reviersteiger saß mit Hauern herum, um einen Ausweg zu suchen . Ich machte einen Vorschlag, der kurz überdacht und vom Reviersteiger sofort als gut angenommen wurde . Nach wenigen Schichten lief der Abbau bis zu seinem Ende weiter, ich konnte " mein Ego pinseln ". Zum dem Reviersteiger musste ich noch mal ins Büro, auf eigene Faust versuchte er mich zum Bleiben zu überreden . Ein Parteigenosse, aber ein anständiger Mensch, als er hörte das ich erneut beantragt habe, sagte er sinngemäß, " Nichts für Ungut " . Bis zur Kündigung achteten wir uns gegenseitig als Menschen . Am Füllort mussten einige Andere ihren Kommentar abgeben, z.B. " Es gibt auch Halbseidene, die in den Westen wollen " usw. . Neid und Dummheit hielten sich bei den Äußerungen hierüber, die Waage . Mein Spitzname in der neuen Brigade war Kanadier, von Oben war wohl meine Argumentation unter die Leute gebracht worden . Die Arbeitskollegen wussten aber bereits warum ich das gesagt hatte und grinsten dabei .

 

Es war gerade Breshnew (Oberster Russenchef) gestorben, als in der neuen Brigade einige zum Verhör zur Stasi mussten . Irgendjemand hat nach oben gemeldet, dass gesagt wurde, " Endlich ist die fette Sau weg " dann wurde noch gelästert, weil der Sarg aus den Händen der Träger zu schnell ins Grab " rutschte ". Mir ging der Arsch, da ich vermutete das man mich damit in Verbindung bringen könnte (Westpropaganda), es waren jedoch Kumpel aus dem anderen Drittel und ich war gerade Krank zu Hause. Was daraus wurde weiß ich nicht mehr, über mich haben sie nur nachgeforscht, ohne Erfolg . Im gleichen Sommer haben wir ein Visa für Bulgarien beantragt, wie ich mir schon dachte, ohne Erfolg und ohne Begründung der Ablehnung .

 

Mitte Dezember 1982 habe ich gekündigt und am letzten Arbeitstag vor Silvester den Laufzettel gemacht, die Gewerkschaft wollte nicht unterschreiben, da 2 Jahre Beiträge noch offen waren . Man hat nun noch einen dazugeholt, der mit meiner Weigerung besser klarkommen sollte, der merkte schnell das ich der besagte " Verräter " war und unterschrieb . Ein Anderer giftete, " Was der von uns alles hat ", (Wohnung auf dem Keilberg usw.), ich sagte nur, dass sie noch heute frei werden könne, wenn die Behörden es wollen . Der merkte sein dummes Gerede jetzt selbst und winkte ab . Ich verließ danach den Schacht und war damit arbeitslos und Hausmann .

 

In dieser Zeit war in der BRD ein von der FDP erzwungener Regierungswechsel, mir war nicht gut dabei und ich vermutete mehr Schwierigkeiten bei der Ausreise . Strauß hatte jedoch einen Riesenkredit für die DDR eingefädelt und es ging besser wie vorher, und als ich befürchtete . Trotzdem kann ich seither die FDP nicht mehr leiden .

 

In den Stasiakten las ich später, dass die Alte von der Abteilung Inneres, eine Einleitung eines SV (Strafverfahren) befürwortete, zum Glück hatte ich mich abgesichert ! Die Großen waren schlauer wie dieses Flintenweib und sahen davon ab . Bei mir im Haus wurden die Bewohner befragt, damals wusste ich davon noch nichts . Es liest sich heute wie ein Witz, was die Leute alles vermuteten und zu Protokoll gaben . Ich suchte mir Menschen zum " Verkehr " aus, die auf meiner " Linie " lagen, dazu gehörten keine " Nichtdenkende " und schon gar keine " Hurraschreier ", die lachte ich innerlich aus . Einige haben nicht mal das bemerkt und sich aufgeregt, dass ich mich von der Hausgemeinschaft abkapselte. In den sehr beliebten Neubau-wohnungen waren überdurchschnittlich viele Parteigenossen wohnhaft, das war durch deren Bevorzugung und Beziehungen logisch . Mit denen redete ich nie, schon gar nicht über Politik, provozierte sie aber bei jeder Gelegenheit . Wie ich in den Akten las, haben sie das nicht gemerkt, sollten sie noch Dümmer sein, als ich vermutete ?

 

Da ich viel von meinem Alkoholkonsum schreibe, bedenkt, das es oft besondere Anlässe und Situationen sind, über die schreibe, also in denen etwas nicht Alltägliches passiert . Das heißt, der Alltag lohnt keiner Erwähnung, damit erscheint das Trinken häufiger als es tatsächlich   ist . In der Befragung der Hausbewohner, ist kein mal von Alkohol die Rede, somit kann es auch nicht zu extrem gewesen sein . Teile der Akten füge ich zum Schluss hier an . Beim lesen der Akten, war ich " enttäuscht ", denn die ganzen Jahre glaubte ich, schon seit der 1. Verhaftung (als 15jähriger auf der Rennbahn) bei der Stasi vermerkt zu sein . Dabei stand nicht mal die Flaggenschändung in der Armeezeit darin, sie haben nicht gut " gearbeitet ".

 

An einem Abend klingelte es und zu mir wollte jemand, wie meine Frau sagte . Ich ging an die Tür und sah einen alten Kumpel von Gießerei und Rennbahn (der mit dem Phillips), mit seiner Frau . Diese arbeitete in der Firma meiner Frau, sie hatten aber sonst keinen Kontakt, ich bat sie herein . Sie wollten über unsere Ausreise Informationen haben, da wurde ich misstrauig, sein Vater war Auslandsmonteur (also zuverlässig) und den Kumpel habe ich Jahre- lang nicht gesehen . Wusste also nicht was er machte und dachte, möglich dass ihn die Stasi auf uns ansetzte, andererseits kannte meine Frau das Auftreten von seiner, und die war für einen " großen Mund " in der Firma bekannt . Vorsichtig näherten wir uns über die nächsten Tage an, sie wollten auch in den Westen und fragten was sie unternehmen könnten . Wir haben dann einige Male die alten Zeiten mit Bier aufleben lassen, ich gab alles an Tipps was ich wusste und erläuterte wie sie vorgehen sollten . 6 Wochen nach uns trafen sie dann auch im Westen ein . Wir blieben bis zur Wende befreundet und erst danach brach der Kontakt ab, ohne das ich wüsste warum . Das wir beiden ausreisewilligen Familien offen zusammen verkehrten und uns unterstützten, hat die Stasi nicht gewusst . 

 

Im Januar 1983 stellten wir den 3. Antrag, laut meinem Zeitplan und nach dem ich zu Hause war . Einen " Antrag " gab es dafür nicht, er musste selbst geschrieben werden und galt als ungesetzlich . Als nächstes sollte laut Zeitplan im Herbst 1983 im Westfernsehen unser Wunsch veröffentlicht werden, dafür lagen die Schriftstücke bereits bei mehreren Bekannten im Westen . Das erfuhr jeder von mir, der es wissen und auch nicht wissen wollte, damit wollte ich denen Oben die Kenntnis und die Zeit zum reagieren geben . Die Post in den Westen schickte ich in verschiedenen Städten ab, sie ging an Deckadressen in der DDR und im Westen, 2-3 unwichtige Briefe sind abhanden gekommen . Im Mai wurden wir in die Abteilung Inneres bestellt und eine freundliche Frau (das Flintenweib) empfing uns, sie teilte uns mit, dass unsere Sache überarbeitet wird und wir nichts mehr unternehmen sollten . Damit, das wussten wir von anderen, hatten wir ein sehr gutes Zeichen erhalten . In den Akten las ich später, das man ihr geschrieben hat, uns schnell aus der Staatsbürgerschaft zu entlassen und uns diesbezüglich zu informieren . Die muss sich schwarz geärgert haben ! Sie wollte ja ein Strafverfahren gegen uns einleiten, jetzt musste sie uns bei der Ausreise behilflich sein und war verantwortlich, dass dabei nichts schief läuft . Die Drohung mit dem Fernsehen hatte scheinbar Erfolg, mein Plan ging auf und ich fühlte mich als König der Cleveren . Den ganzen Staat in die Knie gezwungen und ohne Schulabschluss !

 

Bedenkt hierbei, das viele der Ausreisewilligen (auch Ärzte) in die Zuchthäuser der DDR mussten . Um meine zu dieser Zeit vorhandene Überzeugung durchzusetzen, hätte ich das auch in Kauf genommen . Wollte es aber unter allen Umständen vermeiden, dort war man rechtlos und vogelfrei für alle anderen .

 

Jetzt als Hausmann übernahm ich das Saubermachen und alle Arbeiten die meiner Frau das Leben leichter machten . Mittwochs und Samstags reinigte ich die ganze Wohnung , Dummheit aber von meiner Mutter war ich so beeinflusst . Jeder Winkel musste sauber sein . Ansonsten schauten wir Westfernsehen, wobei es stimmt, dass Fernsehen intelligente Menschen intelligenter macht, und Dumme dümmer . Schon lange schaue ich möglichst keine Filme mehr, sie können mir nichts geben, man weiß eben, was als nächstes kommt . Schaue dafür jede politische, wissenschaftliche und ähnliche Sendung, auch Kabarett und Satire . Zur Entspannung, um abzulachen ohne zu denken, leiste ich mir Comedy oder Serien von ähnlicher Art (Eine schrecklich nette Familie - Al Bundy, Ein Herz und eine Seele - Eckel Alfred usw.).

 

Mir bleib viel Zeit zum lesen und nachdenken, ich war überzeugt alles richtig zu machen . Ängste waren da, aber auch der Willen etwas zu Erreichen, von dem ich überzeugt war das es richtig ist . Leben, soll auch selbstbestimmt gelebt werden und nicht von anderen bestimmt sein . Irgendwann hatte ich eine Bibel bekommen und las sie nun, es hat mich Jesus mit seinen Äußerungen (falls es seine sind) beein-druckt . Salomon besonders, ich begann mehr zu denken, um eigene Erkenntnisse zu erlangen . Ansonsten ist viel leeres Stroh darin, es sind für den Geist ergiebigere Bücher erhältlich . Der viel zitierte Sinn des Lebens, beschäftigte mich damals besonders, da ich eben mehr Zeit zum Denken hatte .

 

Einen " Diel " machte ich mit Gott auch, ich nahm mir vor, wenn die Ausreise klappen würde, der Kirche das restliche Geld zu geben . 600,- Mark schaffte ich dann in Schneeberg zum Pfarrer, sagte ihm, er soll es für ein Zelt oder eine Stereoanlage für die Jungendgruppe verwenden . Beistand von " Oben " wollte ich schon haben, falls er zu bekommen war, heute sehe ich die Dinge anders . Logisch das             " ständiges Nachdenken " neues Wissen schafft und man sich weiterentwickelt .

 

Kurz gesagt, heute weis ich, --- Wille ist es, der was erreicht --- !

 

Direkt hinter unserer Neubausiedlung keine 50 Meter von meinem Kammerfenster entfernt, lag im Sommer ein Getreidefeld der LPG . Dieses Feld ist mit einem Hubschrauber besprüht worden, vermutlich mit Gift, also " direkt " auf spielende Kinder und wohnende  Menschen . " Keine Rücksicht auf Verluste ", war das Motto der Kommunistenführung .

 

Es war ein schöner Sommer, wir gingen ständig baden und meine Frau holte ich täglich mit dem Lada von ihrer Firma ab . Da traf ich Vögele wieder, er arbeitete nun in einer Nachbarfirma als Fabrikarbeiter und bestaunte mein Auto, sowie die Ausreisepläne . Im Auto das                 " Kaffeetrinken " bereitstehend ging es gleich ins Freibad . An einem solchen Tag sprach uns im Bad ein Pärchen an, wir hatten dann öfters Kontakt . Vorsichtig war ich schon, da eine Falle der Stasi im Bereich des möglichen lag . Wir verkehrten mit diesen den ganzen Sommer, gingen Essen und besuchten uns gegenseitig . Sie waren wie man sagt, in Ordnung, sie äußerten nur, " Da lernt man mal jemand kennen,            mit dem man sich gut versteht und die gehen gleich wieder in den Westen ". Er war LPG-Vorsitzender und hatte privat einen " Wolga " als Fahrzeug, nach der Wende wussten wir, dass sie nichts mit der Stasi zu tun hatten . Leider waren sie geschieden und es war kein aufleben der Freundschaft möglich .

 

An einem Abend klingelte es und ein in Uniform stehender Feuerwehrmann wollte mich sprechen . Mein Sohn war auf dem Feld beim Feuermachen erwischt worden, das setzte eine Tracht Prügel . Ich hatte ihn von Anfang an in den Ausreiseplan eingeweiht, er war intelligent und sollte Bescheid wissen, auch das er vorsichtig sein solle, wegen der Gefahr durch die Behörden . Die Ausreise sollte nicht gefährdet und kein Grund für eine Verhaftung geliefert werden . Wenn er etwas " Großes " angebrannt hätte, wären wir nicht herausge-kommen und womöglich unter Vorwänden angeklagt worden . Es war aber nicht weiter schlimm, nur ein normales Lagerfeuer, das jemand gemeldet hat, sie mussten deshalb tätig werden .

 

Um noch etwas vom Land zu sehen fuhren wir im Urlaub ins Elbsandsteingebirge, wir wussten wie schön es dort ist und wollten mit den Kindern noch eine Dampferfahrt machen, den Zoo in Dresden besuchten wir immer gleich mit und fuhren auch auf der Pioniereisenbahn . Auf dem Dampfer fragte ich unseren Sohn,                 " Macht dir das Spaß ? ", er meinte, " Ja , wenn der untergehen          würde " . In Pirna besuchten wir den Kumpel von der Kur, er war Gaststättenleiter in einem Kulturhaus . Er hatte Dienst und obwohl alles voll war, bekamen wir Essen auf  einem " Sonderplatz ". Als ich mich verabschiedete und sagte, das wir bald in den Westen gehen, schaute er  " komisch " .

 

In der Abteilung Inneres teilte man uns mit, dass wir einen Laufzettel machen müssten, das hieß, wir mussten vom Energieunternehmen, Vermieter usw., Unterschriften beibringen . Wir sollten nirgends Schulden haben, ich ließ jetzt alle meine erlaubten Wertsachen schätzen und versiegeln . Nun gaben wir Geld für Gold aus, ich kannte einen Händler der an Schmuck heran kam, wir kauften für etwa 20000,- Mark . Der sollte am Leib getragen werden und nicht beim Zoll angegeben, was legal ist . Wegen eines Kofferfernsehers fuhr ich tagelang herum und fand noch einen für 1730,- Mark . Im nachhinein unsinnige Ausgaben, wir kannten aber die Westpreise nicht genau . Ich rechnete wieder mit dem Schlimmsten, wollte demnach für die erste Zeit einen Fernseher haben, 4 Luftmatratzen, Bettwäsche, Anziehsachen, Geschirr und Besteck . Das sollte uns reichen, fürs nötigste war somit gesorgt . In der Botschaft sagte man uns, weil wir keine Adresse zum Übersiedeln hatten, das wir nichts in die Lager mitnehmen können . Also alles zurücklassen und neu anfangen, in der DDR hatte ich alles was ich wollte erreicht . Wird schon wieder werden, dachte und hoffte ich, war auch am besten   so . Umziehen ist teurer als der Wert den die DDR-Möbel darstellten und kaputt geht beim Umzug auch viel . Wir wussten ja nicht wohin wir gehen werden, ich wollte irgendwo in den Bergbau, da kannte ich mich aus und rechnete mit Chancen . Töpfe und andere Sachen die nicht zum Schicken verboten waren, sollten die Eltern nachschicken .

 

Das Schlafzimmer und mein Moped wollte der welcher unseren Hund gekauft hatte . Er hatte inzwischen im Knast gesessen und sie waren in unsere Nähe gezogen . Er hatte Jahre vorher in Thüringen eine alte Kneipe gekauft und wollte diese als Wirt neu eröffnen . Er war nur zu seinem Vorteil in der Partei, fuhr auch Westautos und handelte mit allem was Geld brachte . Ich kaufte bei ihm für meine Frau eine Digitaluhr aus dem Westen, die waren teuer und sehr gefragt . Er soll sie regelmäßig von einem Diplomaten gekauft haben . Beim Zoll an der CSSR-Grenze hat meine Frau sie einmal abmachen müssen, die wollten wissen woher sie wäre usw. . Wir gaben an, sie über die Zeitungsannonce von einem Ungarn gekauft zu haben, so bekamen wir sie wieder .

 

Der durfte jedoch die Kneipe nicht aufmachen, aber ein Sohn vom Bürgermeister des Ortes, der keine 20 Jahre alt war eröffnete kurz darauf eine . Er beschwerte sich deshalb in Berlin, was ein Fehler war, die ganze Zeit hatte man ihn beobachtet und die Stasi bekam ihn jetzt an den Haaren . Gefängnis wegen Auto und anderem Schwarzhandel war die Folge, ohne den " Stunk " wäre er vielleicht nie behelligt worden . Seine Frau verkaufte das Haus und bei Chemnitz kauften sie ein kleineres Neues, im Knast ließ er sich von der Stasi anwerben um Vorteile zu haben . Mir erzählte er im Sommer nach der Entlassung alles darüber, das war kurz vor unserer Ausreise .

 

Sie holten etwa 3 Wochen vor der Ausreise unser Schlafzimmer, wir schliefen als " Training für den Westen " auf dem Fußboden . Wann genau wir raus dürfen, haben wir 3Tage vor der Ausreise erfahren, dann ging es erst noch, wegen unserem Auto, nach Berlin aufs Außen-handelsministerium . Wir mussten uns dort für die Ausfuhr eine Genehmigung holen, das Amt lag hinter dem Reichstag . Aus dem Fenster sahen wir auf den Reichstag und die Grenze, ich sagte zu meiner Frau, " Beim nächsten Mal sehen wir von der anderen Seite rüber " .

 

Wir hatten jetzt alles beisammen, am Donnerstag den 22. 9. 1983 mussten wir die DDR verlassen . Mein Schwager da er Kraftfahrer war, sollte die Möbel abholen und hat auch alles erledigt . Was meine Mutter brauchen konnte gab ich ihr und das restliche Bargeld . Aus-führen durften wir keines, so behielt ich nur fürs Tanken ein paar Mark . Am Mittwoch gingen wir mit dem bekannten Ehepaar nochmals Abendessen, schliefen ein wenig und packten am Donnerstag das Auto . Die Kinder saßen zusammen auf einem Platz des Rücksitzes, da alles bis unter das Dach voll war, einen Dachgarten hatte ich auch gefüllt und Mittags verabschiedeten wir uns von den Verwandten . Diese holten gerade all unser " Hab und Gut " ab, ich packte davon nichts mehr an, aus dem 5. Stock musste alles zu Fuß die Treppen runter . Ich hätte gern gehört was die Leute sagten, im Block wohnten 80 Familien die werden " schlaues " geredet haben .

 

Voller Erwartung fuhren wir auf der Autobahn Richtung Eisenach, wegen des Gepäcks und besonders wegen der Staatsgewalt, schön langsam . Ich glaubte das sie uns zum Schluss noch irgendwie              " Anscheißen " könnten, ich wollte ihnen keinen Grund liefern . Auf einmal standen wir vor einem Schlagbaum, ein Volkspolizist wollte Papiere sehen und ich noch Tanken . Er sagte, dass in Eisenach eine Tankstelle wäre, also zurück,  getankt und 2 Flaschen österreichischen Wein (fast 20,- Mark, bei Aldi dann ca. 1,30 DM) sowie Zigaretten gekauft, um kein Geld mehr zu haben . Es waren 6-7 Mark noch über, die ich in die Konsole legte um sie an der Grenze abzugeben . Das haben wir dann vergessen und so haben wir doch noch ungesetzlich Geld ausgeführt . Am Schlagbaum zurück fuhren wir ins Sperrgebiet ein und kurz darauf standen wir hinter einigen LKW,s und sahen nicht wie es weitergeht . Es gab damals noch nicht die Autobahn über die Grenze bei Eisenach,  jedoch eine große Brücke dafür war schon zu sehen . Einige West-Pkw fuhren an den LKW,s vorbei, ich hinterher und es war richtig, denn weiter vorn war die Pkw-Spur frei . Der Grenzer nahm unsere Papiere und sah nur unter die Sachen neben den Kindern, hätte ja einer darunter sitzen können . Unsere Liste der auszuführenden Sachen sah er nicht an, nur mitgenommen hat er sie . Wir mussten extra alles aufschreiben, und bis zum letzten Kugelschreiber habe ich es getan . Die Abschrift der Liste habe ich noch heute in Besitz . Bei etwa 18° und herrlichem Sonnenschein überfuhren wir die Grenze und waren im gelobtem Land .

 

Das Gefühl was ich dann hatte kann nicht beschrieben werden, etwas Unvorstellbares war  erreicht ! Ich sehe es so wie die Mondlandung des 1. Menschen, hier war ich es aber selbst .

 

Ein Leben lang wollte ich aus dem Staat raus und hatte es geschafft, heute ließe sich das nicht mehr erleben, ich bin froh zu der Zeit gelebt, und die Chance gehabt, zu haben .

 

Nicht das mich jemand für naiv hält, im Westen gibt es genug zu verbessern und der Sozialismus könnte eine bessere Form des Zusammenlebens sein, er war jedoch im gesamten Ostblock von machtgierigen und kranken Menschen zunichte gemacht worden .  Die Machtgruppen regierten wie Fürsten im Mittelalter und die Bevölkerung wurde als " Leibeigene " betrachtet . Das ich da weg wollte ist verständlich, nur der nicht " Nachdenkende " konnte das aushalten .

 

Erschreckend, wie viel Dummheit im Menschen steckt !                                                                                                                                                         

 

Ein neu zu schaffendes System müsste den Mensch als Schwachstelle besonders im Auge und unter Kontrolle behalten . Gruppen und Einzelpersonen dürfen keine Macht haben, das wird früher oder später von ihnen ausgenutzt .

 

Eine Macht des " einklagbaren Programms ", scheint mir das einzig Mögliche und Gerechte zu sein . Ein Programm das gewählt wird und dann Gesetz ist, und weiterhin mit gesundem Menschenverstand verbessert wird .

 

Es ist Menschenunwürdig wie in der Politik gelogen und betrogen wird, Korruption ist im Abendland, also in ganz Europa normal geworden . Was bisher nachweislich jede Hochkultur zu Fall gebracht hat und wieder zu Fall bringen wird, kann das keiner sehen ? Wollt ihr Dummköpfe, weiter von Dummköpfen vertreten und geführt werden ? 

 

 

 

Ich habe jedenfalls versucht mein Leben selbst zu bestimmen, es ist mir nach Jahren der " Suche " gelungen, die Dinge für mich günstig zu gestalten . Ich wollte es so wie es ist und bin, für mich betrachtet, zufrieden .